Küfer und Böttcher: Fassmacher mit Tradition
Am 31. März 2024 · von Sven ReinboldEin „Fass aufmachen“ ist einfach, eines zu bauen, eine Handwerkskunst. Der Beruf mit den vielen Namen kennt nur eine Bestimmung: für mehr Genuss zu sorgen. Ein ebenso respektvoller wie dankbarer Blick auf die Arbeit von Küfer, Böttcher, Fassbinder & Co.
Aus Holz Fässer herzustellen, ist nicht nur einer der ältesten Handwerksberufe, die noch bis heute ausgeübt werden. Der Küfer oder Böttcher hat mit seiner Arbeit direkten Einfluss auf den Stil und die Qualität eines Weines und gesellt sich damit selbstbewusst neben Winzern, aber auch Brennern und Brauern zu jenen Handwerkern, die exklusiv für unseren Genuss arbeiten. In diesen Gewerken haben Fässer unterschiedlicher Größe und aus verschiedenen Holzsorten ihr Zuhause.
Fasshistorie: vom Transportbehältnis zum Geschmacksfaktor
Lange bevor Barrique-Fässer im Bordeaux oder im Burgund zum maßgeblichen Faktor für die Reife von Weinen werden, ist das Fass vor allem ein Behältnis für den Transport von Flüssigkeiten. Auch seine Aufgaben bei der Weinerzeugung erhält das Holzfass erst später. Zu Beginn ist der Weg das Ziel, doch schon bald merken die Absender und Empfänger der Fässer, dass eben dieser Weg im Fass auch den Geschmack beeinflusst. Das ist die Geburtsstunde einer Wissenschaft für sich, an deren Anfang der Küfer oder Böttcher steht.
Holzfässer: die Herstellung im Überblick
Zuallererst ist ein Küfer Experte für Holz – und zwar als Werkstoff und Geschmacksstoff gleichermaßen. Denn die Qualität des Holzes liegt nicht allein in seiner Festigkeit und Dichte, dem gleichmäßigen Wuchs und der fachgerechten Lagerung vor dem Verarbeiten. Das Holz muss auch gut schmecken und tatsächlich kauen die Böttcher auf den verscheiden Hölzern, bevor sie die Auswahl vornehmen. Etwas von diesem ersten Geschmack überträgt sich später in den Wein.
Anschließend werden die Dauben ausgesägt, das sind die einzelnen, längs angeordneten Holzstücke, aus denen sich das Fass zusammensetzt. Dafür ist große Präzision erforderlich, den aufgrund des auswölbenden Bauchs des Fasses besitzen die Dauben keine einfache, rechteckige Form. Zudem müssen alle Dauben eng aneinanderpassen, damit das Fass später dichthält.
Fass und Feuer: biegen & toasten
Nun befestigt der Küfer die Dauben an einem sogenannten Fassreifen aus Stahl. Das Konstrukt mit den losen, ausgreifenden Dauben erinnert an einen Lampenschirm. Danach kommt Feuer zum Einsatz, um die Dauben weicher und biegsam zu machen. Nur so ist es möglich, sie zusammen in die richtige Form zu bringen. Das klingt einfacher als es ist und erfordert viel Erfahrung sowie ein eingespieltes Team. Anschließend wird das Fass noch nachbehandelt und mit den beiden Böden ausgestattet. Dort wird die Abfüllvorrichtung eingefügt, zugleich muss die Öffnung im Fass so groß sein, dass es später auch von innen zu reinigen ist.
Noch einmal spielt Feuer eine Rolle, wenn die Fässer an ihrer Innenseite „getoastet“ werden. Das vorsichtige Anbrennen öffnet das Holz und hat Einfluss auf die Intensität der in den Wein eingetragenen Aromen. Der Grad des Toastens ist oft mit einem Kürzel wie MT für Medium Toasted auf dem Fass vermerkt.
Küfer: Fässer bauen & Fässer reparieren
Alle Küfer bauen am liebsten neue Fässer, weil sie dann aus dem Nichts etwas schaffen, das maßgeschneidert auf die Bedürfnisse des Weinguts mit Blick auf Rebsorten und Weinerzeugung für viele Jahre seinen Dienst im Weinkeller tut. Denn während die Fässer, in denen der Wein reift, meist kleinere Barriques sind, die nach zwei, drei oder auch nur einer Belegung aussortiert werden, gibt es auch große Exemplare, die nicht nur für die alkoholische Gärung zum Einsatz kommen, sondern auch für eine langsame Holzreife, ohne aromatische Beeinflussung.
Solche Fässer erreichen ein Alter von 100 Jahren und mehr. Verständlich, dass diese guten Stücke auch mal repariert oder überholt werden müssen. Auch dies ist ein Fall für den Küfer, der sehr einfühlsam vorgehen muss, um durch sein Ausbessern nicht den Charakter des Holzfasses zu verändern. Im Podcast „Bei Anruf Wein“ spricht Küfer Ralf Mattern aus der Pfalz von großem Respekt vor diesen einzigartigen Fässern, aber auch vor dem Handwerk der Kollegen aus dem vergangenen Jahrtausend.
Namensgebend: Böttcher & Co.
Von Müller bis Schuhmacher – die Familiennamen deutscher Sprache leiten sich oft von Berufsbezeichnungen ab. In dieser Hinsicht verrät allein die Vielzahl der Namen, die auf die Tätigkeit des Fassbauens zurückgehen, wie verbreitet und wichtig das Handwerk einst war. Mittlerweile gibt es nur noch wenige traditionelle Küfer in Deutschland. An sie sollten wir dankbar denken, wenn wir einen fassgereiften Wein genießen oder sich uns jemand mit Faßbender oder Fassbinder, Scheffler, Kübler oder Böttcher vorstellt.
Hochprozentig: Holzfass & Spirituosen
Die Handwerkskunst des Küfers kommt nicht nur den Winzern zu Gute. Auch in der Welt der Spirituosen ist das Holzfass unterschiedlicher Größe unentbehrlich. Erinnert sei nur an den Bourbon, der per Gesetz stets in einem neuen Holzfass gelagert werden muss, aber auch an die Kunst des Finishing in besonderen, gebrauchten Fässern beim schottischen Whisky. Zudem ist Fassstärke als Angabe des hohen Alkoholvolumens ein fester Begriff. Kurzum auch bei den hochprozentigen Getränken erweisen sich Fässer als wahre Genussinkubatoren – dank der Fassmacher.