Bordeaux: noch mehr Liebe auf den zweiten Blick

Das Bordeaux noch einmal neu entdecken. Dazu lädt Kollege Cédric mit seinen Beobachtungen über neue, beschwingtere Bordeaux-Weine ein. Über einen neuen Trend an der Gironde.

Bedauerlicherweise erstarren viele vor Ehrfurcht, sobald der Name Bordeaux fällt. Unbestritten, da gibt es die ganzen Premier, Deuxième, Troisième und so weiter Grand Cru Classé – aber das Bordeaux ist sehr viel mehr als weltbekannte Châteaux und Ikonen der Weinwelt für dreistellige Beträge. Nur zur Verdeutlichung: Die 64 Appellationen des Bordeaux sind etwa genauso groß wie alle 13 deutschen Anbaugebiete zusammen. Demnach gibt es genügend andere Weine, Winzer und Weinmacher aus der Region zu entdecken.

Ein Bio-Rosé für den Aperitif oder einen fruchtig-frischen Weißwein für die sonnige Terrasse. Alles da im Bordeaux! Immer mehr Winzer zeigen, dass ihre Heimat auch für unkomplizierten Weinspaß steht, für Weine, die auch zu Pizza und Pasta bestens passen und genauso ihre Heimat repräsentieren wie die 95-Punkte-Flaschen aus dem Médoc oder Saint-Émilion. Bordeaux kann eben auch anders.

Einige Weine aus dem Bordeaux eignen sich auch ideal zu Pizza

Bordeaux in Bewegung

Die Redensart sieht es eigentlich nicht vor, aber im Hinblick auf Bordeaux ist es längst an der Zeit, sich der glänzenden Kehrseite der Medaille zuzuwenden. Also den rund anderen 5.300 Winzerinnen und Winzern, die sich ganz dem Wein verschrieben haben. Zumal in der Region ein Wandel zu spüren ist. Biologischer Weinbau, ökologische Standards und nachhaltiges Bewirtschaften der Rebfläche sind auf dem Vormarsch. Beispielsweise sind bereits drei Viertel der Rebflächen umweltzertifiziert. Ausgegebenes Ziel der Bordelaiser Weinerzeuger ist es, bis 2030 die 100 Prozent Abdeckung vorzuweisen.

Das Bordeaux stellt auf Zukunft um. Aber es sind eben nicht nur mehr Bioweine, mehr vegane und schwefelfreie Weine, die nun in den AOCs gemacht werden. Auch in die Stilistik der Region ist Bewegung geraten. Dabei werden alte, traditionelle Tugenden neu entdeckt. So gehört die Cuvée aus verschiedenen Rebsorten, gewissermaßen die DNA der Region, nach wie vor zum guten Ton, aber auch reinsortige Rot- und Weißweine sind immer öfter zu finden. Und sie wissen zu gefallen.

Traditionelles Weinerbe neu interpretiert

Dabei setzen die Neuerer eher auf Evolution statt Revolution. Beispielsweise erfährt die Cuvée-Credo nur eine neue Auslegung, indem die traditionellen roten Rebsorten, also Cabernet Sauvignon, Merlot, Cabernet Franc und Petit Verdot einfach in neuen Gewichtungen und mit neuen Akzenten zusammenkommen. Mehr Beachtung finden aber auch die gern vergessenen Malbec und Carménère, die geradezu ein Comeback feiern.

Vor allem die roten Rebsorten aus dem Bordeaux werden in verschiedenen Cuvées durch neue Akzente verfeinert

Gleichfalls immer öfter zu beobachten, ist der behutsamere Einsatz der Holzreife. Weniger Zeit im Barrique, gern auch in einem Fass in Zweit- oder Drittbelegung. Einige Bordeaux zeigen sich leichtfüßiger, betonen mehr die Fruchtaromen und fahren dafür den Tannineindruck runter. Ihnen geht es um unkomplizierten Weinspaß im hier und heute, um Weine, die mehr Terrasse und Party als Festbankett und Weinprobe sind. Gut 15 Prozent der Weine lassen sich bereits diesem neuen Stil zuordnen.

Bordeaux besuchen und schwärmen

Am einfachsten ist es, diesem neuen Geist nachzuspüren, wenn man die Stadt und die umgebenden Appellationen besucht. Viele Weingüter bieten Verkostungen und Führungen an und ein Streifzug durch die Bistros und Weinbars der Stadt ist ein unbedingtes Muss. Denn der Wein ist allgegenwärtig in Bordeaux und gehört vom Aperitif bis zum Essen immer dazu.

Gleichfalls nur zu empfehlen ist ein Besuch der Cité du Vin. Das Weinmuseum zeichnet mit seiner Form den Schwung nach, den der Wein beim Eingießen ins Glas nimmt. Im Inneren warten Videoinstallationen, kleine Theaterszenen auf der Kinoleinwand sowie interaktives Schalten und Walten an Schaustücken. Selbstverständlich gibt es auch Weinproben.

Ein Besuch in den Weinbergen des Bordeaux ist auf jeden Fall eine Reise wert

Bordeaux-Basiswissen & mehr

Wer tiefer in die Materie einsteigen will, findet weitere Beiträge im Weinfreunde Magazin. Seit wann gibt es die berühmte Klassifikation im Bordeaux? Was ist das Besondere an den Süßweinen? Was sind die linke und die rechte Seite im Bordeaux? All das beantworten die Artikel „Der Wein und die Regionen des Bordeaux“ und „Weißwein aus dem Bordeaux: nobles Schattendasein“. Die Bewertungen der jüngsten Jahrgänge fasst der Beitrag „Bordeaux Jahrgänge 2005 bis 2019“ zusammen.

Nicht zu vergessen, die drei Folgen, in denen sich Michael und Tobias im Podcast „Bei Anruf Wein“ gemeinsam mit Cédric Garraud dem Thema widmen. Dabei weiß der gebürtige Bordelais Cédric mit Hintergründen und Geschichten zu überraschen, die man sonst nicht hört.

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