Beste Voraussetzungen? Klima und Wein
Am 4. Februar 2021 · von Stefan BehrWeinbau benötigt ein gutes Klima. Aber wo überall auf der Welt finden sich passende Voraussetzungen für den Anbau von Reben? Und was genau heißt eigentlich Klima? Wir haben uns diesem Thema zwischen Sonnen und Regen angenommen.
Die Kombination aus Temperatur, Sonnenlicht und Wasserverfügbarkeit sind die Hauptzutaten für das Klima und Wetter in einer bestimmten Region. Das Klima basiert dabei auf über viele Jahre hinweg aufgezeichneten Temperatur-, Sonnenschein- und Niederschlagsdaten. Das Klima ändert sich nicht von der einem Jahr zum nächsten, doch vermag es sich im Verlauf von Jahrzehnten zu wandeln.
Dagegen beschreibt das Wetter die jährlichen Schwankungen in einem Gebiet, die vom typischen Klimaverlauf abweichen können. Im Bordeaux regnet es beispielsweise von Jahr zu Jahr sehr unterschiedlich viel. In anderen Regionen ist das Wetter viel beständiger: Im kalifornischen Central Valley ist es in der Regel jedes Jahr heiß und trocken.
Um zu verstehen, wie wichtig Klima und Wetter für den Anbau von Wein ist, lohnt zunächst ein Blick auf die Weinrebe als Pflanze. Nur so lässt sich verstehen, warum sich gewisse Orte besser für den Weinbau eignen als andere.
Was braucht eine Weinrebe?
Im wahrsten Sinne des Wortes ist ein wichtiger Gradmesser, dass ein Rebstock bei Temperaturen unter 10°C nicht wachsen kann. Eigentlich klar, denn im Winter ruht die Pflanze und im Frühling erfolgt der Austrieb. Und auch für Blüte, Fruchtansatz und Traubenreifung benötigt die Rebe ausreichend viel Wärme. Dabei ist wichtig zu wissen: Nicht jede Rebsorte braucht gleich viel Wärme für den Wachstum. Beispielsweise eignet sich Riesling für Gebiete, in denen es Grenache einfach zu kalt wäre, um ausreifen zu können. Der Klimawandel hat kühleren Regionen zwar mehr Flexibilität beschert, doch bestimmt das vorherrschende Klima die Auswahl der passenden Rebsorten in einer Region nach wie vor erheblich.
Aber es geht nicht nur um Wärme, sondern auch um Sonnenlicht. Denn: Je mehr Photosynthese stattfindet desto höher ist die Produktion von Glucose. Das wird wiederum für Wachstum und Traubenreifung benötigt. Auch der Fruchtansatz und die Blüten profitieren von Sonnenlicht.
Wo wächst Wein an besten?
Grundsätzlich lässt sich sagen, dass die besten Bedingungen für den Weinbau zwischen dem 30. und 50. Breitengrad herrschen – jeweils nördlich und südlich vom Äquator. Ist eine Region näher am Äquator wird es zu heiß für die notwendige Pause der Vegetation, ist sie näher an den Polen, ist es zu kalt für das Wachstum der Rebe.
Auch in diesem Zusammenhang spielt Sonnenlicht eine große Rolle: Je weiter eine Weinlage vom Äquator entfernt ist desto länger profitieren die Pflanzen im Sommer vom Sonnenlicht. Dabei bringen in Richtung Sonne ausgerichtete Hanglagen nochmals ein deutliches Plus in Sachen Sonnenexposition. Ein entscheidender Faktor für die perfekte Ausreifung von Riesling-Trauben in Deutschland. Und wenn es hierzulande Südhänge sind, die sich besonders gut eignen, sind es auf der südlichen Erdhalbkugel Nordhänge – entscheidend ist die Ausrichtung zum Äquator.
Wie Tag und Nacht: Temperaturschwankungen
Auch Unterschiede zwischen Tages- und Nachttemperaturen sind während der Reifezeit von entscheidender Bedeutung für den fertigen Wein. Sind die Unterschiede groß, verlangsamen kühle Nachttemperaturen die Reife und somit den Abbau von Aromen und vor allem von Säure in den Beeren. Konkret bedeutet dies: In einer Weinregion wie Argentinien herrscht zwar ein trockenes, sehr warmes Klima, doch bringen Trauben aus Weinbergen in teils weit über 2.000 Metern Höhe dennoch frische und aromatische Weine hervor. Schlichtweg, da Höhenlagen nachts stark abkühlen.
Traumpaar: Wasser und Wein
Doch auch geringe Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht können wichtig sein. Nämlich immer dann, wenn das Klima in der Region vergleichsweise kühl ist. Dann sorgen Gewässer, also Flüsse, Seen oder das Meer für ein sehr konstantes Temperaturniveau. Selbst kleine Wassermassen können genug Wärme halten, um angrenzende Weinberge in der Nacht warm zu halten, und am Tag einen kühlenden Effekt auszulösen. Meere oder Seen nehmen Wärme langsamer auf, geben sie dann aber auch langsamer wieder ab. Daher haben sie im Winter eine wärmende und im Sommer eine kühlende Wirkung auf die Luft der Umgebung.
In diesem Zusammenhang möchte ich im Folgenden drei Klimatypen vorstellen, die im Weinbau besonders relevant sind.
Klimatyp 1: Kontinentalklima
Für ein Kontinentalklima sind kurze Sommer typisch, auf die ein rasches Absinken der Temperaturen folgt. Ein kühles Kontinentalklima herrscht beispielsweise im französischen in Chablis und in der Champagne. Dort herrscht oft Frühjahrsfrost und niedrige Temperaturen können während der gesamten Vegetationszeit sowohl die Blüten- und Fruchtbildung als auch die Reifung der Beeren beeinträchtigen. Daher sind die betreffenden Gebiete vornehmlich für Rebsorten geeignet, die spät austreiben und früh reifen. Was beim kontinentalen Klima auf den ersten Blick überrascht, dass es hier häufig trockene Sommer gibt, teils sogar eine künstliche Bewässerung notwendig machen.
Klimatyp 2: Maritimes Klima
Typisch für ein maritimes Klima sind kühle bis gemäßigte Temperaturen sowie geringe Schwankungen zwischen den heißesten und kältesten Monaten. Regen ist über das Jahr gleichmäßig verteilt, was die Temperaturen wiederum mildert. In der Konsequenz ist es relativ gleichmäßig warm, sodass die Trauben bis weit in den Herbst hinein reifen können. So kann im maritimen Klima des Bordeaux die dickschalige Sorte Cabernet Sauvignon bestens ausreifen, obwohl sie sonst auf diesem Breitengrad nur schwer zu kultivieren ist. Regen im Frühjahr und im Sommer sind in diesem Klima große Risikofaktoren für die Reife und Gesundheit der Trauben.
Klimatyp 3: Mediterranes Klima
Auch bei einem mediterranen Klima sind die Temperaturunterschiede zwischen den heißesten und kältesten Monaten gering. Allerdings sind die Sommer vergleichsweise trocken und warm. Diese Bedingungen herrschen im gesamten Mittelmeerraum, aber auch in weiten Teilen der kalifornischen Küste, in Chile, Südafrika sowie in Südostaustralien. Im Vergleich zum maritimen Klima ist es hier deutlich wärmer und auch die Sonnenintensität ist größer. Im Ergebnis entstehen in einem mediterranen Klima körperreichere Weine mit reifen Tanninen, mehr Alkohol und weniger Säure – es sein denn sie stammen aus Höhenlagen. Der geringe Niederschlag kann sich auf die Gesundheit der Trauben zwar positiv auswirken, doch übermäßige Trockenheit kann auch negative Effekte haben.
Klima im Kleinen: Mikroklima
Als eine Art Steigerungsform des Begriffs Klima ist immer wieder vom sogenannten Mikroklima zu lesen. Damit werden die klimatischen Bedingungen einer vergleichsweise kleinen Fläche beschrieben, zum Beispiel die eines Weinberges, also einer konkreten Lage. Zur besseren Verdeutlichung möchte ich ein Beispiel geben: An der Mosel existieren viele nach Süden ausgerichtete Steillagen, die eine große Sonnenexposition ermöglichen. Zudem wirkt sich der Fluss temperaturregulierend auf die Rebflächen aus und der durch Schiefer geprägte Boden speichert tagsüber Wärme und gibt diese nachts an die Reben ab. Diese Bedingungen beschreiben nicht das Klima in deutschen Anbaugebieten insgesamt, noch nicht einmal die an der Mosel in Gänze, sondern sie kennzeichnen die spezifischen Klimaverhältnisse einzelner Weinlagen. In ihnen herrscht also ein individuelles Mikroklima.
Es lässt sich resümieren: Egal aus welcher Klimazone oder aus welchem Mikroklima ein Wein stammt, es handelt sich immer um einen Faktor, der sich durch Menschenhand nur sehr wenig beeinflussen lässt und dennoch die Stilistik eines Weines am stärksten prägt.