Weinherstellung: wie wird Rotwein, Rosé und Weißwein hergestellt?
Am 21. November 2023 · von Sven ReinboldLaut EU-Gesetzgebung ist Wein ein alkoholisches Getränk, das aus Beeren einer Weinrebe hergestellt wird und mindestens 8,5 % Alkohol enthält. Die Weinherstellung klingt im Bürokratendeutsch nüchtern und langweilig, setzt aber viele Arbeitsschritte und viel Know-how voraus – insbesondere, wenn der Wein gut werden soll. Im Folgenden hat sich Weinfreund Sven daran versucht, den Weg von der Rebe zum fertigen Wein anschaulich und einfach zu erklären.
Die Arbeit im Keller ist nur der letzte Arbeitsschritt, der über die Qualität eines Weines, aber auch über seine Stilistik entscheidet. Für die Weinherstellung ist die Arbeit, die zuvor an den Reben, am Boden im Weinberg zu verrichten ist, aber mindestens genauso wichtig. Sonst kommen gesunde und voll ausgereifte Trauben erst gar nicht in den Keller! Steigen wir also in dem Moment in die Weinherstellung ein, an dem die roten oder weißen Trauben angeliefert werden.
Rotwein Herstellung: Farbe, Tannine & Struktur
Um Rotwein zu erhalten, werden die Beeren in aller Regel von den Traubenstielen getrennt – entrappt – und dann vorsichtig angequetscht. Dabei tritt der farblose Saft aus den Beeren aus. Die so entstandene Maische, also der Mix aus Fruchtfleisch, Saft und Beerenhaut, wird in einen Gärungsbehälter geleitet. Die alkoholische Gärung beginnt durch den Einfluss von Hefen und resultiert darin, dass der in den Beeren enthaltene Zucker in Alkohol umgewandelt wird. Als Nebenprodukte entstehen dabei Kohlenstoffdioxid und Wärme. Temperaturkontrollierte Edelstahltanks sind die gängigsten Behälter dafür, um den zeitlichen Ablauf der alkoholischen Gärung beeinflussen zu können.
Während der Gärung steigen die Beerenhäute und andere feste Bestandteile durch die Kohlensäure als sogenannter Tresterhut immer wieder an die Oberfläche des Gärbehälters. Da nur diese Bestandteile den Farbstoff beinhalten, werden sie je nach Intention des Winzers oder Kellermeisters wieder unter die Maische gedrückt oder gepumpt, um eine höhere Farb- und Gerbstoffausbeute zu erzielen. Anders ausgedrückt: Möchte man einen leichten Rotwein erhalten, agiert der Kellermeister dabei zurückhaltend, bei kräftigen, tanninreichen Weinen kann der Schalenkontakt bis zu vier Wochen lang betragen.
Weinherstellung: Mazeration, biologischer Säureabbau und Barrique
Nach dieser sogenannten Mazeration oder auch Maischestandzeit wird der junge Wein in einer Presse vom Trester, also den Beerenhäuten und andere Feststoffe wie Kernen getrennt. Je nach Vorstellungen des Winzers kommt der Wein nun wieder in Stahltanks oder Holzfässer – beispielsweise in kleine, 225 Liter fassende Eichenholz-Barriques. Bei Rotweinen folgt hier fast immer ein weiterer Gärprozess: die malolaktische Gärung, auch biologischer Säureabbau genannt. Hierbei wird die recht spritzige Apfelsäure – bei Weißweinen äußerst willkommen – in die weichere Milchsäure umgewandelt.
Der Kontakt zum Holz soll aber noch eine Aufgabe erfüllen: Er verleiht den Weinen zusätzliche Struktur, aber auch zusätzliche Gerbstoffe durch die im Holz enthaltenen Tannine. Zudem gibt das Holz auch Aromen an den Wein ab: Wenn man Vanille, Leder oder Schokolade in einem Wein entdecken kann, sind diese Eindrücke ziemlich sicher auf die Zeit im Holz zurück zu vollziehen.
Wann der Wein schließlich „fertig“ ist, entscheidet der Winzer nach eigenem Gusto. Vor der Flaschenabfüllung wird der Wein noch der sogenannten Schönung bzw. Klärung unterzogen. Dies geschieht traditionell mit Hühnereiweiß, das die Trübstoffe bindet. Soll der Wein vegan sein, kann dafür auch Bentonit – ein tonhaltiges Gestein – eingesetzt werden.
Für viele hochwertige Weine beginnt zu diesem Zeitpunkt natürlich erst die Reise in Richtung Reife. Doch ist der überwiegende Teil der Rotweine, die weltweit produziert werden, zum sofortigen Genuss gemacht und nicht für eine Lagerung, die zwei Jahre übersteigt.
Herstellung von Weißwein: keine Farbe, weniger Tannine
Der wichtigste Unterschied gegenüber Rotwein ist bei der Herstellung von Weißwein die Trennung der Beeren von den Beerenhäuten sowie den Stielen noch vor der alkoholischen Gärung – das sogenannte Abbeeren. In den Stielen befinden sich nämlich viele der im Weißwein selten erwünschten Tannine – zumeist als bitter wahrgenommene Gerbstoffe. Die Beeren werden dann sehr sanft gepresst, um den Saft herauszulösen, ohne die ebenfalls tanninhaltigen Kerne zu zerdrücken. Die übrigen Schritte – Gärung und Ausbau des Weins sowie das Abfüllen in Flaschen – sind mit der Rotweinherstellung vergleichbar. Allerdings landet Weißwein weniger häufig in kleinen Eichenholz-Barriques und auch die dort stattfindende malolaktische Gärung wird nur dann angewendet, wenn eine milde Säure Teil der Stilistik sein soll (etwa bei einem kalifornischen Chardonnay). Jedoch werden Weißweine immer häufiger auf der Feinhefe im großen Holz gereift, um ihnen mehr Schmelz und Vielschichtigkeit zu verleihen.
Rosé Herstellung: wenig Farbe und mehr Frucht
Auch wenn einige Weinfreunde glauben, dass ein Rosé durch die Kombination von fertig hergestelltem Rot- und Weißwein entsteht, ist dieses Verfahren die absolute Ausnahme, zum Beispiel bei Rosé-Champagner. Denn: Roséweine werden im Grunde wie Weißweine hergestellt, allerdings aus roten Rebsorten. Fast alle rote Rebsorten besitzen nämlich weißen Saft. Die Maische darf entweder nur ein paar Stunden mazerieren, damit lediglich ein kleiner Teil der Farbstoffe aus den Schalen gelöst wird oder die Beeren werden sofort gepresst und die dadurch extrahierte Farbe und Aromatik reicht für den gewünschten Wein schon aus. Das ist der ganze „Trick“ bei der Herstellung von Roséweinen. So ist es mit anderen Worten eine Art Weißwein, mit einem Touch Farbe und roter Fruchtaromatik aus den Schalen.
Dies sollte als einfacher Einstieg in das an sich komplexe Thema der Weinherstellung ausreichen. Tatsächlich steckt noch viel mehr dahinter. Nicht umsonst gelten Weinmacher, Kellermeister und Önologen als die eigentlichen Könner hinter erstklassig gemachten Weinen.
Wer nun Lust darauf bekommen hat, sich weiter mit diesem Thema zu beschäftigen, dem sei ein weiterer Blick in unser Magazin empfohlen. Etwa unsere Beiträge zu Frühjahr, Sommer, Herbst und Winter im Weinberg.