Falscher und Echter Mehltau: Reben in Not
Am 30. April 2024 · von Sven ReinboldEcht ist nicht immer von Vorteil. Das beweisen die Pilzerkrankungen Echter und Falscher Mehltau, die beide nichts Gutes für die Rebe, ihre Trauben und damit unseren Wein bedeuten. Was der Mehltau anrichtet, und wie sich Winzerinnen und Winzer dagegen wehren, ist daher eine Betrachtung wert.
Im besten Fall sorgt optimales Wetter für perfekt ausgereifte und vor allem gesunde Trauben. Denn nichts anderes ist so sehr für die Qualität eines Weines verantwortlich wie das sogenannte Lesegut, das im Spätsommer und im Herbst eingefahren wird. Doch optimales Wetter ist ein seltener Glücksfall und so droht insbesondere bei zu feuchtem und gleichzeitig mildem Wetter der Befall der Reben mit Pilzkrankheiten. Die beiden berüchtigtsten Pilze sind der Echte Mehltau und der Falsche Mehltau.
Mehltau: mag es feucht und warm
Weinregionen, die ein eher trockenes, warmes bis heißes Klima aufweisen, müssen den Mehltau-Befall weniger fürchten als Anbaugebiete mit reichlich Niederschlägen während der Wachstums- und Reifeperiode. Beide Pilze, wissenschaftlich Peronospora (Falscher Mehltau) und Uncinula necator oder einfach Oidium (Echter Mehltau) genannt, gedeihen nämlich unter diesen Umständen besonders gut und können bereits im Frühjahr zu Schäden führen. Unzählige Sporen der Pilze überwintern in pflanzlichen Resten am Boden oder schlimmstenfalls direkt in den Knospen des einjährigen Holzes der Rebe. Die beiden Mehltau-Pilze bedrohen also nicht nur die Trauben, sondern schädigen zuallererst das Blattwerk der Rebe.
Echter Mehltau: mehlfarbener Belag
Der Echte Mehltau gibt sich mit einem weißen Belag auf den Blättern zu erkennen. Im Gegensatz zu vielen anderen Pilzerkrankungen lässt sich dieser an Mehl erinnernde Belag einfach vom Blatt abwischen. Der Echte Mehltau dringt nämlich nur mit speziellen Saugorganen, den sogenannten Haustorien, in das Blatt ein. Das pilzbildende Myzel findet sich ausschließlich auf der Blattoberfläche. Sogar vor den sich ausbildenden Blüten macht der Echte Mehltau keinen Halt. Mit der Zeit befällt dieser Belag alle grünen Teile des Rebstocks und damit auch die heranwachsenden Trauben. Sitzt der Pilz auf den Beeren, zerstört er die Haut und lässt die Früchte platzen.
Falscher Mehltau: Ölflecken oben
Auch der Falsche Mehltau bedroht alle grünen Teile der Rebe in sämtlichen Phasen des Wachstums. Triebe, Gescheine, Blätter oder Beeren fallen dem Pilz zum Opfer. Oben auf der Blattoberfläche verraten gelbliche Flecken, die letztlich braun und fahl werden, den Falschen Mehltau. Auf der Unterseite des Blatts zeigt sich an derselben Stelle dagegen das gefürchtete Weiß. Die gelblichen Flecken auf dem Blatt nennen die Winzer sehr anschaulich Ölflecken. Zeigt sich der Ölfleck, ist es schon zu spät. Denn bereits zuvor arbeitet der Pilz im Blatt und ernährt sich dabei von den transportierten Nährstoffen des Blattwerks. Das Schadbild der Trauben gleicht dem des Echten Mehltaus: Am Ende platzen die Beeren auf, nachdem die Haut angegriffen wurde.
Vorbeugend: Weinbau und Mehltau
Selbstverständlich haben Winzerinnen und Weinmacher keinen Einfluss auf das Wetter. Vielmehr sind sie bemüht, es gar nicht erst zu der Katastrophe des Pilzbefalls kommen zu lassen und bereits im Vorfeld gegenzusteuern. Das beginnt mit der Ausrichtung der Rebzeilen beim Pflanzen und endet bei der Laubarbeit, die sich dem jeweiligen Verlauf anpassen muss. Selbst die Bearbeitung des Bodens hat Einfluss auf die Bedrohung durch den Pilz. Denn sobald es zu feucht wird, ist das Belüften und Trocknen der Trauben und der Blätter umso wichtiger. Insbesondere Trauben mit dichtem Beerenwuchs oder dünnen Schalen sind ansonsten sehr anfällig. Steht bei heißem Wetter den Reben ein dichtes Laubwerk gut, um die Trauben teilweise zu beschatten, ist es bei viel Feuchtigkeit und hohen Temperaturen umgekehrt: Jetzt können die Reben auf Blattwerk verzichten, um die Trauben gut trocken zu lassen und mit schützender Frischluft zu versorgen.
Mehltau akut: Krisenintervention
Alle vorbeugenden Maßnahmen sind in schlechten Jahren umsonst. Dann ist akutes Handeln im Weinberg gefordert. Dabei haben nicht alle Weingüter dieselben Mittel zur Wahl. Während konventionell erzeugende Winzerinnen und Winzer dabei auch zu chemischen Pflanzenschutzmitteln greifen dürfen, ist dies bei Weingütern, die sich dem biologischen Weinbau oder den biodynamischen Prinzipien verpflichtet haben, anders. In schwierigen Jahrgängen ist der Verzicht auf Chemie kaum durch naturnahe Methoden auszugleichen.
PIWI: pilzwiderstandsfähige Reben
Beim Züchten neuer Rebsorten sind Pilzerkrankungen ein entscheidender Faktor. Rebsorten mit einer größeren Resistenz gegen den Befall von Echtem und Falschen Mehltau, aber auch von Pilzkrankheiten wie Grauschimmel, Schwarzfäule oder Rotem Brenner haben einen klaren Vorteil. In der Folge fällt auch der Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln geringer aus. Also eine durchweg positive Bilanz für den Weinberg und letzten Endes auch für den praktizierenden Wein-Fan. Diese Neuzüchtungen werden unter dem Namen PIWI, sprich pilzwiderstandsfähige Reben, geführt. Beispiele für PIWI-Sorten sind der Regent oder der Cabernet Blanc.