Scotch Whisky: Schottlands flüssiges Gold
Am 31. Januar 2023 · von Stefan BehrWhisky aus Schottland, das hat unvergleichlichen Klang in der Welt der Spirituosen. Was den Scotch so besonders macht, weiß Kollege Stefan zu berichten. Über Weltmarken und ehemalige Schwarzbrenner, Blended Whisky und Single Malt.
Letztlich gibt es keinen noch so kleinen Zipfel Schottlands, der nicht einer Whisky-Region zugeordnet ist. Das ist so als bestände Deutschland ausschließlich aus Weinanbaugebieten. Insgesamt sind es sechs Scotch-Regionen, die sich auf der Spirituosenkarte finden: die beiden großen Regionen Highlands und Lowlands sowie ebenfalls auf dem Festland gelegen, Speyside. Hinzukommen noch die Halbinsel Campbeltown sowie Islay und die Inseln. Oft werden diese Herkunftsbezeichnung mit anderen Begriffen kombiniert, zum Beispiel wenn Laphroaig „Islay Single Malt“ auf sein Etikett schreibt oder Dalwhinnie sich als „Highland Single Malt“ anpreist.
Malt und Grain Whisky: alles Scotch oder was?
Nur Whisky, der in diesen Regionen gebrannt wird und mindestens drei Jahre im Holzfass lagert, darf sich Scotch, also schottischer Whisky nennen. Doch dieser eine Begriff ist viel zu grob, um die Feinheiten der schottischen Whisky-Welt zu verstehen. Es beginnt alles mit der Grundzutat für den Brand und dem Brüderpaar von Malt Whisky und Grain Whisky. Malt – erinnert deutlich an das deutsche Wort Malz – ist gemälzte Gerste. Dafür wird zunächst das Keimen der Körner angestoßen und anschließend wieder gestoppt. Dies geschieht mittels Trocknen, dem sogenannten Darren. Kommen beim Trocknen Torf-Feuer zum Einsatz, lässt der Whisky dies später an rauchigen, torfigen Noten erkennen. Doch da wären wir schon beim Geschmack von schottischem Whisky.
Single Malt und Blended Scotch: sowohl als auch!
Besteht ein Whisky sowohl aus Malt als auch Grain Whisky und/oder stammen die Destillate aus mehreren Brennereien, spricht man von einem Blended Scotch. Dabei darf man nicht an das Zusammenschütten von unterschiedlichen Whiskys denken. Das Blending ist eine Kunst für sich und tief in der schottischen Whisky-Kultur verankert. Es waren ursprünglich Whisky-Händler, die ihre eigenen Blends aus Highlands und Lowlands, aus Malt und Grain Whisky kreierten, und so den Grundstein für große Häuser legten. Prominente Beispiele für diesen Werdegang sind Chivas Brothers und Johnnie Walker.
Bekannt ist Schottland aber auch für seine Single Malts – gleich aus welcher Region sie stammen. Ein Single ist ein Malt Whisky, der aus Bränden nur einer Distillery besteht. Ein Single Cask ist dementsprechend die Abfüllung aus nur einem Fass. Geht es um Charakter und markanten Haus-Stil einer Brennerei, um die Einflüsse der Region, ist also ein Single Malt gefragt. Jodige Töne und Eindrücke von Seetang finden sich ebenso in den berühmten Islay Whiskys wie im Jura von der gleichnamigen Nachbarinsel. Und in Single Malts aus den Highlands spiegeln sich sensorisch oft Noten von Heidekräutern.
18 years old oder NAS: Wie alt bist du?
Die Mindestreife für einen Scotch Whisky beträgt wie bereits geschildert drei Jahre. Zuvor ist es einfach gar kein Scotch. Man nimmt es also mit der Altersangabe beim schottischen Whisky sehr genau. Steht beispielsweise „18 Jahre“ auf der Flasche, so ist auch jedes einzelne Destillat, das in diesem Whisky zu finden ist, mindestens 18 Jahre alt. Das schließt jedoch nicht aus, dass auch ältere Whiskys verwendet werden, was nicht selten aus Qualitätsgründen in geringen Anteilen geschieht. Verbindlich für die Altersangabe ist stets der jüngste Brand.
Manche Destillerien befreien sich aus den strikten Vorgaben, indem sie einen No Age Statement Whisky deklarieren, also einen Scotch ohne Altersangabe. Sie halten die geringe Reifezeit nicht für nennenswert und nehmen sich lieber alle Freiheit bei der Auswahl der Destillate für ihren Whisky, um ihr Geschmacksideal, ihren Stil zu treffen. Dass ein NAS-Whisky, so die Abkürzung für No Age Statement, einfach nur junges Gemüse ist, lässt sich daher keinesfalls behaupten.
Sherry und Bourbon: die Wahl der Fässer
Am gebräuchlichsten sind bei den schottischen Whisky-Brennereien ehemalige Bourbon-Fässer, um ihre Destillate zu reifen. Die Fässer kommen mehrfach zum Einsatz und werden mitunter auch neu ausgebrannt, um den gewünschten Reife-Effekt zu erzielen. Aufgrund der eher kühlen Temperaturen reifen die Destillate im Fass langsamer als zum Beispiel bei Rum in der tropischen Karibik. Es ist also Geduld gefragt. Vorteil des gemäßigten Klimas, auch der Anteil der verdunstenden Spirituose, der Angel’s Share, fällt geringer aus.
Neben den Ex-Bourbon-Fässern kommen zudem Fässer zum Einsatz, die ehemals mit Sherry oder Portwein, Madeira oder Süßwein belegt waren. Diese Fässer geben dem Whisky den letzten Schliff, der ganz am Ende seiner Reifezeit in diesen wahren Edelbehausungen landet. Die Verwendung unterschiedlicher Fässer für die Whisky-Reife, das sogenannte Cask Management, zählt letztlich zu den Kernkompetenzen eines jeden großen Scotch-Hauses.
Zur Aussprache: Laphroaig, Dalwhinnie, Benriach & Co.
Allerdings, der zumeist gälisch inspirierte Name mancher Brennereien und schottischen Whiskys stellt jede und jeden auf die Probe. Abhilfe verschaffen aber Internet und Social Media, dort finden sich schottische Muttersprachler und Whisky-Follower, die uns ansagen, wie Laphroaig, Dalwhinnie, Benriach & Co. wirklich auszusprechen sind. Davon mal abgesehen, zählt letztlich nur, was im Glas ist. Denn die Range der Whisky-Aromen ist riesig und reicht von fruchtigen bis zu würzigen Noten, von feiner Süße bis spürbarer Salzigkeit, von rauchig herb bis charmant vollmundig.
Noch einmal zur Aussprache: Nicht umsonst fällt diese bei Blended Whiskys oft einfacher als bei den Single Malts. Chivas, Johnnie Walker und Ballantine’s: Das läuft lässiger über die Zunge. Dem Blended Scotch geht es halt um Wohlgefälligkeit und ausbalancierte Harmonie.
Schottischer Whisky für Besserwisser: Schwarzbrenner
Die Geschichte nahezu aller schottischen Whisky-Brennereien weist Lücken des Stillstands auf. Auch häufige Besitzerwechsel charakterisieren die Unternehmensgeschichten der namhaften Distilleries. Allein die Auswirkungen der Prohibition in den USA waren immens. Da bildet die mutmaßlich älteste Brennerei, die Kilbeggan Distillery, die auf das Jahr 1757 als Gründungsdatum verweist, keine Ausnahme. Oder es gibt aufgrund einer Brandkatastrophe gleich zwei Anfänge beim Whiskybrennen, wie bei der bekannten Aberlour Distillery. Dann gibt es noch die Destillerien mit einem illegalen Vorleben, die wohl länger Whisky brennen, als offiziell angegeben. Gemeint sind damit illegale Brennstätten – also Schwarzbrenner – die erst im Nachhinein legalisiert wurden. Bitte nicht die Nase rümpfen, immerhin gehören Namen wie die Bowmore, die Lagavulin und die Laphroaig Distillery in diese Kategorie.