300 Jahre Chianti und Toskana

Am 9. November 2020 · von Jürgen Overheid

Wir befinden uns im Jahr 300 nach Chianti Geburt. In dem italienischen Anbaugebiet, das unzweifelhaft zu den namhaftesten der gesamten Weinwelt zählt, ist der Jubiläumsjahrgang mittlerweile im Keller. Die großen Feiern sind längst verklungen, doch das hält uns nicht davon ab, noch einmal nachzufeiern.

Wer Florenz besucht oder sich für die Renaissance interessiert, kommt an den Medici nicht vorbei. Das Adelsgeschlecht brachte Herzöge und Päpste hervor und hinterließ seine Spuren in der Kunstwelt und dem Wirtschaftswesen. Dem gebildeten Weinfreund sollte bei dem Namen aber auch der Chianti einfallen, denn es war Cosimo III. de Medici, der die Grundlagen für den Weltruhm der Appellation Chianti legte. Es ist eine Art geschützte Herkunftsbezeichnung, die sich mit dem Dekret des Fürsten von 1716 verbindet. Namentlich nennt das Weingesetz vier Gebiete in der Toskana, die bis heute als DOC oder DOCG bekannt sind: Chianti, Pomino, Val d’Arno und Carmignano. Wein machten die Toskaner natürlich noch in anderen Regionen und wer heute einen Blick auf die Karte der Weinbaugebiete wagt, wird zunächst einige Momente der Muße benötigen, um der Vielfalt Herr zu werden.

Chianti: Das Herzstück der Toskana

Das Herzstück bildet für viele bis heute der Chianti, der sich im Dreieck zwischen den Städten Florenz, Arezzo und Siena befindet. Die größere DOC Chianti umfasst neun Unterzonen. Darunter finden sich die Klassiker wie „Colli Fiorentini“, „Colli Senesi“ und natürlich „Chianti Classico“, aber auch erst neu wiederbelebte Unterzonen wie „Val d’Arno di Sopra“ und „Carmignano“. Das Bedürfnis nach Unterscheidung und eigener Bezeichnung wird stets mit der landschaftlich so vielfältigen Topographie des Gebietes erklärt. Das mag stimmen, irritiert aber den Weinfreund anfänglich eher, als dass es ihm bei der Auswahl seiner Weine hilft. Neben den DOC (Denominazione di Origine Controllata) tauchen nämlich noch die DOCG (Denominazione di Origine Controllata e Garantita) auf der Karte auf. Und um die Verwirrung komplett zu machen, muss man im Chianti und der Toskana generell auch immer ein waches Auge auf die „einfachen“ IGT Weine (Indicazione Geografica Tipica) haben – Stichwort „Super-Toskaner“.

Chianti Dekret

Das Dekret von Cosimo III. de Medici von 1716 benennt vier Gebiete als geschützte Herkunftsbezeichnung in der Toskana, die bis heute als DOC oder DOCG bekannt sind: Chianti, Pomino, Val d’Arno und Carmignano.

Der hellrote Faden der Toskana: Sangiovese

Was zumindest die offiziellen DOC-Weine (mit oder ohne G) verbindet, ist die sie prägende, rote Rebsorte: der Sangiovese. So ist im Chianti ein Mindestanteil von 70 Prozent (DOCG Chianti) bis 80 Prozent (DOCG Chianti Classico) Pflicht, wenn er die Herkunftsbezeichnung beansprucht. In der südlichen Toskana, wie in der DOCG Morellino di Scansano in der Maremma ist gar ein Anteil von 85 Prozent Sangiovese vorgeschrieben. Drei Dinge zeichnen den Sangiovese generell aus: Er bringt einen eher hellen Rotwein hervor, der jedoch einen hohe Tanningehalt und ausreichend Säure aufweist. Mitunter sagt man ihm eine eher geringe Lagerfähigkeit nach, insbesondere im Vergleich mit den Weinen aus dem Bordeaux und Burgund. Jedoch habe ich immer wieder gute Chianti getrunken, die auch mit zehn Jahren noch im optimalen Trinkfenster lagen.

In der Toskana und dem Chianti wird der Sangiovese zumeist mit anderen Rebsorten vermählt. Beliebt sind die sogenannten „uvas francesas“ – französische Rebsorten – wie Merlot, Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc und Petit Verdot, in den vergangen Jahrzehnten besannen sich die Winzer wieder vermehrt auf autochthone Rebsorten wie Canaiolo und Colorino, um die richtige Cuvée zu finden.

 Weingut "Poggio Nibbiale

Die malerischen Weinberge der Azienda Poggio Nibbiale in der Toskana.

Qualität kann auch anders: Super-Toskaner und Gran Selezione

Dabei spielt die Wahl der Rebsorten die entscheidende Rolle, wenn es um die legendären Super-Toskaner (engl. „Super Tuscans“) geht. Ganz bewusst verstoßen die Winzer dieser international so gerühmten Weine nämlich gegen die Vorgaben der Appellationen. Sie folgen einem anderen Weinideal, das halt mit weniger Sangiovese oder gar ohne auskommt und stattdessen französische Rebsorten bevorzugt. Paradoxerweise führt dies dazu, dass Weine für 30 Euro und mehr lediglich die Qualitätsstufe IGT (Indicazione Geografica Tipica) aufweisen.

Aber dies ist die Ausnahme von der Qualitätsregel, die der Weinfreund ähnlich auch aus anderen Regionen kennt. In der Qualitätspyramide stehen über den IGT-Weinen, die DOC und darüber die DOCG-Weine. Des weiteren unterscheiden sich die Weine noch aufgrund der Dauer der Fasslagerung. Ein Riserva hat eine Reifezeit von mindestens zwei Jahren absolviert, davon drei auf der Flasche. Seit 2014 gibt es mit der Gran Selezione ein weitere Qualitätsstufe. Weine, die diese Bezeichnung erhalten, verfügen über eine Reife von mindestens 30 Monaten, zudem kommen nur die besten Traubenqualitäten aus den besten Lagen hierfür in Frage.

Da kräht der Hahn nach: Gallo Nero

Zumindest den Chianti Classico erkennt man – allen sonstigen Begriffsverwirrungen zum Trotz – jedoch auf den ersten Blick. Nur die DOCG-Weine dieser Unterzone trägen nämlich mit stolz einen schwarzen Hahn auf dem Etikett. Keine 400 Weinbetriebe dürfen dieses Siegel führen und so kann man sich getrost auf die Weine verlassen, auf den der Hahn kräht. Im Weinfreunde-Sortiment sind die Weine aus der Toskana bestens vertreten: 41 Tropfen aus der Gegend findet man in unserem Shop. Auch einige Weißweine sind hier zu finden. Und wie sagt man so schön? Reinschauen lohnt sich!

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