Mouton Rothschild
Geadelt von Chirac
Im Jahre 1855 ging ein Raunen durch die Gemäuer des Château Mouton Rothschild. Nur zwei Jahre zuvor war es vom Bankier Nathaniel de Rothschild aus Paris erworben worden. Mit viel Arbeit hatte man als Premier Grand Cru Classé in die Liste Napoleon III. für die Pariser Weltausstellung einziehen wollen. Leider gereicht es der Jury „nur“ zum Deuxième Cru. Diese Schmach ließ man jedoch nicht auf sich sitzen.
Die Geschichte der Domaine beginnt im 18. Jahrhundert mit der Adelsfamilie Ségur. Der Marquis Nicolas-Alexandre de Ségur hatte das in der Domaine Mouton gelegene Château jedoch nur für kurze Zeit in Besitz und konzentrierte sich dann lieber auf das Château Margaux. Somit übernahm Joseph de Brane im Jahre 1720 die Baronie Mouton. Seine Verdienste im Ausbau der Weinberge setzten den ersten Grundstein des weltweiten Erfolgs von Mouton. Den Weinen des Château Brane-Mouton eilte ein exzellenter Ruf voraus. Schon damals handelte man sie im Wert eines Deuxième Cru. Denn die Klassifikation fußt auf einem Mittelwert des in den letzten 100 Jahren erzeugten Marktpreises. 1830 erlebte das Château seinen Dornröschenschlaf, den der Pariser Bankier Isaac Thuret ob mangelnder Fürsorge bewirkte. Aus den Händen von Verwaltern übernahm Nathaniel de Rothschild, dann 1853 das Château und gab ihm den Familiennamen.
Nach der Niederlage 1855 war der Ehrgeiz geweckt. „Ehre, wem Ehre gebührt“, dachte sich Sohn James und baute 1870 das heutige Château namens „Petit Mouton“, nach dem heute noch der Zweitwein benannt ist. James ist das erste Familienmitglied, das sich komplett der Weinerzeugung widmete. Wirkliche Berühmtheit erlangte Mouton Rothschild jedoch durch seine Ernennung zum Premier Grand Cru Classé im Jahr 1973. Denn kein Geringerer als Jacques Chirac, damaliger Wirtschaftsminister, trat für diesen Aufstieg in die Weinelite ein.
Seit 1922 hatte Philippe de Rothschild, der großes Interesse am Weinbau zeigte, das Gut von seinem Vater Henri James de Rothschild übernommen. Dieser widmete sich lieber den Künsten in Paris – eine Verbindung, die später in den von Künstlern gestalteten Etiketten die Weine des Châteaus weltberühmt machen lassen sollte.
Von den Weinbergen bis zur Produktion begann Philippe de Rothschild alle Schritte gewissenhaft zu optimieren. Er führte als erster Weingutsbesitzer die „Mise en bouteille à la propriété“ ein – die Abfüllung in Flaschen auf dem Weingut selbst. Vorher waren die Weinhändler mit der Abfüllung betraut gewesen. Das sorgte für eine unterschiedliche Qualität, die den Stil des Weines häufig in Mitleidenschaft zog.
Das „Mise en bouteille“ wurde somit zu einem Gütesiegel, das für die gleichbleibende Qualität und Stilistik eines Weinguts bürgte. Dieser Vorstoß und die herausragende Qualität der Weine wurde von Chirac 1973 dann mit der Einstufung als Premier Grand Cru Classé geadelt. Die bislang einzige Änderung seit Etablierung der Klassifikation im Jahr 1855.
1945 beginnend, wird jeder Jahrgang mit einem eigens kreierten Kunst-Etikett gewürdigt. Berühmte Künstler, wie Picasso, Andy Warhol, Gerhard Richter, Koons, die ihre Zeit prägen und sogar einmal Prinz Charles, beehrten das Haus mit ihrem künstlerischen Fußabdruck.
Doch auch ohne Etikett ist dieser Wein große Kunst. 90 Hektar Weinberge ziehen sich wie eine Bordüre entlang des Meeresarms der Gironde. Hier, nahe der Hafenstadt Pauillac, ist der Atlantik nicht weit. Aus dieser Nähe konstituiert sich ein einzigartiges Mikroklima, das großen Temperaturunterschieden entgegenwirkt. Der Garonne-Kies, speichert in seinen runden „galets“, die Tagessonne. In der Nacht wird die Wärme wieder an die Trauben abgegeben und bewirkt eine konstante Weiterreifung. Die durchschnittlich über 40 Jahre alten Rebstöcke werden mit 80 Prozent Cabernet Sauvignon angeführt. Merlot (16 Prozent) und Cabernet Franc (3 Prozent) sowie Petit Verdot (1 Prozent) verfeinern die Cuvée in perfekter Dosis, passend zum jeweiligen Jahrgang. Selbstredend wird jede Rebsorte parzellenweise von Hand geerntet.
Nach dem Tod ihres Vaters übernahm die Baronin Philippine de Rothschild mit ihren Kindern die Leitung des Châteaus. Getreu dem Motto „Premier je suis, second je fus, Mouton ne change.“ („Erster bin ich, Zweiter war ich, Mouton ändert sich nicht“), hat man den Aufstieg zum Leitmotiv des Hauses erklärt. 2011 zog ein neuer Gärkeller, konzipiert vom Architekten Bernard Mazières auf das Gelände. In 64 Holzbottichen bleibt man der traditionellen Weinbereitung treu, vertraut aber auf neueste Technik, die über diesem Holz schwebt. Im Obergeschoss fallen die Trauben in die Bottiche, um mittels Schwerkraft schadlos und langsam zu extrahieren.
Unter der technischen Leitung von Philippe Dhalluin und dem Rat der Star-Önlogen Jacques und Eric Boissenot ist man versichert, dass das Château Mouton Rothschild weiterhin zu den größten Weinen der Welt gehört.