Qualitätsstufen für Wein: von guter Herkunft

Am 26. April 2024 · von Jürgen Overheid

Die Qualitätsstufen für Wein sind im EU-Rechtsraum klar geregelt. Dafür maßgeblich ist die Herkunft des Weines, die als geschützte Ursprungsbezeichnung oder geschützte geografische Angabe ausgewiesen wird. In den romanischen Ländern geben dies Kürzel wie AOC und DOC oder IGT und IGP zu erkennen. Ins Deutsche übersetzt sind dies QbA und Landwein.

Die eigentliche Qualität eines Weines liegt in seinem Geschmack, also in seiner sensorischen Güte. Allerdings mischen bei einer Beschreibung des Geschmacks auch subjektive Faktoren mit, wenn es darum geht Aromatik, Ausbau und Stil eines Weins zu bewerten. So erklärt es sich, dass es bei der Vergabe von Punkten durch Weinkritiker für ein und denselben Wein durchaus spürbare Abweichungen gibt. Umso wichtiger ist es, über objektive Kriterien zu verfügen, um zumindest gewisse Qualitätsstufen zu beschreiben – und zwar so, dass nicht nur Winzerinnen und Weinmacher sich bei Erzeugung daran orientieren können, sondern auch die Konsumenten für ihre Kaufentscheidung verlässliche Angaben erhalten.

Qualitätsstufen von Rechts wegen: EU, Bund & Land

Entsprechend ernst wird die Weinqualität von Gesetzgebern und Aufsichtsbehörden genommen. Dabei gilt es, die Regelung gleich auf mehreren Ebenen im Blick zu haben. So hat die Europäische Union Leitlinien für die Umsetzung in den betroffenen Mitgliedsstaaten vorgegeben. Diese beruhen auf dem sogenannten „romanischen System“, das Qualität über die Herkunft eines Weins definiert. Ein Prinzip, das in den romanischen Ländern bereits sehr lang angewandt wird und im Gegensatz zum germanischen System steht, das die Güte eines Weines auf Basis des Mostgewichts eines Weines festlegt. Je höher der Oechsle-Grad und damit auch der Zuckergehalt des Mostes, desto höher das Prädikat des Weins. Diese Idee ist grundlegend für deutsche Prädikatsweine.

Die seit 2009 bestehende Aufforderung, die Systematik der geschützten Herkunfts- und Ursprungsbezeichnung nach EU-Vorgaben auf die nationale Weingesetzgebung anzuwenden, erfüllte Deutschland allerdings erst im Januar 2021 als die Neuregulierung des deutschen Weinrechts in Kraft tritt. Allerdings haben die Weinerzeuger noch bis 2026 Zeit, die neuen Anforderungen praktisch umzusetzen.  Nur am Rande erwähnt: Auch die einzelnen Länder wie Rheinland-Pfalz oder Baden-Württemberg haben die Möglichkeit, zusätzliche gesetzliche Vorgaben zur Weinqualität zu machen.

Weinberge

Die Weinqualität wird auf EU-, Bundes- und Landesebene reguliert.

Romanisches System: Appellation und Lage

Wo Médoc draufsteht, muss auch Médoc drin sein. So einfach ist das Grundprinzip erklärt. Gleiches gilt selbstverständlich für einen Wein aus Saint-Émilion oder dem Sauternes. Allein diese Herkunft, die letztlich Typizität für das Anbaugebiet meint, ist eine Qualitätsaussage. Was diese Typizität und Qualität genau ausmacht, legen Kontrollbehörden fest. Sie bestimmen, welche Rebsorten erlaubt sind, welche Methoden der Weinerzeugung, welche Weinkategorien überhaupt zugelassen sind – also Rotwein, Weißwein, Rosé etc. – bestimmen aber auch den maximalen Ertrag pro Hektar. Die geschützte Herkunftsbezeichnung auf dem Etikett gibt also die Gewissheit, dass alle Anforderungen erfüllt sind. Denn bevor die Weine in den Verkauf gehen, wandern sie zu einer Prüfstelle, die beurteilt, dass auch alles mit rechten Dingen zugeht. Das dokumentiert in Deutschland die amtliche Prüfnummer (AP-Nummer).

Je enger die Herkunft, sprich die Größe der Appellation, gefasst wird, desto mehr Qualitätsaussage steckt nach dieser Logik darin. Erinnert sei allein an die 84 Appellationen im 30.000 Hektar großen Burgund. Doch es geht noch kleinteiliger, wenn der Begriff der Lage hinzukommt. Das führen in Deutschland die fein filetierten Großen Lagen nach VDP-Klassifizierung vor.

Namen der Qualitätsstufen: Von AOP bis IGT

An der Spitze der dreistufigen Qualitätspyramide nach EU-Recht stehen die geschützten Ursprungsbezeichnungen. Bei Weinen aus Frankreich, Italien, Spanien und Portugal erkennt man die am Kürzel AOC und AOP sowie DOP und DOC. Das ältere Appellation d’Origine Contrôlée (AOC) und Denominazione di Origine Controllata (Italienisch), Denominación de Origen Controlada (Spanisch) oder Denominação de Origem Controlada (Portugiesisch) wird 2009 von den neuen Kürzeln AOP und DOP abgelöst, wobei das „P“ für Protetta (Italienisch), Protegida (Spanisch), Protegida (Portugiesisch) sowie Protégée (Französisch) steht. Übersetzt bedeutet das „P“ geschützt, wie „geschützte Ursprungsbezeichnung“. Beide Bezeichnungen dürfen aktuell parallel verwendet werden.

Darunter befinden sich die Weine mit geschützter geografischer Angabe (g.g.a.) die in Deutschland auch als Landweine bekannt sind. Im europäischen Kontext stehen dafür die Kürzel IPG (Indicazione Geografica Protetta, Indication Géographique Protégée, Indicación Geográfica Protegida und Indicação Geográfica Protegida) oder das ältere IGT. Daneben sind für diese Qualitätsstufe noch Bezeichnung wie Vin de Pays in Frankreich, Vino de la Tierra in Spanien und der Vinho Regional in Portugal im Umlauf.

Qualitativ darunter finden sich Weine ganz ohne geschützte Herkunft. In Deutschland entspricht dies dem „Deutschen Wein“ gegenüber dem Landwein (IGP) und dem Qualitätswein aus einem bestimmten Anbaugebiet, dem QbA, der AOP & DOP sowie AOC & DOC korrespondiert.

Qualitätsstufen Wein

Italien hat die DOCG, Spanien die DOCa und das Bordelais und das Burgund haben eigene Klassifikationen, zusätzlich zur VDP-Klassifizierung in Deutschland.

Noch mehr Qualität: Klassifikationen und Sonderstatus

In Italien wird mit der DOCG, der Denominazione di Origine Controllata e Garantita, und in Spanien mit der DOCa, der Denominación de Origen calificada, noch eine Bezeichnung obendrauf gesetzt. Wenn es um Qualitätsaussagen beim Wein geht, sind aber noch unbedingt die Klassifikationen im Bordelais und im Burgund zu nennen, oder die VDP-Klassifizierung: Große Lage, Erste Lage, Ortswein und Gutswein. Diese Systematiken laufen parallel und ergänzend zu den gesetzlichen Vorgaben.

#angeberwissen: geborenes Prinzip versus gegorenes Prinzip

Das romanische System, das auf die Herkunft abzielt, sowie das germanische System, das auf das Mostgewicht abhebt, lassen sich mit etwas ironischer Distanz leicht merken. So sprechen Wein-Nerds auch gern vom geborenen Prinzip (Herkunft) und vom gegorenen Prinzip (Mostgewicht). Wichtiger ist es allerdings, die ganzen Kürzel einsortieren zu können.

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