Languedoc und Roussillon: Aufsteiger aus Frankreichs Süden
Am 27. Februar 2019 · von WeinfreundeLanguedoc-Roussillon ist schon lange kein Geheimtipp mehr, wenn es um gute Weine für wenig Geld geht. Denn die Weine aus dem französischen Süden haben einiges zu bieten, wie wir im Portrait der größten Weinregion Frankreichs erklären.
Fragt man Weinfreunde nach den großen, bekannten Weinbaugebieten Frankreichs, fallen sicherlich zunächst die Namen Bordeaux und Burgund, vielleicht noch Loire und Rhône. Languedoc und Roussillon dürften dagegen nur wenige bei ihrer Antwort berücksichtigen. Dabei gibt es vieles, mit dem diese ausgesprochen vielfältige Tandem-Weinregion punkten kann.
Geographie und Weinbaugebiete: Von AOC, IGP und Pays d’Oc
Wo ist das Languedoc, wo der Roussillon? Die Doppelregion, die so oft in einem Atemzug genannt wird, grenzt im Norden an die südliche Rhône und folgt dem sanften Bogen der Mittelmeerküste bis an die spanische Grenze. Nur ein kleines Stück am südlichen Ende dieses Gebiets macht auch das Roussillon aus. Dieser katalanisch geprägte Landstrich erstreckt sich rund um Perpignan, entlang der Küste und bis zu den Pyrenäen. Nördlich davon über Narbonne, Montpellier und Nîmes bis an die Rhône sowie weit ins Landesinnere hinein reicht die Languedoc genannte Region.
Ist die geographische Zuordnung noch einfach zu leisten, erfordert die Unterteilung der Region in einzelne Appellationen und Qualitätsstufen etwas mehr Aufmerksamkeit. Allein für das Languedoc zählen wir 28 geschützte Herkunftsbezeichnungen (Appellation d’Origine Contrôlée) und knapp 20 als IGP (Indication Géographique Protégée) ausgewiesene Weinbaugebiete. Hinzu kommen noch die als Pays d’Oc klassifizierten Weine, die IGP-Weinen aus gleich mehreren Appellationen der Doppelregion entsprechen.
Aufstrebende Weinregion mit viel (Bio)Dynamik
So verwirrend die Appellationen und Qualitätsstufen auf den ersten Blick wirken mögen, dahinter verbirgt sich das Bestreben, die Weine der Region auf höhere Qualitätsniveaus zu bringen. Vor zwei, drei Jahrzehnten galten Languedoc und Roussillon zwar als erste Adressen für viel Wein, aber nicht unbedingt für guten. Das hat sich mittlerweile deutlich verändert. Wohl ist die Region immer noch das größte Weinbaugebiet Frankreichs, aber das deutliche Zurückfahren der Anbauflächen sowie der Ausbau und die Professionalisierung der Weinherstellung haben für einen respektablen Qualitätsschub gesorgt. Das macht die Region seit geraumer Zeit insbesondere für Weinfreunde interessant, die gute Weine zu günstigen Preisen suchen. Dabei haben die großen Weinführer und Weinkritiker längst schon ihre Entdeckungen und Lieblinge kundgetan, was der gesamten Region einen zusätzlichen Schub verliehen hat.
Ein Teil dieser Dynamik verdankt sich dem Bestreben, mit neuen Rebsorten und veränderten Anbaumethoden auf den Klimawandel zu reagieren. Auch im Südosten Frankreichs werden die Sommer heißer und trockener. Die Winzer müssen auf diese Umstände reagieren und machen aus der Not eine Tugend. Über hundert Rebsorten sind nach den Regularien der verschiedenen Appellationen zugelassen.
Einen besonderen Stellenwert nimmt darunter der Marselan ein. Bereits Anfang der 1960er Jahre kreuzte der Franzose Paul Truel aus Grenache und Cabernet Sauvignon die neue Rebsorte mit dem Ziel, eine größere Hitzeresistenz der Trauben zu erreichen. Benannt ist die junge Rebsorte nach dem kleinen Städtchen Marseillan, wo die ersten Reben gepflanzt wurden. Mittlerweile gilt der Marselan als Geheimtipp aus der Region und wird immer öfter nicht mehr nur in Cuvées eingesetzt, sondern auch reinsortig ausgebaut.
Languedoc-Roussillon: Pionier in Sachen Biowein
Das trockene, warm bis heiße Klima der Region sorgt dafür, dass es Pilze und Schädlinge schwerer haben. Vor etwa 30 Jahren begannen die ersten Winzer diesen Umstand als Vorteil für den biologischen und auch biodynamischen Anbau zu begreifen und stellten ihre Betriebe um. Auch die allgemeine Senkung der Erträge in jener Zeit spielte dieser Entwicklung in die Hände. Inzwischen gibt es rund 1600 biozertifizierte Betriebe im Languedoc und Roussillon, die etwa 1 Milliarde Hektoliter Wein produzieren – Tendenz steigend.
Doch nicht nur Veränderung und der Blick in die Zukunft zeichnet die Weinregion aus. So kann der Vin Doux Naturel, ein typischer Süßwein der Küstenregion, auf eine Jahrhunderte alte Tradition verweisen. Der Wein, dessen Gärung durch die Beigabe von Alkohol gestoppt wird, so dass eine hohe Restsüße zurückbleibt, war außerhalb der Region lange Zeit nahezu vergessen, erfreut sich aber seit einigen Jahren wieder wachsender Beliebtheit.
Schaumweine aus Languedoc
Ein weiteres prickelndes Detail soll dem Weinfreund nicht verschwiegen werden. Die Appellation Limoux nimmt nämlich für sich in Anspruch, mehr als hundert Jahre vor Dom Pérignon schon Perl- und Schaumweine hergestellt zu haben. Dom Pérignon habe lediglich die Methode zur Schaumweinherstellung bei einem Aufenthalt in der Benediktiner-Abtei St.-Hilaire bei Limoux kennengelernt und mit nach Nordfrankreich genommen.
Nötig haben der Blanquette de Limoux und Cremant de Blanquette diese historische Eigenwerbung nicht. Es sind besonders frische, mineralisch geprägte Schaumweine, die nur aus dem Fruchtzucker in den Trauben ihre feine Süße beziehen.
Bevor wir im zweiten Teil über das Languedoc und den Roussillon auf die bekanntesten Einzelappellationen und Weinstilistiken eingehen, möchten wir an dieser Stelle zwei kleine Empfehlungen abgeben, um sich der Region auch im Glas zu nähern.
Die Cuvée aus Grenache, Syrah und Marselan (GSM) steht für eine typische Weinstilistik aus dem Languedoc. Den bekannten südfranzösischen Rebsorten Syrah (50%) und Grenache (20%) gesellt sich die „neue“ Rebsorte Marselan hinzu, die dem „Granbeau GSM“ zusätzliche Struktur verleiht. Intensive Fruchtaromen von dunkler Kirsche und Pflaumen, die von feiner Säure eingefasst sind und Noten von wilden Kräutern verleihen dem Wein einen wunderbaren Trinkfluss. Für das Geld muss man einen solchen Wein in anderen französischen Regionen erst einmal finden.
Auch die Rebsorte Carignan kommt im Languedoc-Roussillon zu neuen Ehren. So finden sich hier auch reinsortige Carignans wie den „Carignan G Vieilles Vignes“. Vieilles Vignes bedeutet „alte Rebstöcke“, die zwar wenig Ertrag, dafür aber hocharomatische Trauben liefern. Das bestätigt der „Carignan G“ gleich am Gaumen mit tiefen Aromen dunkler Frucht und Noten von Wacholderbeeren. Mundfüllend und dabei nahezu sanft empfiehlt sich der Wein auch als Essenbegleiter zu Schmorgerichten und deftigem Gemüse.
Appellationen, die den Namen der Region bekannt gemacht haben
Diese Beschränkung ist notwendig, weil es ein ganzes Buch füllen würde, wollte man jede AOC (Appellation d’Origine Contrôlée) einzeln vorstellen. Für alle, die es jedoch systematisch mögen, findet sich hier eine Übersicht der einzelnen Appellationen. Die Ergänzung hinter dem Namen gibt an, für welche Weine der AOC-Status gilt: Rot- oder Weißwein, Schaum- oder Süßwein.
Die AOC im Languedoc
Cabardès | Rot, Rosé |
Clairette de Languedoc | Weiss, Süßwein |
Corbières | Rot, Rosé, Weiss |
Corbières Boutenac | Rot |
Faugères | Rot, Rosé, Weiss |
Fitou | Rot |
La Clape | Rot, Weiss |
Languedoc | Rot, Rosé, Weiss |
Languedoc Cabrières | Rot, Rosé |
Languedoc Grés de Montpellier | Rot |
Languedoc Méjanelle | Rot, Rosé |
Languedoc Montpeyroux | Rot, Rosé |
Languedoc Pézenas | Rot |
Languedoc Quatourze | Rot |
Languedoc Saint Christol | Rot, Rosé |
Languedoc Saint Drézery | Rot |
Languedoc Saint Georges d’Orques | Rot, Rosé |
Languedoc Saint Saturnin | Rot, Rosé |
Languedoc Sommières | Rot |
Limoux AOC | Rot, Weiss, Schaumwein |
Malepère | Rot, Rosé |
Minervois | Rot, Rosé, Weiss |
Minervois La Liviniere | Rot |
Muscat de Frontignan | Weiss, Süßwein |
Muscat de Lunel | Weiss, Süßwein |
Muscat de Mireval | Weiss, Süßwein |
Muscat de St-Jean-de-Minervois | Weiss, Süßwein |
Pic Saint Loup | Rot, Rosé |
Picpoul de Pinet | Weiss |
Saint-Chinian | Rot, Rosé, Weiss |
Saint-Chinian Berlou | Rot |
Saint-Chinian Roquebrun | Rot |
Terrasses du Lazerac | Rot |
Die AOC im Rousillon
Banyuls | Rot, Rosé, Weiss, Süßwein |
Banyuls Grand Cru | Rot |
Collioure | Rot, Rosé, Weiss |
Côtes du Roussillon | Rot, Rosé, Weiss |
Côtes du Roussillon Les Aspres | Rot |
Côtes du Roussillon-Villages | Rot |
Côtes du Roussillon-Villages Caramany | Rot |
Côtes du Roussillon-Villages Latour de France | Rot |
Côtes du Roussillon-Villages Lesquerde | Rot |
Côtes du Roussillon-Villages Tautave | Rot |
Maury | Rot, Weiss, Süßwein |
Muscat de Rivesaltes | Weiss |
Rivesaltes | Rot, Rosé, Weiss, Süßwein |
So umfangreich diese Liste ausfällt, so anschaulich macht sie, über welche enorme Vielfalt die Region verfügt. Wer als Weinfreund in der Doppelregion Languedoc-Roussillon nicht glücklich wird, dem ist wohl kaum zu helfen. Um diese – im doppelten Wortsinn – vollmundige Behauptung mal pragmatisch abzusichern, folgen nun drei Weinempfehlungen, die unterschiedlicher kaum sein können. Selbstverständlich geben drei einzelne Weine nicht das komplette Spektrum wider, dazu bräuchte es wohl eine ganztägige Verkostungsorgie. Eher wie Stichproben markieren diese drei Weine, dass gerade die Vielfalt das Typische im Languedoc ist. Hier treffen Weine aus internationalen Rebsorten auf traditionellen Süßwein, hier kann ein IGP-Wein interessanter sein als ein AOC-Wein, hier ist Bio nicht nur Engagement für die Umwelt, sondern auch eine Entscheidung für Weine mit Profil. Nun aber endlich zur Wahrheit im Glas.
Languedoc-Klassiker: Ein Roter aus dem Corbières
Rotweine mit Struktur und expressivem Charakter, so kennen wir die Roten aus dem Corbières und so lieben wir sie. Dieses Anbaugebiet zählt zu den bekannteren aus der Region, und wer sich für französische Rotweine interessiert, wird sicherlich auch schon einen im Glas gehabt haben. Wenn nicht, ist Abhilfe schnell geschaffen. Und zwar mit der Grand Cuvée von Château Amandiers.
In dem als AOC klassifizierten Wein gehen die typischen roten Rebsorten der Region eine Vermählung ein: Grenache, Carignan und Syrah. Ein klassische Cuvée für die Apellation Corbiéres. Der Château Amandiers Grand Cuvée bietet Aromen von roter Frucht, aber auch Minz- und Eukalyptusnoten. Der Wein verfügt über eine gute Struktur und ausreichend Säure, um für charmanten Trinkfluss zu sorgen, der einfach nur Spaß macht.
Süße Versuchung aus dem Süden: roter Dessertwein aus Banyuls
Aus dem Anbaugebiet Banyuls im Roussillon kommen nicht nur ausgezeichnete Weiß-, Rosé- und Rotweine. Die AOC Banyuls steht auch für die typischen Süßweine der Region. Die Herstellung des Süßweins erinnert an Portwein. Wie bei den verstärkten Weinen aus Portugal wird auch bei den Süßweinen, die Umwandlung von Zucker in Alkohol durch die Beigabe von zusätzlichem Alkohol gestoppt. Deshalb zeichnet sich der Wein durch einen hohen Restzuckergehalt aus, aber auch etwas mehr Alkohol.
Der Cornet & Cie Banyuls Rimage von Abbe Rous gibt sich mit 16 Prozent Alkohol noch recht zivil. Das Rot der Grenache Traube wird durch den beigegebenen Alkohol und die Reife im Fass noch verstärkt. Konzentrierte Aromen von Beeren gehen der intensiven Gaumenschmeichelei voraus, die der Cornet & Cie Banyuls Rimage uns kredenzt. Ein außergewöhnlicher Geselle aus dem Roussillon, der für die außergewöhnlichen Genussmomente gemacht ist.