Welche Temperatur für welchen Wein?

Am 21. März 2021 · von Sven Reinbold

Heute gilt es eine heiße Frage mit kühlem Kopf zu beantworten: die nach der richtigen Weintemperatur. Unser Weinfreund Sven Reinbold hat sich der wohltemperierten Aufgabe angenommen und sich für uns schlau gemacht.

Man muss kein erfahrener Weinexperte sein, um zu schmecken, welchen Einfluss die Temperatur auf das Genusserlebnis Wein hat. Der zu kalte Weißwein verliert seine aromatische Identität und lässt nur noch sein Säuregerüst durch die kühle Maske blicken. Kommt er aber mit der richtigen Temperatur daher, umschmeicheln feine Aromen die Nase und man genießt die Eleganz und Frische des Weins. Aber ich kenne es auch umgekehrt: Da findet ein roter Côtes-du-Rhône den Weg bei Zimmertemperatur ins Glas und schon wirkt seine Frucht überladen, ja geradezu marmeladig. Zudem wirkt der Wein alkoholisch und es brennt beim Schlucken im Rachen. Bei 16 Grad Celsius hingegen hätte der Wein eine schöne, aber nicht dominierende Frucht, eine wunderbare Struktur, würzige Noten und gut eingebundenen Tannine. Die kühlere Temperatur brächte den Wein in Balance.

In beiden Fällen macht allein die Temperatur den Unterschied zwischen Genuss und Enttäuschung. Um so wichtiger, sich dieses besondere Verhältnis von Ursache und Wirkung im Glas zu veranschaulichen. Selbstverständlich gilt zu allererst die Regel, dass jeder Weine „seine“ Temperatur hat und jeder pauschalen Generalorder für Weißweine, Rotweine und Rosés eine Absage zu erteilen ist. Das mag snobistisch klingen, wird aber verständlich, wenn man sich die Wirkungsprinzipien der Weintemperatur vor Augen führt.

Grundwissen Weintemperatur

Die ideale Weintemperatur

Körperreiche und tanninhaltige Rotweine fühlen sich zwischen 15 und 18 Grad besonders wohl.

Ganz schematisch lässt sich festhalten: Je kühler ein Wein ist, desto weniger bietet er der Nase. Je wärmer der Wein ist, desto mehr „riecht“ der Wein. Für den Gaumen gilt, dass niedrige Temperaturen die Säure, die Tannine und Bitterstoffe eher betonen. Hingegen bei wärmeren Temperaturen diese Hervorhebung verloren geht. Mit diesem Grundwissen in Sachen Weintemperatur macht man sich nun an die richtige Gradzahl für den jeweiligen Wein. Aromatische Weißweine aus Rebsorten wie einfache Rieslinge oder Sauvignon Blanc vertragen durchaus die kühleren Temperaturen zwischen 8 und 10 Grad Celsius. Trockene Weißweine mit vollem Körper verlangen ein paar Grad mehr und werden vorzugsweise zwischen 12 und 14 Grad genossen.

Bloß nicht Zimmertemperatur!

Zwischen 12 und 14 Grad Celsius liegt dagegen das Temperaturoptimum für leichte, elegante Rotweine mit weniger Körper wie zum Beispiel einen Beaujolais. Rotweine mit mehr Körper und deutlichem Tanningerüst fühlen sich etwas wärmer wohler, so zwischen 15 und 18 Grad. Das trifft beispielsweise auf einen Châteauneuf-du-Pape oder Barolo zu. Damit reicht das Temperatur-Spektrum von 5 Grad bis 18 Grad – was deutlich unter der heutigen „Zimmertemperatur“ liegt, die immer noch unverdrossen als Empfehlung umhergeistert.

Also, Thermometer raus und ran an die Flasche. Beim Herunterkühlen des Weines bitte darauf achten, dass dies langsam geschieht und der Wein nicht schockgefrostet wird. Beim Erwärmen von Wein, kann man tatsächlich mit der Zimmertemperatur arbeiten oder beim Dekantieren das Glasgefäß unter warmen Wasser etwas vorwärmen. Nun aber noch einmal zurück zu den beiden oben beschrieben Temperatur-Fehlern: Wichtig ist natürlich, dass der bestens gekühlte Wein auch kühl bleibt und auch beim wärmeren Roten ist darauf zu achten, dass er nicht zu warm wird. Deshalb empfehle ich gern einen Weinkühler oder auch eine Kühlmanschette, mit der man seine Weinfreuden auf der richtigen Gradzahl hält. Deshalb noch einmal ganz grob, die Temperaturen für die einzelnen Weinstilistiken.

Die ideale Schaumwein Temperatur

Schaumweine mögen es am liebsten kalt. Aber auch hier gilt: Je hochwertiger der Schaumwein ist desto weniger kalt sollte er serviert werden. Sekt, Cava, Prosecco, Crémant und Champagner ohne Jahrgang sollten am besten zwischen 5 und 6 Grad Celsius ins Glas kommen. Edler Jahrgangs-Champagner und andere besonders hochwertige Schaumweine können ihre ganze Fülle am besten zwischen 8 und 10 Grad Celsius offenbaren. Diese höhere Trinktemperatur ist generell auch bei Blanc de Noir- und Rosé-Schaumweinen angeraten, da sie meist einen etwas kräftigeren Körper besitzen.

Unterschiede bei der Weißwein Temperatur

Bei Weißweinen verhält es sich ähnlich: Leichte Weißweine machen bei kälteren Temperaturen eine bessere Figur als Weißweine mit Struktur. Einen aromatischen Sauvignon Blanc oder Riesling genießt man am besten zwischen 8 und 10 Grad Celsius. Grauburgunder und Weißburgunder besitzen beispielsweise einen mittleren Körper und sollten daher zwischen 10 und 12 Grad Celsius serviert werden. Ein im Holz ausgebauter Chardonnay oder ein VDP Großes Gewächs verlangt sogar nach einer Temperatur zwischen 12 und 14 Grad Celsius – wie im Übrigen alle körperreichen Weißweine. Aber wie sieht es bei weißen Süßweinen aus, also zum Beispiel Sauternes, Trockenbeerenauslese oder Eiswein? Für diese Weine bietet sich ein Spektrum von 8 bis 12 Grad Celsius an. Wiederum basierend auf die Hochwertigkeit des jeweiligen Süßweines.

Rotwein Temperatur – abhängig vom Körper

Die ideale Rotweintemperatur ist ebenfalls vom Körper, von der Struktur des konkreten Weines abhängig. Bei 12 bis 14 Grad Celsius, also durchaus kühl, sollten leichte Rotweine wie ein Beaujolais oder ein einfacher Spätburgunder ins Glas kommen. Chianti Classico, Côtes-du-Rhône und Co. sind mittelgewichtige Rotweine. Ihnen steht eine Temperatur zwischen 14 und 17 Grad Celsius besonders gut. Nur körperreiche Rotweine mit spürbarem Tannineindruck sollte man noch wärmer trinken. Ein großer Bordeaux oder Barolo zeigt sich zwischen 15 und 18 Grad Celsius von seiner besten Seite. Zudem: Unabhängig von ihrem Körper ist bei Rotweinen der bereits erwähnte Hinweis besonders ernst zu nehmen: Ist der Wein zu alkoholisch am Gaumen, wirkt die Absenkung der Trinktemperatur häufig Wunder.

Mittendrin: Roséwein Temperatur

Die Serviertemperatur für Roséweine ist vergleichbar mit der von Weißweinen. Allerdings sollte man im Hinterkopf behalten, dass die meisten Rosés etwas mehr Körper aufweisen als Weißweine. Ausnahme bilden leichte Roséweine aus der Provence. Sie kann man auch zwischen 8 und 10 Grad genießen. Bei den meisten anderen Rosés ist ein Temperaturbereich zwischen 10 und 12 Grad Celsius optimal. Roséweine von großer Statur – wie beispielsweise ein Tavel – sollte man bei 12 bis 14 Grad Celsius genießen.

Die ideale Weintemperatur

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