Wie lese ich ein Weinetikett? Information und Design.
Am 1. Dezember 2023 · von Stefan BehrWeinetiketten verraten einiges über einen Wein. Allerdings fallen die Angaben von Land zu Land durchaus unterschiedlich aus. Was wo zu finden ist, verrät Stefan und spielt für uns Etikettentrinker.
Bei den Profis zählt das Etikett zur sogenannten Ausstattung eines Weines. Ausstattung meint aber auch das Rückenetikett, die Art des Verschlusses und Elemente wie eine Kapsel oder eine Banderole. Natürlich gehört auch die Flasche selbst samt möglicher Prägung wie bei den Weinen von der Rhône dazu. Zusammen bilden sie das repräsentative Äußere eines Weins. Dabei ist das Etikett sowohl ein Informationsträger als auch ein gestalterisches Element. Mitunter wird es daher als Gesicht eines Weines bezeichnet.
Weinetiketten: doppelte Entscheidungshilfe
Beim Kauf eines Weines ist das Etikett eine Entscheidungshilfe im doppelten Sinne. Simpel gesprochen gefällt ein Etikett auf den ersten Blick oder nicht, ohne auch nur ein Wort zu lesen. Es hängt natürlich vom Geschmack ab, welche Etikettengestaltung als ansprechend empfunden wird. Den einen sagt eher ein modernes Design zu, die anderen neigen zur klassischen Ansicht eines Châteaus oder Weinbergs. Schaut man sich das Etikett genauer an, fängt es mit der Entscheidungshilfe erst richtig an, vorausgesetzt, man weiß das Etikett richtig zu lesen.
Weinetiketten: was steht drauf?
Leider sind nicht alle Etiketten gleich aufgebaut und insbesondere bei den Weinen aus der Alten und der Neuen Welt lassen sich einige Unterschiede festmachen, aber auch innerhalb eines Landes sind nicht alle gleich strukturiert. Verbindlich sind die Vorgaben des Landes und der Appellation sowie in den EU-Staaten noch die europäischen Vorschriften. Sie bestimmen nicht nur, was auf dem Etikett erscheinen muss, oft legen Sie auch noch die Reihenfolge und Größe der einzelnen Angaben fest. Also eine komplexere Materie.
Für eine erste Übersicht hier die Informationen, die man überhaupt auf einem Etikett finden kann:
- Name des Weins
- Name des Weinguts/Erzeugers
- Herkunftsangaben wie Anbaugebiet, Appellation bis zu einer Einzellage
- Jahrgang des Weines
- Rebsorte(n) des Weins
- Angaben zur Fassreife wie Reserva, Gran Reserva
- Angaben zum Süßegrad des Weines wie Kabinett, Auslese und Trockenbeerenauslese oder Sec und Brut
- Angaben zu Besonderheiten der Erzeugung wie Alte Reben, Zeit auf Hefe, Selektion etc.
Sowie einige technische Daten wie:
- Menge des Flascheninhalts
- Alkoholgehalt in Volumenprozent
- Hinweise auf Allergene, etwa Sulfite
- Hinweise auf Preise und Punkte
- Siegel und Labels wie Bio, Demeter, Vegan etc.
Deutsche Weinetiketten
Entscheidend für die Angaben auf dem Etikett ist in Deutschland die Qualitätsstufe des Weines, so reichen bei einem Qualitätswein bestimmter Anbaugebiete, kurz QbA, wenige Angaben, die aber oft freiwillig ergänzt werden.
- Weingut Düringer (Weingut)
- Grauburgunder trocken 2022 (Name/Rebsorte, Süßegrad, Jahrgang)
- Ihringer Winklerberg (Lage)
- Baden (Anbaugebiet)
- Und im Kleingedruckten noch Land, Erzeugerabfüllung, Weingut, Prüfnummer, Hinweis auf Sulfite
Bei einem Prädikatswein eines VDP-Weinguts ist es etwas mehr gefordert. Hier ein Beispiel:
- Dönnhoff (Weingut)
- Niederhäuser Hermannshöhle (Lage)
- Riesling Große Lage Spätlese 2022 (Rebsorte, Klassifikation der Lage, Prädikatsstufe, Jahrgang)
- Nahe (Anbaugebiet)
- Und im Kleingedruckten noch Land, Erzeugerabfüllung, Weingut, Prüfnummer, Hinweis auf Sulfite
Typische Bordeaux-Etiketten
Bei französischen Weinen findet sich eher selten die Rebsorten auf dem Etikett. Zum Beispiel im berühmten Bordeaux ist es nicht einmal zwingend erforderlich, den Jahrgang auf dem Etikett zu vermerken:
- Château Laffitte Laujac (Weingut, Wein)
- AOC Médoc (Herkunftsangabe)
- Mise en bouteille au Château (Erzeugerabfüllung)
- Und technische Angaben im Kleingedruckten
Typische Weinetiketten aus dem Burgund
Selbst im berühmten Burgund sucht man meist vergeblich Angaben zu den Rebsorten. Die Lage, die Herkunft steht bei diesen Weinen im Mittelpunkt. Das ist das Terrain für die sogenannten Etikettentrinker. Sie wissen, mit diesen Informationen bestens umzugehen. Man denke zum Beispiel an:
- Domaine Faiveley (Weingut)
- Mercurey (Herkunft Appellation)
- La Framboisière (Herkunft Einzellage)
- Monopole (Hinweis über den Alleinbesitz der kompletten Lage)
- Mise en bouteille au Domaine (Erzeugerabfüllung)
- Und technische Angaben im Kleingedruckten
Nicht zu vergessen: das Rückenetikett
Ein Rückenetikett bietet Platz für zusätzliche Informationen über Region, Weingut oder Weinerzeugung. Dabei handelt es sich um freiwillige Angaben. Doch mit der Ende 2023 in Kraft getretenen Kennzeichnungspflicht von Wein ist das Rückenetikett noch wichtiger geworden. Nicht nur, dass beispielsweise die Nährwerte inklusive Kalorien aufzuführen sind. Die neue Regelung verlangt auch mehr Transparenz bei den Zutaten. Ähnlich dem bereits bekannten Hinweis auf Sulfite sind dann auch Säureregulatoren wie Weinsäure oder Apfelsäure, aber auch Konservierungsstoffe und Stabilisatoren zu nennen, sobald sie eine gewisse Menge im fertigen Wein überschreiten. Eine Regelung, welche die Winzerinnen und Weinmacher ziemlich fordert.
Die Gestaltung von Weinetiketten: Design ohne Grenzen
Eine der bekanntesten Weinetiketten kommt sicherlich von Château Mouton-Rothschild. Seit 1945 erscheint auf dem Etikett des Gran Vin des Hauses ein kleines, aber exklusives Kunstwerk. Auf die Idee kam Baron Philippe de Rothschild und so bat er international renommierte Künstler ihm doch ein Weinetikett zu gestalten. Zu jenen, die Ja gesagt haben, zählen beispielsweise Salvador Dalí und Picasso, Roberto Matta und Andy Warhol. Im Mauerfall-Jahr 1989 kommt Georg Baselitz die Ehre zu und das Label für den Ausnahmejahrgang 2015 verantwortet Gerhard Richter.
Mit Vorliebe bevölkern zudem Tiere viele Weinetiketten. Vom Fuchs auf den Flaschen des Weinguts Friedrich Becker aus der Pfalz bis zum Rotmilan aus der Toskana (Poggio Nibbiale). Insbesondere der Winzergenossenschaft Les Producteurs Réunis aus dem Languedoc haben es die Tiere angetan. Bei ihnen finden sich ein schottisches Highland-Rind auf dem Vache d’Automne, auf den Vilain-Weinen ein launiges Katzen-Konterfei und beim Premier Rendez-Vous Hahn und Henne auf dem Etikett. Dann gäbe es noch Schafe auf der Flasche des Andrés Alonso Garnacha Syrah, einen Hammel von der Rhône (Les Hautes Roches) … aber genug der Beispiele.
Zu erwähnen sind noch die rein typografischen Etiketten, die auf allen Schnickschnack verzichten sowie die Illustrationen von naturgetreu (Handgriff von Schroth) bis Comic-Style (Le Professeur). Gründe, sich die Weinetiketten genauer anzuschauen, gibt es also mehr als genug.