Südtirol: Wein aus Italiens Norden
Am 10. August 2023 · von WeinfreundeVielfältig, wenn es um Rebsorten geht, aber auch um Böden und Höhenlagen: Südtirol ist einmalig und mehr als nur eine Weinentdeckung wert. Was die nördlichste und eine der kleinsten Weinregionen Italiens so besonders macht.
Südtirol, auf Italienisch Alto Adige, ist das nördlichste Anbaugebiet des großen Weinlandes Italien. In Sachen Größe zählt Südtirol mit rund 5900 Hektar (Stand 2022) zu den ganz kleinen Weinregionen Italiens, ist aber in Hinblick auf Qualität nicht hoch genug einzuschätzen. Ganze 98 Prozent der hier erzeugten Weine sind als DOC-Wein (Denominazione di Origine Controllata) klassifiziert. Grob gesprochen erstreckt sich das Anbaugebiet längs des Flusses Etsch, an den Hängen mit südöstlicher und südwestlicher Ausrichtung. Etsch bedeutet auf Italienisch Adige, was den Namen Alto Adige für Südtirol erklärt.
Südtirols Rebflächen: Hoch hinaus
Prägend für Südtirols Topografie sind die umgebenden Alpen, die die Region im Norden mit Österreich und im Westen mit der Schweiz verbinden. Diese Lage erklärt auch, dass sich mittlerweile Rebflächen in über 1000 Meter Höhe befinden. Die Rebflächen erstrecken sich von den nahen Flusshängen bis hinauf in bergige Landschaften. Als ideal werden meist die Lagen zwischen 350 und 550 Meter beschrieben, doch die Folgen des Klimawandels machen auch nicht vor Südtirol halt, sodass in die Frage nach der besten Höhe Bewegung geraten ist. Besonders hoch gelegene Weingärten finden sich zum Beispiel im Vinschgau und im Eisacktal.
Die Hänge sind zum Teil sehr steil, weshalb in vielen Weinbergen Terrassen angelegt wurden, um den Weinbau zu erleichtern. Die Böden sind oft kalkgeprägt, es finden sich aber auch Böden mit Granitporphyr vulkanischen Ursprungs und verwitterte Urgesteinsböden mit Quarz, Schiefer und Glimmer. Generell ist die Kombination aus Höhe, Boden und Mikroklima eine Erklärung für die große Vielfalt exzellenter Weine aus Südtirol.
Weißweinland Südtirol: Vielfalt aus Tradition
Nahezu zwei Drittel der Weine aus Südtirol sind weiß. Dabei gibt es nicht die eine Paraderebsorte schlechthin, sondern gleich vier davon. Denn Grauburgunder (Pinot Grigio), Gewürztraminer, Chardonnay und Weißburgunder (Pinot Bianco) liegen ungefähr gleich auf. Zusammen stehen die vier Rebsorten für fast 45 Prozent aller Weine ein. Aber unbedingt ist noch Sauvignon Blanc zu nennen. Die Sauvignon-Blanc-Weine, die rund um das Dorf Terlan angebaut werden, genießen als „Terlaner“ Weltruhm. Auch der Gewürztraminer ist nach einem Dorf benannt – Tramin – und gilt zudem als autochthone, also dort ursprünglich beheimatete Rebsorte. In geringen Anteilen stehen noch Müller-Thurgau, Kerner, Goldener Muskateller, Riesling und Silvaner in den Weingärten.
In den tieferen Lagen herrschen Grau- und Weißburgunder sowie Chardonnay vor, die zu eher fruchtbetonten Weinen mit frischen Akzenten ausgebaut werden. Auf den höheren Rebflächen schlagen mineralische Noten stärker durch, die Weine geben sich eleganter und finessenreicher. An eindrucksvollen Weißweinen ist jedenfalls kein Mangel.
Rotweine aus Südtirol: Eigengewächse
Kommen Rotweine aus Südtirol ins Glas, stehen drei Rebsorten in der ersten Reihe: Blauburgunder, Lagrein und Vernatsch. Der Blauburgunder entspricht dem Spätburgunder oder Pinot Noir. Mit Lagrein und Vernatsch treten aber wieder zwei autochthone, also von dort stammende, Rebsorten auf die Bühne. Überraschenderweise verbirgt sich hinter dem Vernatsch, italienisch Schiava genannt, die in Deutschland hauptsächlich aus Württemberg bekannte Rebsorte Trollinger. Die spät reifende Rebe profitiert von den länger gewordenen Sommern in Südtirol und steht für gute Säurewerte und Aromen von Erdbeeren, Kirschen und Himbeeren, aber auch für florale, Rauch- und Muskatnoten.
Der Lagrein, benannt nach dem Valle Lagarina, hat sich von der Traube für gute Mengen zur Rebsorte für außergewöhnliche Rotweine mit Fülle, Sanftmut gemausert. Strenge Ertragsreduzierung vorausgesetzt, gewinnen die Weine Format und eignen sich bestens für den Ausbau im Barrique. Seltener finden sich Merlot, Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc im Alto Adige.
Genossenschaften in Südtirol: Kellerei und Cantina
Die Güte der Weine aus Südtirol ist unstrittig. Umso bemerkenswerter ist die prominente Rolle, die andernorts verfemte Genossenschaften im Anbaugebiet spielen. Einige dieser Genossenschaften stehen für die besten Weine, die Südtirol zu bieten hat. Tauchen die Worte „Kellerei“ oder „Cantina“ auf dem Etikett auf, ist der Erzeuger eine dieser Genossenschaften. Beispiele sind die Kellerei Eisacktal, die Kellerei Kurtatsch oder die Cantina Terlan.
Ein Grund dafür liegt in der Aufteilung der knapp 5900 Hektar des Anbaugebiets. Rund 5000 Weinbauern teilen die Rebflächen unter sich auf. Dabei unterschreiten viele Traubenerzeuger die Fläche, die das Herstellen eigener Weine rentabel macht. Da ist eine Genossenschaft mit einheitlichen Qualitätsanforderungen und erkennbar eigenem Stil die bessere Alternative. Auch im Sinne aller Fans des Weins aus Südtirol.
Mehr als Wein: Wandern, Wellness und Genuss
Südtirol macht viele glücklich. Nicht nur Wein-Fans kommen auf ihre Kosten. Die Region ist eine Top-Destination für Aktiv- und Wellness-Urlauber gleichermaßen. Zahlreiche Wandertouren laden dazu ein – Achtung, die eigene Kondition nicht überschätzen – Landschaft, Kultur und Historie zu entdecken. Mountainbiker fühlen sich in Südtirol genauso wohl wie Schlemmer-Touristen, die anreisen, um sich ganz dem Essen, den Weinen, aber auch den Spirituosen des Alto Adige hinzugeben.