Wein-Wettbewerbe: Bringt Medaillen-Regen auch Wein-Segen?

Neben Weinführern und Fachmagazinen haben es sich zahlreiche Wettbewerbe zur Aufgabe gemacht, Weine zu beurteilen und zu bewerten. Unser Weinfreund Jürgen Overheid zeigt auf, welche wichtigen Wettbewerbe es gibt, wie sie funktionieren und was Otto-Normal-Weinfreund davon hat.

Die Weinwelt ist eine riesige: unterschiedliche Rebsorten, hunderte von Weinregionen, verschiedene Stilistiken und dies mit jedem Jahrgang auf ein Neues. Da tut Orientierungshilfe Not, denn wie sollte es ein Einzelner schaffen, auch nur einen Bruchteil dieser Weine zu verkosten? Zumal nicht nur interessiert, welches die vermeintlich besten Weine sind. Schließlich kommen die Hochkaräter nur selten auf den Tisch, so dass sich der Blick automatisch auf die guten Weine für überschaubares Geld richtet. Hier können die Wettbewerbe tatsächlich weiterhelfen. Neben den bekannten Weinkritikern und Publikationen beanspruchen sie, Orientierungshilfe und gar Ratgeber beim Weinkauf zu sein.

Medaillen & Siegel: Weinwettbewerbe auf der Flasche

Das hinterlässt Spuren im Weinregal. Wer kennt sie nicht, die Medaillen in Gold, Silber und Bronze und die einprägsamen Signets auf der Flasche. Nun ist nicht alles Gold, was glänzt, wie das Sprichwort weiß. Welches Qualitätsurteil lässt sich aus den Auszeichnungen ableiten? Sind die Bewertungen auch als Kaufempfehlungen zu verstehen? Welche Weinwettbewerbe sollten wir uns merken?

Um eine erste Übersicht in Sachen Awards und Medaillen zu geben, habe ich die wichtigsten Wettbewerbe einmal zusammengetragen. Dabei sind jene Wettbewerbe, die Weine aus aller Welt verkosten, von jenen Veranstaltungen zu unterscheiden, die sich nur der Weine eines Landes annehmen.

Meininger Verlag: Viele Wettbewerbe aus einer Hand

In Deutschland zählen die Wettbewerbe des Meininger Verlags zu den bekanntesten und renommiertesten. Das traditionsreiche Verlagshaus aus Neustadt an der Weinstraße verdient bis heute mit Fachzeitschriften zu den Themen Wein, Sekt, Bier und Spirituosen für Handel, Gastronomie und Fachpublikum sein Geld. Doch vor rund 20 Jahren übersetzte der Meininger Verlag sein gesammeltes Fachwissen und die hervorragenden, internationalen Kontakte zu Herstellern und Profiverkostern erstmals in einen Weinwettbewerb. Das war die Geburtsstunde des Mundus Vini Wettbewerbs. Weitere Wettbewerbe folgten, die im Gegensatz zum international angelegten Mundus Vini stärker deutsche Belange in den Blick nahmen. Mittlerweile begegnen uns die Auszeichnungen dieser Wettbewerbe immer wieder im Weinregal – und natürlich auch im Weinfreunde-Shop.

Mundus Vini

Seit 2001 veranstaltet der deutsche Meininger Verlag den Mundus Vini Wettbewerb. In zwei Verkostungsrunden im Frühjahr und Sommer nehmen rund 150 Juroren – Sommeliers, Weinkritiker und -journalisten – über 11.000 Weine aus aller Welt unter die Lupe. Prämiert werden Weine, die auf der 100-Punkte-Skala mindesten 85 Punkte erzielen (Silber). Die Ergebnisse finden sich nicht nur als Medaillen auf Flaschen wieder, sondern können auch online auf der Website des Wettbewerbs eingesehen werden. Die Auszeichnungen sind:

Silber
Weine mit mindestens 85 Punkten

Gold
Weine mit mindestens 90 Punkten

Großes Gold
Weine mit mindestens 95 Punkten

Mundus Vini Biofach

Das Segment der Bio-Weine, also der Weine von Betrieben, die ihre Erzeugung nach zertifizierten Richtlinien herstellen, wächst seit über 15 Jahren immer stärker an. Vor diesem Hintergrund wurde 2009 erstmals der Mundus Vini Biofach Wettbewerb auf der Fachmesse für biologisch erzeugte Lebensmittel, Biofach, in Nürnberg vorgestellt. Mit eigenen Verkostungen und Bewertungen, aber analog zu den Vergabekriterien des „großen“ Mundus Vini Wettbewerbs werden die Medaillen Silber, Gold und Großes Gold vergeben.

Best of Riesling

Ebenfalls aus dem Hause Meininger stammt dieser Wettbewerb, der 2015 das Licht der Weinwelt erblickte. Verteilt auf acht Kategorien lotet der Wettbewerb die komplette Bandbreite des Rieslings aus. Vergeben werden keine Medaillen, sondern prämiert werden jeweils die drei Bestplatzierten einer Kategorie. Daneben vergibt Best of Riesling non verschiedene Sonderauszeichnung sowie den begehrten Pro Riesling Erzeuger Preis. Die acht Kategorien sind:

1. Riesling trocken (mit moderatem Alkoholgehalt)
2. Lagen-Riesling trocken (mit moderatem Alkoholgehalt)
3. Riesling trocken
4. Lagen-Riesling trocken
5. Riesling halbtrocken/feinherb
6. Riesling restsüß
7. Riesling edelsüß
8. Riesling gereift (Jahrgang 2011 und älter)

Meiningers Deutscher Sektpreis

In keinem anderen Land der Welt wird so viel Schaumwein getrunken wie in Deutschland. Also eine Art Heimspiel, denn dieser Wettbewerb steht ausschließlich deutschem Sekt aus traditioneller Flaschengärung offen. Wie beim Best of Riesling, werden auch bei Meiningers Deutschem Sektpreis jeweils die drei Bestplatzierten in den sechs Kategorien prämiert:

1. Riesling Sekt Brut, Extra Brut, Brut Nature
2. Burgunder Sekt Brut, Extra Brut, Brut Nature
3. Prestige Burgunder Sekt Brut, Extra Brut, Brut Nature (mindestens 36 Monate Hefelager)
4. Rosé Sekt Brut, Extra Brut, Brut Nature
5. Sortenvielfalt Brut, Extra Brut, Brut Nature
6. Sekt Extra Trocken, Trocken, Halbtrocken, Mild

Meiningers Rotweinpreis

Noch ein Meininger-Wettbewerb und erneut ein Spezialist. Hier geht es exklusiv um deutschen Rotwein. Wie üblich werden die Weine anhand ihrer Analysedaten auf die acht Kategorien verteilt und anschließend in zwei Runden verkostet. Die jeweils drei Besten einer Kategorie werden ausgezeichnet, darüber hinaus wird die Rotweinkollektion des Jahres ausgelobt. Im Jahr 2020 war dies beispielsweise das Weingut Rings aus der Pfalz. Die acht Kategorien des Rotweinpreises sind:

1. Spätburgunder trocken: Trockene Blaue Spätburgunder
2. Lagen-Spätburgunder trocken: Trockene Blaue Spätburgunder mit Lage auf dem Etikett
3. Lemberger trocken: Trockene Lemberger (Blauer Limberger) mit und ohne Lage auf dem Etikett
4. Trockene Rotweine (sortenrein oder Cuvée) aus den Rebsorten Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Merlot oder Syrah mit und ohne Lage auf dem Etikett
5. Trockene Rotweine (sortenrein oder Cuvée) aus den „heimischen“ Rebsorten Müllerrebe (Schwarzriesling), Frühburgunder, Dornfelder, Sankt Laurent, Blauer Portugieser, Blauer Trollinger mit und ohne Lage auf dem Etikett
6. Sortenvielfalt trocken: Trockene Rotweine (sortenrein oder Cuvée) aus zugelassenen Rebsorten, außer in den vorgenannten fünf Kategorien bereits erwähnte Rebsorten mit und ohne Lage auf dem Etikett
7. Gereifte Rotweine trocken: Trockene Rotweine aller Rebsorten des Jahrgangs 2014 und älter mit und ohne Lage auf dem Etikett
8. Feinfruchtige Rotweine: Rotweine aus zugelassenen Rebsorten mit den Geschmacksrichtungen halbtrocken, lieblich, süß, mit und ohne Lage auf dem Etikett

Decanter World Wine Awards

Dieser Wettbewerb zählt international zu den ganz Großen. Hinter den Awards steht das namhafte Weinmagazin „Decanter“. Seit 1975 erscheint das Magazin und 2003 feierten die Decanter World Wine Awards ihre Premiere. In der Jury sitzen nur hochrangige, handverlesene Experten, die mittlerweile jedes Jahr über 15.000 Weine aus aller Welt verkosten.

Bei der Verkostung der Weine arbeitet die Jury mit der 100-Punkte-Skala und vergibt anschließend vier unterschiedliche Medaillen sowie eine Sonderauszeichnung:

Bronze
Weine mit 86 bis 89 Punkten

Silber
Weine mit 90 bis 94 Punkten

Gold
Weine mit 95 bis 100 Punkten

Platin
Weine mit 95 bis 100 Punkten, die zudem die besten Wein in ihrer Kategorie sind

Best-In-Show
der beste aller Platin-Weine

Berliner Wein Trophy

Ebenso oft wie die Mundus Vini-Medaillen findet man im Handel auch das Emblem der Berliner Wein Trophy. Erstmals 2004 vergeben und klein gestartet, hat dieser Wettbewerb in den vergangenen Jahren deutlich an Renommee gewonnen, was sich auch der Tatsache verdankt, dass die Internationale Organisation für Rebe und Wein (OIV) das Patronat der Veranstaltung übernommen hat. Drei Medaillen vergibt die Jury anhand der Punktewertungen:

Silber
Weine mit 82,0 bis 84,99 Punkten

Gold
Weine mit 85,0 bis 91,99 Punkten

Großes Gold
Weine mindestens 92 Punkten

Weinempfehlung

Gold Berliner Wein Trophy

Roccia Rosso 2021

Cantina Vecchia Torre

RotweinNegroamaro, Primitivo, SyrahApulien

Concours Mondial Bruxelles

Seit über 20 Jahren vergibt der Concours Mondial Bruxelles seine Grand Gold-, Gold- und Silber-Medaillen. Rund 350 Juroren bewerten rund 8.750 Weine und vergeben die Punkte nach der 100-Punkte-Skala. Namensgebend ist die belgische Hauptstadt, wo der Wettbewerb anfänglich ausgetragen wurde. Mittlerweile wandert der Wettbewerb durch verschiedene Länder und wird beispielsweise 2021 in Luxemburg zu Gast sein

Der Concours Mondial Bruxelles genießt eine hohe Reputation in Weinkreisen, was sich der Auswahl der Juroren, aber auch den strengen Verkostungsvorschriften verdankt.

International Wine Challenge

Mehr als 30 Jahre existiert bereits die International Wine Challenge, kurz IWC. Der in England veranstaltete Wettbewerb ist ebenfalls wegen seines hohen Standards bei der Verkostungsarbeit bekannt. Nur Juroren mit bester Reputation nehmen die Bewertung der rund 10.000 Weine nach der 100-Punkte-Skala vor. Für die besten Weine gibt es eine Medaille und für den allerbesten eine Sonderauszeichnung:

Bronze

Weine mit 75 bis 79,9 Punkten

Silber

Weine mit 80 bis 89,9 Punkten

Gold

Weine mit 90 bis 100 Punkten

Die Auszeichnung „Best-In-Class“, auch Trophy-Medaille genannt, erhält der beste Wein des Wettbewerbs.

Veritas Awards

Beispielhaft möchte ich noch zwei Wettbewerbe erwähnen, die sich ausschließlich den heimischen Weinen verschrieben haben. Dazu zählen beispielsweise die Veritas Awards, die ausschließlich Weine südafrikanischer Herkunft anhand der 20-Punkte-Skala bewerten. Erntete der Wettbewerb zu Beginn – immerhin gibt es die Veritas Awards seit 1991 – noch wenig Aufmerksamkeit, gilt er mittlerweile als ernste Orientierungshilfe für die Weine vom Kap.

Bronze

Weine mit mindestens 15 Punkten

Silber

Weine mit 16 Punkten

Gold

Weine mit 17 bis 20 Punkte

Concours des Grands Vins de France

Der im Burgund stattfindende Wettbewerb zeichnet ausschließlich Weine aus Frankreich aus und das bereits seit Mitte der 1950er Jahren. In Frankreich genießt er besonders hohes Ansehen, und jene Weine, die eine Goldmedaille erwerben, dürfen sich tatsächlich zu den besten Weinen Frankreichs zählen.

Das sind nur sieben der bekannteren Weinwettbewerbe, doch beileibe nicht alle. Nationale Wettbewerbe gibt es in jedem großen Weinland, darüber hinaus widmen sich andere Wettbewerbe ausschließlich einzelnen Regionen oder Rebsorten. In den vergangenen Jahren entstanden auch erste Wettbewerbe für Bioweine. Einen besonderen Hinweis ist auch die „Féminalise“ wert, bei der ausschließlich Frauen Weine verkosten und bewerten.

Der eigene Gaumen zählt

Doch selbst wenn man sich näher mit den Weinwettbewerben beschäftigt hat, schmeckt etwas Skepsis nach. Zum einen wollen die Wettbewerbe ausdrücklich eine Orientierungshilfe für den Weinfreund sein, andererseits ist es gerade diese Funktion, die die Medaillen und Awards zum wirkungsvollen Werbemittel machen. Das nehmen Winzer gern in Anspruch, um ihre Weine auch im internationalen Maßstab zu vermarkten. Hinzu kommt, dass die Auszeichnungen nicht einfach zu vergleichen sind. Ein Wein, der in einem Wettbewerb „nur“ Bronze erhält, bekommt mit derselben Punktzahl bei einem anderen Silber. Wer beispielsweise 90 Punkte erzielt, darf beim Decanter World Wine Awards mit Silber rechnen, bei Mundus Vini, der Berliner Wein Trophy oder der International Wine Challenge gäbe es dafür aber schon Gold.

Das sollte dem Weinfreund stets bewusst sein, wenn er Medaillen auf dem Etikett erblickt. Mein Tipp an dieser Stelle: Einfach eine eigene Meinung bilden, inwiefern die Wettbewerbe die eigene Qualitätserwartung widerspiegeln. Schon bald entwickelt man auf diese Weise eigene Referenzpunkte unter den Medaillen und erst dann sind die Auszeichnungen tatsächlich eine wichtige Orientierungshilfe.