Weinregion Katalonien

Am 26. April 2019 · von Sven Reinbold

Mittelalterliche Klöster samt Himmelsleiter und Jugendstil-Kellereien, Spitzenweine und Messweine: Weinfreund Sven kann uns einiges über Weine aus Katalonien erzählen.

Nein, in diesem Beitrag geht es mal nicht um die Unabhängigkeit Kataloniens – von dieser Debatte erklären wir uns nämlich unabhängig – sondern um die Weinregion Katalonien. Doch obgleich es tatsächlich eine DOP (Denominación de Origen Protegida) Catalunya gibt, sind es eigentlich andere Namen, die wir mit Weinen aus der nordöstlichen Ecke Spaniens verbinden. Die DOP Catalunya ist quasi eine Sammelbezeichnung für alle einzelnen DOP, die auf dem Gebiet der autonomen Region Katalonien liegen.

Deren Namen haben zumeist den besseren Ruf in der Weinwelt: Denken wir nur an Montsant oder Priorat. So sind es auch diese beiden Anbaugebiete, die vorführen, was Wiederbelebung und Modernisierung in der traditionellen Weinbauregion Katalonien bewirkt haben. Damit dienen Montsant und Priorat auch als Vorbilder für andere Appellationen – selbst außerhalb Kataloniens wie beispielsweise im benachbarten Aragonien und der DOP Somontano.

Wein & Cava

Junge, gut ausgebildete Winzer entdecken die alten Tugenden der Region und befruchten sie mit neuen Ideen, Rebsorten und Wegen in der Herstellung. Mit all dem setzen sie auf Qualität und Authentizität. So ungefähr lautet das Rezept, mit dem eine DOP wie Montsant, die noch keine 20 Jahre alt ist, solch ein Renommee gewinnen konnte. Den Status als Geheimtipp haben die aufstrebenden Weinbaugebiete Kataloniens noch nicht ganz verloren. Nach wie vor liefert die Region Weine, deren Qualität hinsichtlich der Verkaufspreise außerordentliche Beachtung verdient.

Eine andere Weingattung hat diese Wiederbelebung gar nicht nötig. Denn Katalonien ist auch die Heimat des Cava, und der spanische Schaumwein kann sich über mangelnden Erfolg wahrlich nicht beklagen. Markennamen wie Freixenet oder Cordorníu stehen für die Beliebtheit des moussierenden Weines ebenso wie zahlreiche kleine Hersteller, deren exquisite Produkte zu entdecken lohnen.

Die Anbaugebiete: Mit Tradition und Zukunft

Insgesamt zwölf Anbaugebiete mit geschützter Herkunftsbezeichnung – Denominación de Origen – finden in Katalonien zusammen. Eine davon ist dem Cava vorbehalten, zehn kleinere Appellation für Wein schließen sich an und das Dutzend voll, macht die übergreifende DO Catalunya. Die Angaben zur Rebfläche schwanken je nach Quelle zwischen knapp 45.000 und 60.000 Hektar. Darin sind etwa 30.000 Hektar, auf denen die Trauben für den Cava wachsen, noch nicht enthalten. Zwar ist die DO Cava nicht nur in Katalonien, sondern auch in anderen Schaumweinregionen Spaniens zu finden. Dennoch: über 90 Prozent des Cavas kommen aus Katalonien.

Unter den Weinbaugebieten gibt es ausgesprochen kleine und große, manche sind Weinfreunden bereits bekannt, bei anderen ist uns nicht einmal der Name geläufig. Damit sich dies nun ändert, eine kleine Übersicht der einzelnen DO. Die Reise beginnt im Norden, an der Grenze zu Frankreich, und endet an den Grenzen der Region Valencia.

DO Empordà

Alle Freunde der Costa Brava dürfen aufhorchen, denn die DO Empordà beschreibt quasi das Hinterland dieses so bekannten Küstenstreifens. Seit 1975 hat sie den Status einer Denominación de Origen. Historisch betrachtet, zählt sie jedoch zu den ältesten Weinbauregionen des Landes. Bereits die Griechen kultivierten hier Trauben. Das Klima ist einerseits vom Mittelmeer geprägt, andererseits sorgen kalte Nordwinde von den Pyrenäen für deutliche Abkühlung. Die Böden der beiden Subzonen rund um die Städte Figueres und Parafrugell sind zumeist kalkhaltig, in höheren Zonen auch von Granit durchsetzt.

Zu den zugelassenen weißen Rebsorten zählen heimische und internationale Trauben: Chardonnay, Chenin Blanc, Gewürztraminer, Macabeo, Muscat, Parellada, Riesling und Xarel-Lo.  Bei den Rotweinen sind dies Cariñena, Cabernet Sauvignon, Syrah und Tempranillo. Eine Besonderheit des Anbaugebiets sind die „Garnatxas“, das sind süße Weine, die nur aus Garnacha hergestellt werden und ein wenig den Banyuls aus dem französischen Roussillon ähneln.

DO Costers del Segre

Ganz im Westen Kataloniens an der Grenze zu Aragonien liegen die Rebflächen der DO Costers del Segre. Eine ebenfalls noch junge Appellation, die erst seit 1988 das DO im Namen führen darf. Hier, im Landesinneren, bestimmt das Kontinentalklima mit extremen Temperaturschwankungen und nur sehr geringen Niederschlägen die Wetterverhältnisse. Die vorherrschenden Kalkböden erhalten mitunter auch eine Prägung von Granit. Dies sorgt für aromatische Weißweine und dichte Rotweine, die Rosés zeigen sich dagegen sehr fruchtbetont.

Die Weißweine entstehen aus den Rebsorten Albariño, Chardonnay, Garnacha Blanca, Macabeo, Müller-Thurgau, Parellada, Riesling, Sauvignon Blanc und Xarello. Die Rotweine setzen auf Cabernet Sauvignon, Garnacha Tinta, Merlot, Monastrell, Pinot Noir, Mazuelo, Syrah, Trepat und Tempranillo, der hier Ull de Llebre genannt wird. Die gesamte DO unterteilt sich in vier Subzonen: Artesa, Les Garrigues und Vall de Riucorb sowie Raimat.

DO Pla de Bages

Dieses Anbaugebiet, westlich von Barcelona im Landesinneren gelegen, trägt den Wein schon im Namen. Pla bedeutet Ebene, Bages jedoch entsteht aus dem Namen der römischen Siedlung Bacassis, die wiederum zu Ehren des Weingottes Bacchus so getauft wurde. Im Mittelalter sind es die Klöster der Region, die den Weinbau pflegen. Das berühmteste ist sicherlich das Benediktiner-Kloster Santa Maria de Montserrat, das weit oben zwischen steilen Felsen thront.

Das mit knapp 600 Hektar recht kleine Anbaugebiet verfügt über ton-, sand- und kalkhaltige Böden. Darauf entstehen aromatische Rotweine und Rosés sowie überraschend leichte Weißweine. Für die letztgenannten greifen die Winzer auf Chardonnay, Gewürztraminer, Macabeo, Sauvignon Blanc, Parellada sowie die autochthone Rebsorte Picapoll Blanco zurück. Bei den Rotweinen geben Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Garnacha Tinta, Malbec, Merlot, Sumoll, Syrah und Ull de Llebre (Tempranillo) den Ton an.

DO Alella

Dieses Anbaugebiet liegt vor den Toren der katalonischen Hauptstadt und die meisten Weine der Region schaffen es auch nur bis Barcelona. Die Böden sind meist sandig und mit Granit durchmischt, das Klima wird vom nahen Mittelmeer bestimmt. Obwohl die DO Alella deutschen Weinfreunden kaum bekannt ist, finden Weine dieser Region bereits in der römischen Literatur Erwähnung.

DO Alella

Ein Anbaugebiet mit viel Tradition. Die DO Alella war schon den alten Römern bekannt.

Alella ist vor allem Garnacha-Land. Die Rotweine aus der wichtigsten Rebsorte fallen hier eher mild und sanft aus. Zudem arbeiten die Kellereien mit den Rebsorten Cabernet Sauvignon, Merlot, Pinot Noir, Syrah und Tempranillo (Ull de Llebre). Bei den Weißweinen sind es die üblichen Verdächtigen der Region: Chardonnay, Chenin Blanc, Garnacha Blanca, Macabeo, Malvasía, Parellada, Picapoll Blanco und Xarello. Die Weine gelten als besonders aromatisch.

DO Conca de Barberá

Diese Appellation empfiehlt sich nicht nur Weinfreunden zum Besuch, sondern auch Liebhabern der Architektur des Jugendstils. Gleich sechs Kellereien der DO Conca de Barberá sind in dieser Stilrichtung erbaut und gelten als besondere Attraktionen des in Katalonien so beliebten Jugendstils. Geographisch betrachtet liegt das Anbaugebiet in einem kraterförmigen Becken (Conca), was nicht vergessen machen darf, dass sich Weingärten auf einer Höhe zwischen 350 und 600 Metern befinden.

Bekannt war die DO zunächst als beste Lage für Cava-Trauben, die anschließend für die Schaumwein-Herstellung ins Penedés geliefert wurden. Ein Talent, auf das der legendäre spanische Weinmacher Miguel Torres aufmerksam gemacht hat. Besonders stolz ist man in der Appellation auf die rote Rebsorte Trepat, die hier ihre Heimat hat und sehr aromatische Rot- und Roséweine hervorbringt.

DO Penedés

Die meisten verbinden mit diesem Anbaugebiet vor allem Cava. Die DO Penedés ist die größte in Katalonien und Sitz der Schaumwein-Häuser Freixenet und Cordorníu sowie des renommierten Weinmachers Miguel Torres. Heute prägen der Cava und vor allem weiße Rebsorten die drei Subzonen der DO. Vor der Reblaus-Katastrophe Ende der 1870er Jahre herrschten im Penedés noch rote Rebsorten vor. Von der Küste aufsteigend unterscheidet man Bajo-Penedès im tiefer gelegenen Küstenland Medio-Penedès – bereits auf bis zu 500 Metern über dem Meer – sowie Alta-Penedès mit bis zu 850 Metern Höhe.

Zwar sind nicht alle heimischen Rebsorten nach DO-Regularien zugelassen, doch man schätzt, dass es bis zu hundert autochthonen Sorten sein können. Am wichtigsten ist der weiße Chardonnay, Chenin Blanc, Gewürztraminer, Macabeo, Moscatel de Alejandría, Parellada, Riesling, Sauvignon Blanc und Xarello. Bei den Rotweinen bestimmen Cabernet Sauvignon, Cariñena, Garnacha Tinta, Merlot, Monastrell, Pinot Noir, Syrah und Ull de Llebre (Tempranillo) das Bild.

Um keine Verwirrung zu stiften: Nur Stillweine tragen die Kennzeichnung DO Penedés. Die Schaumweine sind dagegen als DO Cava deklariert.

DOCa Priorat

DOCa Priorat mit dem klassischen Terrassenanbau

Einst bekannt als das beste Anbaugebiet in Spanien: DOCa Priorat

Schon die Klassifizierung als DOCa als Denominación de Origen Calificada lässt den Weinfreund aufmerken. Das Priorat ist neben der Rioja das einzige Anbaugebiet Spaniens, das dieses Kürzel voranstellen darf. Das nur 1.600 Hektar zählende Anbaugebiet ist der Himmelstürmer der katalanischen Weinregionen – und das nicht nur wegen des Namens. Der leitet sich nämlich vom Kloster Priorato de Scala Dei ab, was auf Latein „Priorat der Gottesleiter“ heißt. Im Mittelalter galten Weine aus dem Priorat als mit das Beste, was in Spanien zu finden war. Doch auch hier setzt die Reblaus-Katastrophe dem Weinbau ein drastisches, bitteres Ende.

Dann kam der Biologie-Professor José Luis Pérez, der auf seinen Weingütern begann, den großen Schatz bis zu hundert Jahre alter Garnacha- und Mazuelo-Reben zu bergen. Mitte der 1980er folgen neue, junge Weinmacher, die ihn zum Vorbild nehmen und die Region Jahrgang für Jahrgang zurück in die internationale Spitze führen. Die Weingärten im Priorat zählen zu den steilsten in ganz Europa. Neben den Hängen wächst der Wein auch auf Terrassen in einer Höhe zwischen 100 und 700 Metern. Die besonderen Schiefer-Böden prägen die exzellenten, sehr konzentrierten Rotweine, die mit stattlichen Tanninen und Alkoholprozenten ausgestattet sind. Diese Weine benötigen mindestens fünf Jahre Flaschenreife, entwickeln sich dann aber zu absoluten Spitzenweinen.

DO Montsant

DO Montsant

Das Anbaugebiet Montsant umschließt das Gebiet Priorat komplett. Aus diesem Grund ähneln sie sich sehr.

In so mancher Hinsicht ähnelt die DO Montsant dem Priorat, schließlich umfasst dieses Anbaugebiet das kleine Priorat auch nahezu komplett. Klima und Bodenverhältnisse sind vergleichbar und auch das Ansehen in der internationalen Weinwelt steht dem des noch kleineren Nachbarn in kaum etwas nach. So nahm beispielsweise der Wine Spectator den Celler Laurona in seine Liste der weltweit hundert besten Weingüter auf. Dabei wurde der ehemalige Unterbereich der DO Tarragona erst 2001 zur eigenen Denominación de Origen hochgestuft.

Die typischen Rotweine der DO Montsant sind kräftige, tannin- und alkoholreiche Weine, die mit besonderen Würzaromen daherkommen. Die wenigen Weißweine ­ – nur rund zehn Prozent aller Weine – werden aus den Rebsorten Chardonnay, Garnacha Blanca, Macabeo, Muscat Blanc, und Xarello hergestellt. Bei den Rotwein stehen Cabernet Sauvignon, Mazuelo, Garnacha Peluda, Garnacha Tinta, Merlot, Syrah und Tempranillo in der ersten Reihe.

DO Tarragona

Das Umland von Tarragona ist bereits in der Antike als Weinregion bekannt. Auf den kalkgeprägten Böden und bei warmen bis heißen Mittelmeerklima entstehen aromatische Rotweine mit Kraft und Struktur sowie überraschend leichte und fruchtige Weißweine. Mit rund 7.000 Hektar zählt die DO Tarragona zu den größeren Anbaugebieten – und das, obgleich die Appellationen Priorat und Montsant abgespalten wurden.

Was nur wenige wissen ist, dass Weine aus Tarragona weltweit als Messweine gefragt sind – ein Weingut beliefert sogar den Papst in Rom. Und wenn wir schon beim Glauben sind: auch für die jüdische Gemeinde in Barcelona werden hier eigens koschere Weine hergestellt.

DO Terra Alta

Das Hochland, so könnte man Terra Alta übersetzen, meint Rebflächen in einer Höhe zwischen 350 und 500 Metern Höhe. Hier mischen sich mediterranes und kontinentales Klima, zudem sind der Garbi, ein feuchter Wind aus südlicher Richtung sowie der eher trockene, kühlere Nordwind zwei wichtige Faktoren der Region. Bereits im Mittelalter ist die Region vom Weinbau beseelt, erleidet aber den klassischen Phylloxera-Rückschlag am Ende des 19. Jahrhunderts.

Etwas 9.000 Hektar umfasst die DO, deren Rebsorten-Spiegel den benachbarten Anbaugebieten gleicht. Aus Terra Alta stammen auch Schaumwein und mitunter werden auch die verstärkten Süßweine Mistela und Rancio hergestellt.

Am besten nehmen Sie nun den ganz Schwung der Lektüre mit und probieren einen der vielen tollen Weine aus Katalonien. Zwei Empfehlungen dafür finden Sie anbei.

Aus der noch wenig bekannten DO Costers del Segre kommt diese fantastische Neuentdeckung von alten Garnacha- und Syrah-Reben daher. Kraft, Würze und Struktur bestimmen den Wein, die von einer sechsmonatigen Reife in Barriques aus französischer und amerikanischer Eiche in die richtige Balance gerückt wurden.

Viña Esmeralda 2023
Weinempfehlung
frischer Weißwein mit erstaunlicher Aromen-Vielfalt
Viña Esmeralda 2023
Miguel Torres
WeißweinGewürztraminer, Muscat d'AlexandrieCatalunya

Dieser Wein von Miguel Torres ist ein wahres Aromenwunder. Nicht ganz verwunderlich, denn die Cuvée aus Muscat d`Alexandria (85 Prozent) und Gewürztraminer (15 Prozent) setzt auf die dafür bekannten weißen Rebsorten. Ein animierender frischer Weißwein samt Frucht und aromatischer Offenbarung.

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