Weinland Chile – 500 Jahre Tradition treffen modernen Weinbau

Am 5. März 2019 · von Weinfreunde


Über
Argentinien haben wir bereits im Weinfreunde Magazin berichtet. Heute widmen wir uns einem weiteren südamerikanischen Land, das in der internationalen Weinwelt eine immer wichtigere Rolle spielt: Chile. Wir zeichnen ein Portrait des Landes – nicht zuletzt, da unser Shop einige chilenische Neuzugänge verzeichnen kann.

Was viele Weinfreunde nicht vermuten: Chile hat eine weit zurückreichende Weinbaugeschichte. Bereits im 16. Jahrhundert brachten spanische Konquistadoren Weinreben der noch heute am meist verbreiteten Art Vitis Vinifera nach Chile.

Mitte des 19. Jahrhundert wurden auch französische Rebsorten wie Cabernet Sauvignon, Merlot und Carménère im Land populär. Wohlgemerkt kamen diese Rebstöcke noch vor der verheerenden Reblaus-Katastrophe von Europa nach Chile, so dass – anders als in Europa – keine nordamerikanischen Wurzeln die ursprünglichen ersetzen mussten. Bis heute gilt Chile noch als Reblaus-frei und wurzelecht. Mit anderen Worten: Viele Rebanlagen Chiles sind rein pflanzenphysiologisch betrachtet noch „französischer“ als in Frankreich selbst.

Der wahre Aufstieg des Weinland Chiles begann aber erst Anfang der 1980er Jahre mit der Einführung moderner Weinproduktionsmethoden. Fortan verwendeten chilenische Winzer temperaturkontrollierte Edelstahltanks für den Gärprozess und bauten die Weine anschließend in kleinen Eichenfässern aus.

Weinfässen aus Holz in Keller

In diesen Holzfässern lagern und reifen chilenische Schätze wie Cabernet Sauvignon, Merlot oder auch Sauvignon Blanc.

Chile: Rebsorten und Klima

Existierten 1995 erst zwölf Weingüter im Land, sind es mittlerweile über 350 – viele davon durch französische Auswanderer gegründet. Ein rasanter Anstieg in nur kurzer Zeit und eine Entwicklung, die das erfolgreiche Qualitätsstreben Chiles untermauert. Aktuell ist Chile der fünf größte Weinexporteur weltweit und liegt auf Platz Sieben bei der Produktionsmenge. Mit über 200.000 Hektar Rebfläche belegt Chile Platz zehn im internationalen Vergleich. Dabei sind die ursprünglich aus Frankreich importierten Rebsorten Cabernet Sauvignon, Merlot und Carménère weiterhin die wichtigsten roten Sorten. In der Gesamtbetrachtung überrascht daher nicht, dass Cabernet Sauvignon die mit Abstand am meisten angebaute Rebsorte darstellt. Doch auch Weißwein spielt in Chile eine wichtige Rolle: Auf Platz zwei und drei des Rebsortenspiegels folgen nämlich Chardonnay und Sauvignon Blanc.

Da Chile ein schmales, sehr langes Land ist, wird das Klima vor allem durch den westlich liegenden Pazifik und die im Osten begrenzenden Anden bestimmt. So befinden sich die meisten Weinberge auf einem gut 800 Kilometer langen, von Nord nach Süd verlaufenden Streifen – beginnend in der Atacama-Region bis hin zur südlichen Bío-Bío-Region. Dabei ist das Klima im Norden heiß und trocken und wird nach Süden verlaufend immer feuchter und milder.

Vor allem der chilenische Weinbau in den nördlichen Regionen ist auf künstliche Bewässerung angewiesen, da die Niederschlagsmengen im Vergleich zu europäischen Regionen mehr als minimal ausfallen. Eine große Herausforderung für die Winzer, insbesondere da die Vergabe von Wasserrechten in Chile sehr restriktiv und komplex geregelt ist.

Die Nähe der Anden mit den auf 600 bis 1.000 Meter gelegenen Weinbergen helfen angesichts der hohen Sommertemperaturen sehr: Sie liegen selten höher als 30 Grad Celsius. So sind die Temperaturen dem Bordeaux ähnlicher als Ländern, die auf dem gleichen Breitengrad liegen wie Südspanien und Nordafrika. Zudem sorgen die großen Unterschiede zwischen Tages- und Nachttemperaturen dafür, dass die Frische wahrende Säure in den Trauben erhalten bleibt. So werden „marmeladige“ Weine wie man sie beispielsweise aus Australien kennt, weitestgehend vermieden – die meisten Weine verfügen stilistisch betrachtet über ausreichend Spannung und Vitalität.

Chile: die Weinregionen

Seit 1994 existiert eine offizielle Einteilung in Weinregionen, Subregionen und nochmals untergeordnete Weinbaubereiche. Diese wurde zuletzt im Mai 2018 nochmals überarbeitet. Hier der aktuelle Stand, sortiert von Norden nach Süden:

Karte von Chile. Zeigt die Hauptanbaugebiete.

Die Hauptanbaugebiete finden sich in der Mitte des schmalen Landes.

Atacama

Die südlichen Ausläufer der Atacama-Wüste liegen ganz im Norden Chiles und wenig überraschend ist die Gegend extrem trocken. Lange Zeit wurden dort nur Tafeltrauben und Trauben, die als Grundlage der Spirituose Pisco dienen, angebaut. Seit den 1950er-Jahren werden in Huasco – der Gegend rund um das Copiapó-Tal – aber auch Trauben für die Weinherstellung angebaut. Und obwohl es mittlerweile recht vielversprechende Angebote aus der Gegend gibt, bleibt sie vorerst in der Gesamtbetrachtung eher unbedeutend.

Weinreben grenzen an die Atacama Wüste

Wein in der Wüste. Das extrem trockene Klima führt zu einem ganz besonderen Endprodukt.

Coquimbo

Die Region Coquimbo besteht aus den drei Subregionen Elqui, Limarí und Choapa – alle namensgleich mit den Provinzen, in denen sie liegen, und etwa 400 bis 500 Kilometer nördlich von Santiago entfernt.

Auch hier wurden lange nur Tafeltrauben und Trauben für den Pisco angebaut. Doch zwischenzeitlich haben die Winzer bewiesen, welche guten Voraussetzungen die steinigen Böden und steilen Hänge bieten.

Durch den kühlenden Einfluss der Anden und des Pazifiks – Chile ist an dieser Stelle besonders schmal – fühlen sich vor allem die roten Rebsorten Syrah und Pinot Noir wohl, da sie nur mit einer ausreichenden Säurestruktur zu Hochformen auflaufen. Zudem werden in den Regionen Coquimbos auch Chardonnay und Sauvignon Blanc angebaut.

Weinfelder am Fuß eines Berges.

An den Füßen der Berge reifen hier die Trauben vor sich hin.

Aconcagua

In der Provinz Valparaíso liegt die Weinregion Aconcagua, die wiederum aus der Subregion Aconcagua Valley und den Subregionen Casablanca Valley sowie San Antonio Valley besteht.

Aconcagua Valley

Die Weinberge im Aconcagua Valley profitieren vom Schmelzwasser des mit 6.961 Metern höchsten Berges Südamerikas – dem Aconcagua. Die Region ist mit etwas über 1.000 Hektar zwar vergleichsweise klein, doch sorgte der von dort stammende Rotwein Vina Errázuriz’s „Seña“ 2004 für Schlagzeilen, als er in einer Blindverkostung in Berlin Weine der bordelaiser Spitzenhäuser Château Lafite und Château Margaux hinter sich ließ.

Casablanca Valley

Das Casablanca Valley liegt zwar näher am Äquator als irgendeine europäische Weinregion, doch sorgt auch hier der Pazifik für einen überraschend kühlenden Effekt. So wundert es kaum, dass vor allem Chardonnay und Pinot Noir besonders gute Weine entstehen lassen. Und der Sauvignon Blanc aus dem Casablanca Valley gilt für viele Weinkenner als der beste Chiles.

Weinreben am Fuße eines Berges

Im hügeligen Chile liegen die Anbaugebiete oft am Fuße eines Berges

San Antonio Valley

89 Kilometer westlich von Santiago, unweit des Meeres, liegt die kleine Weinregion San Antonio Valley. Es ist wohl überflüssig zu sagen, dass die unmittelbare Nähe des Pazifiks für sehr moderate Temperaturen sorgt. Besten Voraussetzungen für die dort am meisten angebauten Rebsorten Pinot Noir, Sauvignon Blanc und Chardonnay.

Central Valley

Das Central Valley ist die wahrscheinlich bekannteste Weinregion Chiles, was nicht zuletzt daran liegt, dass von hier mengenmäßig der meiste Wein stammt. Das Central Valley besteht aus den vier Subregionen Maipo Valley, Rapel Valley, Curicó Valley und Maule Valley. Diese bestehen wiederum aus mehreren Weinbaubereichen.

Maipo Valley

Das Maipo Valley gilt vielen Weinkennern als die beste Weinregion Chiles – insbesondere für Cabernet Sauvignon Weine. Sie liegt unweit der Hauptstadt Santiago und erstreckt sich nach Westen bis an die Anden. Würde man den Gebirgszug überwinden, träfe man direkt auf die argentinische Weinregion Mendoza.

Das Maipo Valley unterteilt sich wiederum in drei Weinbaubereiche: Alto Maipo liegt direkt am Fuße der Anden und wird demnach sehr stark durch die Berge beeinflusst. Das Klima ist tagsüber sehr warm, kühlt aber abends stark ab. In Kombination mit den mageren, steinigen Böden ergeben sich perfekte Voraussetzungen für die Produktion von kraftvollen, aber eleganten Weinen der Rebsorte Cabernet Sauvignon.

Das Central Maipo ist der wärmste und trockenste Bereich im Maipo. Auch hier sind die Böden steinig und bieten guten Voraussetzungen für den Cabernet Sauvignon. In jüngster Zeit wird aber immer mehr Carménère angebaut.

Das Pacific Maipo profitiert klimatisch von der Nähe zur Küste und dem durch Schwemmland geprägten Boden. Hervorragende Bedingungen für Weißweine, so entstehen vor allem sehr gute Sauvignon Blanc.

Unweit der Hauptstadt Santiago wächst der beste Cabernet Sauvignon

Rapel Valley

Im Rapel Valley wird die größte Menge Wein im ganzen Central Valley produziert – rund ein Viertel der gesamten chilenischen Weinproduktion stammt von hier. Es besteht wiederum aus den zwei Weinbauereichen Cachapoal und Colchagua Valley.

Das Cachapoal Valley befindet sich ganz im Norden des Rapel Valley. Die meisten Weinberge erstrecken sich im Osten des Valley, direkt an den Anden gelegen und in ausreichender Distanz zu wärmeren Tallagen. Hier entstehen vor allem Weine aus Cabernet Sauvignon, während in Richtung Küste mehr und mehr Carménère angebaut wird.

Das Colchagua Valley ist einer der bekanntesten Weinbaubereiche ganz Chiles. Es liegt im Süden des Rapel Valley und erstreckt sich von Ost nach West, von den Anden bis hin zur Küstenregion. Das mediterrane Klima sowie die von Schiefer, Granit und Sand geprägten Böden bieten beste Voraussetzungen für erstklassige Weine der Rebsorten Malbec, Cabernet Sauvignon, Carménère und Syrah.

Curicó Valley

Das Curicó Valley liegt 200 Kilometer südlich von Santiago, auf dem gleichen Breitengrad wie die Südspitze Spaniens. Es ist in zwei Zonen unterteilt: dem Teno Valley im Norden und dem Lontue Valley im Süden. Beide Bereiche sind vor allem für die Herstellung von Sauvignon Blanc Weißweinen und Cabernet Sauvignon Rotweinen bekannt.

Nach dem der spanische Weinmogul Miguel Torres in dieser Gegend groß investiert hatte, siedelten sich immer mehr Weingüter an. Mittlerweile wird in der Gegend mehr Wein produziert als in den meisten anderen Regionen Chiles. Allerdings können die Weine noch nicht mit den Standards im Maipo Valley (Cabernet Sauvignon) oder Casablanca Valley (Sauvignon Blanc) mithalten.

Maule Valley

Das Maule Valley liegt 250 Kilometer südlich von Santiago de Chile und ist eine der ältesten, größten und vielfältigsten Regionen innerhalb Chiles Weinbau.

Durch die schiere Größe der Region existieren eine ganze Reihe von klimatischen Unterschieden. Bekannt ist die Gegend aber vor allem durch seine vulkanisch geprägten Böden, die kraftvolle Cabernet Sauvignon- und sehr aromatische Carménère-Trauben hervorbringen.

Und dass, obwohl das Maule Valley lange Zeit eher für Quantität als für Qualität stand. So ist die Region ein hervorragendes Beispiel für die Einführung von modernen Produktionsmethoden in den 1990er Jahren, die rasch für eine enorme Steigerung der Weinqualität sorgten.

Das Maule Valley liegt ganz im Süden des Central Valley und diese Lage macht die Region zu einer der kühlsten in ganz Chile. Die Böden sind vor allem durch Granit, roten Schiefer und Kies geprägt.

Das Maule Valley gilt mit seinen Weingütern im Übrigen als Vorreiter des biozertifizierten Weinbaus. Zudem unternahmen die schon sehr früh Experimente mit dem so genannten „dry farming“ – eine immer wichtiger werdender Trend in Chile, bei dem versucht wird, die Rebstöcke ganz ohne künstliche Bewässerung auskommen zu lassen. Carignan, Cabernet Sauvignon und Malbec sind die angestammten Rebsorten im Maule Valley, doch neuere Pflanzungen umfassen auch Merlot, Cabernet Franc und Carménère.

Southern Chile

Die Region Southern Chile besteht aus den drei Sub-Regionen Itata Valley, Bío Bío Valley und Malleco Valley. Das Klima ist im Vergleich zu den nördlichen Regionen durch mehr Niederschlag, geringere Temperaturen und weniger Sonnenstunden geprägt. Am bekanntesten ist Southern Chile vor allem durch die in Masse hergestellten Weine der Rebsorte País. Doch auch hier gibt es immer mehr ambitionierte Weingüter, die auf hohe Qualität setzen.

Küstenregion im südlichen Chile

Falls Sie sich gewundert haben: Der Süden steht dem Norden in Sachen Szenerie in nichts nach.

Itata Valley

Das Itata Valley liegt 420 Kilometer südlich der Hauptstadt Santiago und grenzt westlich direkt an den Pazifik. Das kühle Klima eignet sich bestens für den Anbau der in Südamerika beliebten Rebsorte País. Aber auch die in jüngster Zeit mehr und mehr kultivierten europäischen Rebsorten wie Cabernet Sauvignon gedeihen hier sehr gut.

Bío-Bío Valley

Das Bío-Bío Valley liegt in der gleichnamigen Provinz und ist vor allem durch seine frischen und fruchtigen Weißweine mittlerweile auch in Europa bekannt. Aber auch Pinot Noir fühlt sich in diesem milden Klima extrem wohl. Nicht zuletzt, da hier die jährliche Niederschlagsmenge für Chile extrem hoch ist.

Malleco Valley

Malleco Valley ist die südlichste Weinregion Chiles und dadurch auch die kühlste. Deshalb setzt man vor allem auf die Burgundersorten Chardonnay und Pinot Noir.

Diese die Milde liebenden Rebsorten profitieren außerdem von den vulkanischen Böden, die von Sand und Schiefer durchsetzt sind und einen idealen Feuchtigkeitsdurchfluss zulassen. Trotz dieser guten Voraussetzung ist das Malleco Valley noch wenig bekannt und in einer vergleichsweise frühen Entwicklungsphase.

Chile: Weinfreundschaftliche Empfehlungen

Theorie ist bekanntlich grau, und so möchte ich einige meiner Ausführungen zum Weinland Chile auch in die Praxis überführen.

Mit dem Weingut Luis Felipe Edwards haben wir Weinfreunde vor einiger Zeit eines der größten, aber auch großartigsten Weingüter Chiles in unser Sortiment aufgenommen. Seit 1975 produziert Luis Felipe Edwards Wein und mittlerweile hat sich die Fläche der eigenen Weinberge auf sprachlos machende 1.000 Hektar ausgeweitet.

Diese enorme Expansion war nur möglich, da die Qualität der Weine von Anfang an auf eine breite Zustimmung traf. Bereits für 5,50 Euro sind Weine erhältlich, die den ganzen Charme chilenischer Wein gekonnt einfangen. Ist man bereit, ein paar Euro mehr zu bezahlen, erfährt man, zu welchen Glanzleistungen das Weinland Chile in der Lage ist. Und das bei einem Preis-Genuss-Verhältnis zum Augen reiben.

Reinsortige Einstiegsweine aus dem Central Valley

Cabernet Sauvignon Pupilla 2022
Weinempfehlung
samtig weich und fruchtige aromen
Cabernet Sauvignon Pupilla 2022
Luis Felipe Edwards
RotweinCabernet SauvignonCentral Valley

 

Carménère Pupilla 2022
Weinempfehlung
Paradesorte des Andenlandes
Carménère Pupilla 2022
Luis Felipe Edwards
RotweinCarménèreCentral Valley

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