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Wine Spectator
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Falstaff
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James Suckling
d’Yquem
Pures Gold
Einige Geheimnisse hüllen sich auch heute noch in den dichten Nebel, der morgens mystisch durch die Weinberge d’Yquems zieht. Wieso entsteht der Botrytis Cinerea, der die Edelfäule der Trauben auslöst, genau hier so häufig? Ist es der royale Boden der ehemaligen Festung aus dem 12. Jahrhundert, der den Rebstöcken untertänigste Ehrfurcht einflößt? In jedem Fall herrscht ein Mikroklima, wie es in dieser Art nirgendwo sonst existiert.
Auf über 104 Hektar werden auf kiesigen Kruppen über Lehmböden – von denen erstere die Wärme begünstigen und letztere reich an Wasser sind – zu 75 Prozent Sémillon und zu 25 Prozent Sauvignon Blanc angebaut. Sémillon, die Nummer 1 Rebsorte des Sauternes, und Sauvignon Blanc fühlen sich hier wie im Paradies.
Seine feine Beerenhaut macht den Sémillon für die Edelfäule des Botrytis-Cinerea-Pilzes besonders anfällig. So erzeugt er in der Vinifizierung besonders viel Reichhaltigkeit im Geschmack und Volumen. Die einzigartige Quelle des Mikroklimas vom Château d’Yquem liegt unweit zu seinen Füßen: Garonne und Ciron bieten ein Fluss-Klima, das die dichten Morgennebel konstant speist.
Sauvignon Blanc ist für seine vegetalen Noten bekannt. Grüner Paprika, Feuersteinwürze und vor allem eines – viel Säure. Diese ist besonders wichtig für die hohe Lagerfähigkeit der Sauternes-Weine. In ihr steckt die Frische, die sich mit der honigsüßen, likörigen Textur von rauchigen Noten, so komplex ausgibt. Doch nur auf diesen Ausnahme-Böden entwickelt er ein umfangreiches Bouquet von tropischen Noten und fängt gleichzeitig ihre spannende Mineralität ein.
Seit 2003 ist das Château d’Yquem als historisches Denkmal klassifiziert. Doch seine Geschichte beginnt bereits im 12. Jahrhundert in der Zeit der englischen Besatzung unter Henri Plantagenêt, der Prinzessin Éléonore von Aquitanien ehelichte. Und es ist einem vermeintlichen Ehebruch zu verdanken, den ihr Ex-Mann König Louis VII. von Frankreich ihr nach 15 Ehejahren vorwarf. Nach Annullierung der Ehe fiel nach erneuter Heirat Éléonores mit Henri Plantangenêt, dem König von England und Herzog der Normandie, auch Aquitanien zu. Ein schlechter Schachzug für Louis VII., aber ein hervorragender für Bordeaux. Die Region entwickelte sich prächtig unter den Engländern und verdankt ihnen zu großen Teilen ihren heutigen wirtschaftlichen Erfolg. Wie so oft erkennt man erst im Nachhinein das große Ganze. Die Franzosen jedenfalls dankten ihnen ab, in dem sie die Engländer in der Schlacht von Castillon-de-Bataille 1453 schlugen. Wieder unter französischer Krone wurde das Château d‘Yquem 150 Jahre später einem französischen Gefolgsmann, dem Notar Jacques Sauvage zugesprochen. Schon damals wurde parzellenweise und spät geerntet, wie Zeitdokumente aus dem Archiv d’Yquems belegen.
Zweimal ließ man die Comtesse Françoise Joséphine de Sauvage d’Yquem nach dem Tod ihres Mannes Louis Amédée de Lur-Saluces ins Gefängnis werfen, doch die junge Witwe kämpfte mit allen Mitteln gegen die Enteigner der Revolution. Ihre Führungskraft brachte das Château d’Yquem, dessen Ruf bereits weit bekannt war, zu internationalem Ruhm. 1826 ließ sie einen Weinkeller bauen – zu damaligen Zeiten eine kühne Innovation – und verwandelte die Domaine somit in einen großen Weinbaubetrieb. Zeitgleich wurde die Methode der Lese durch aufeinanderfolgende Auslesen („vendanges par tries successives“) entwickelt. Somit endeten nur noch vollständig von Botrytis Cinerea ausgereifte Beeren in den Gärbottichen. Damals war der d‘Yquem jedoch noch kein Likör-, sondern ein süßer Weißwein. Doch sein Renommee machte sogar Thomas Jefferson, der in seiner Rolle als Botschafter in Paris, bald auch den Präsidenten in Washington zu einem Kunden von Yquem machte.
1855 wurden die Vorstöße in der Produktion dann mit der Ernennung zum Premier Grand Cru Classé Supérieur gewürdigt. Château d‘Yquem ist das einzige Château im gesamten Bordelais, das diesen Titel erhielt. Dies mag zumal auch daran liegen, dass seine Weine, mit dem nunmehr nach der neuen Methode gelesenen Weine, auch nach hundert Jahren noch Genuss versprechen.
Über den Enkel Josephines blieb das Château im Besitz der Adelsfamilie Lur Saluces, bis es 1996 an den Luxuswarenhändler Louis Vuitton Moët Hennessy (LVMH) verkauft wurde. Als Generaldirektor stand er d‘Yquem jedoch bis zu seiner Pensionierung 2004 vor. Dann wurde die Position von Pierre Lurton, auch Direktor von Château Cheval-Blanc, übernommen. Sandrine Garbay sorgt als Önologin und Kellermeisterin seit über 25 Jahren für die perfekte Assemblage dieser epochalen Cuvée. Seit zwei Jahren öffnet man sich auch neuen Trends, und dazu passt der frische Charakter d’Yquems ganz vorzüglich. Unter dem Namen „Sauternes“ entsteht ein Zweitwein aus einer Assemblage verschiedener Jahrgänge. So gibt es keine Konkurrenz zum Grand Vin, und doch kann man mit einem kleineren Budget in dessen Genuss kommen.