Veganer-Wein: Was macht einen Wein vegan?
Am 23. Januar 2021 · von Jürgen OverheidVegane Ernährung und auch veganer Wein befinden sich weltweit im Vormarsch. Fast jedes „tierische“ Lebensmittel verfügt mittlerweile über ein veganes Pendant. Ob Speck, Fischstäbchen oder Milch: Vegan lebende Menschen müssen ihre Ernährung nicht einschränken.
Doch sobald man als Veganer ein Glas Wein genießen möchte, wird es schwierig. Denn ob es sich um einen veganen Wein handelt, muss nicht zwangsläufig auf der Flasche stehen. Aber warum sollte in einem gegorenen Traubensaft überhaupt etwas vom Tier enthalten sein? Wir baten unseren Weinfreund Jürgen Overheid im Gemüsegarten nachzuha(r)ken.
Was macht die Weinherstellung nicht vegan?
Ob Veganer, Vegetarier oder Fleischesser: Kaum jemand kann sich vorstellen, dass im Wein überhaupt tierische Produkte zum Einsatz kommen. Wer sich aber mit der Weinherstellung im Detail beschäftigt, stellt schnell fest, dass im Klärungsprozess von Weinen schon seit Jahrhunderten tierische Proteine verwendet werden. Am häufigsten wird hierfür Eiklar eingesetzt. Seltener auch Protein aus der Fischblase, Gelatine oder aus Magermilch gewonnenes Kasein.
Trübe Gläser: Es herrscht Klärungsbedarf
Aber was bedeutet eigentlich „Klärung“, auch Schönung genannt, bei der Weinbereitung? Gibt man Eiweiß in einen noch trüben Wein – ungefähr drei Eiklar reichen für 100 Liter Wein – binden die Proteine die Trübstoffe und setzen sich am Boden des Fasses oder Tanks ab. Anschließend kann der klare Wein von oben abgezogen werden. So sollte von den tierischen Hilfsmitteln zwar im fertigen Wein nichts zurückbleiben, doch kommen sie mit diesem natürlich in Kontakt. Und wer seine vegane Ernährung ernst nimmt, möchte darauf verzichten.
Aus diesem Grund kann nur eine Kennzeichnung für echte Klärung sorgen. Vor allem auch, da viele Rotweine überhaupt nicht mehr geklärt werden. So sind viele Weine bereits vegan, ohne dass es explizit auf der Flasche steht.
Eine Qualitätsfrage: Ist veganer Wein besser?
Wie in vielen anderen Fällen auch, ist es bei der Weinherstellung möglich auf Hilfsmittel tierischen Ursprungs zu verzichten. So werden vegane Weine zwar auch häufig geklärt, doch kommen hier beispielsweise Aktivkohle oder die Mineralerde Bentonit zum Einsatz. Auch mit pflanzlichen Proteinen aus Weizen und Erbsen wird experimentiert. Diese Ersatzstoffe brauchen zwar etwas länger, um ihre Aufgabe zu erfüllen, doch funktionieren sie ebenso effektiv.
Eine Frage wird bei den Betrachtungen rund um veganen Wein aber häufig vergessen: Verspricht ein als vegan deklarierter Wein auch immer gute Weinqualität? Die Antwort hierauf ist aus meiner Sicht ein klares Nein. Wie schon in unserem Bericht über Bio-Weine geschildert, sagt eine solches Siegel zunächst nur wenig über die Weinqualität aus. Das gilt bei veganen Weinen in doppelter Hinsicht, da sie in den meisten Fällen auch als Bio klassifiziert sind. Man sollte sich durch diese Auszeichnungen nicht den klaren Blick auf die Fakten trüben lassen. Sie geben zwar einen wichtigen Aufschluss zur Herstellungsmethode und den Inhaltsstoffen, doch sind sie immer auch verkaufsförderndes Marketing-Instrument.