Was bedeutet Auslese bei Wein?
Am 11. November 2024 · von WeinfreundeMit der Bezeichnung Auslese sind deutsche und österreichische Qualitätsweine aus ausgesuchtem Lesegut gekennzeichnet, das vollreif, bisweilen auch überreif geerntet wird. Bei Auslesen handelt es sich somit um fast immer süß ausgebaute Weine, die aufgrund ihres Reifegrads eine hohe Aromakonzentration aufweisen. Zugleich steht der Begriff Auslese für eine spezifisch definierte Prädikatsstufe im deutschen Weinrecht.
Sebastian H. aus Neustadt wandte sich an uns mit der Frage, was es mit dem Begriff Auslese bei Wein auf sich hat. Was genau zeichnet eine Auslese aus und wie unterscheidet sie sich von anderen Prädikaten wie der Spätlese oder der Trockenbeerenauslese? Wir vom Frag die Weinfreunde Team haben die Antworten zusammengetragen.
Was ist eine Auslese?
Die Antwort liegt bereits im engsten Sinne des Begriffs. Wie jede Art von Auslese repräsentieren auch so markierte Weine eine gehobene Qualität durch Selektion. In diesem Fall ist die Auswahl von besonders reifen Trauben gemeint, die einem Weißwein eine intensive Süße und Aromatik verleihen können. Zwangsläufig erfolgt die Lese des Traubenguts somit in Handarbeit und zu einem vergleichsweise späten Zeitpunkt im Erntezyklus, oft erst Ende Oktober. Als Prädikatsstufe im deutschen Weinrecht bildet die Auslese die dritte von sechs Stufen in der Qualitätspyramide – vor Kabinett und Spätlese, hinter Beeren- und Trockenbeerenauslese. Maßgeblich für die objektive Einordnung in die Prädikatsstufe der Auslese ist das vor der Lese gemessene Mostgewicht, das 95 Grad Oechsle betragen muss.
Was ist besser: Auslese oder Spätlese?
Lässt man den nicht gerade unwesentlichen Aspekt des persönlichen Geschmacks außen vor, steht die Auslese für eine höhere Qualitätsstufe. Auch im Fall der Spätlese erfolgt die Ernte nach der Hauptlese, jedoch etwas früher als bei der Auslese. Neben einer etwas moderateren Süße zeigen sich Spätlesen zumeist auch mit einem höheren Säuregrad und darum tendenziell frischer. Für viele Weinliebhaber sind sie damit etwas zugänglicher als eine Auslese, die in der Regel körperreicher und intensiver ausfällt. Erklärte Freunde von vollmundig-opulenten Weißweinen mit komplexer Aromatik würden die Auslese im Zweifel bevorzugen, müssen dafür aber einen Aufpreis akzeptieren, der im höheren Herstellungsaufwand auch seine Berechtigung findet.
Unterschiede zwischen Auslese, Trockenbeerenauslese und Beerenauslese?
Über der Prädikatsstufe der Auslese bilden die Beerenauslese und noch mehr die Trockenbeerenauslese die Spitze der Qualitätspyramide; gemeinsam gelten sie auch als „edelsüße“ Weine. Für die so gekennzeichneten Weine gelten nochmals strengere Kriterien im Hinblick auf die Selektion. Bei der Beerenauslese werden nur Trauben verarbeitet, die sich zum Erntezeitpunkt bereits stark überreif zeigen. Zuweilen handelt es sich sogar um Trauben, die schon von der sogenannten Edelfäule befallen sind, die auf einen Schimmelpilz namens Botrytis cinerea zurückgeht. Gefürchtet zur Unzeit, geliebt im vorgerückten Herbst sorgt die Edelfäule in der Traube für eine hohe Konzentration von Zucker, die die Beerenauslese somit äußerst süß ausfallen lässt. Intensive Aromen von Honig, tropischen Früchten und hellen Blüten bilden typische Eigenschaften einer Beerenauslese, so zum Beispiel beim süß ausgebauten Riesling von der Mosel, der es bekanntlich zu Weltruhm gebracht hat. Auch der legendäre Sauternes in Frankreich macht sich die Botrytis zunutze, man denke an einen Château d‘Yquem, der als Premier Premier Grand Cru Classé Supérieur, die höchste Klassifizierung aller Weine des Bordelais genießt.
Die Trockenbeerenauslese, die Fachleute behelfen sich bei der schwierigen Vokabel zuweilen mit der unromantischen Abkürzung „TBA“, wird die Selektion nochmals auf die Spitze getrieben, wortwörtlich sogar, wenn man an die schon angeführte Qualitätspyramide denkt. Nur extrem reife, oft schon rosinenartig eingetrocknete und ebenso von Botrytis befallene Trauben kommen für die Trockenbeerenauslese in Betracht.
Stellenwert von Auslese Weinen
Blickt man auf die Präferenzen von Weinliebhabern in der gesamten Breite, kommt Auslese-Weine heutzutage eher eine Nischenrolle zu. Zugleich aber repräsentieren sie eine der herausragenden Traditionen der deutschen wie auch der österreichischen Weinwelt. Nicht selten in Kombination mit dem ohnehin weltweit geschätzten Riesling zählen deutsche Auslese-Weine, insbesondere die Beeren- und Trockenbeerenauslese, zu den begehrtesten Raritäten überhaupt. Googelt man etwa die weltweit teuersten Weißweine, führt kein Weg an Egon Müllers Trockenbeerenauslese vom mythischen Scharzhofberg vorbei. Am Ende ist es wie immer: Geschmacksache. Im Kontext einer zeitgenössischen Genusskultur empfehlen wir eine gut ausgesuchte Auslese als vorzüglichen Dessertwein, womöglich als Begleiter zu würzigen Käsesorten.