Mehr Rioja geht nicht: Bodegas Muga
Am 15. September 2020 · von Daniel MünsterSie zählt zu den Top-Erzeugern der Region und ist das internationale Aushängeschild der Rioja Alta. Daniel stellt uns die Bodegas Muga vor.
Rioja, ein kleines Wort mit ganz viel Klang. Insbesondere Rotwein-Aficionados spitzen bei diesem Namen sofort die Ohren. Denn hier singt man das Hohelied ebenso kraftvoller wie eleganter Weine aus der spanischen Edelrebe Tempranillo. Hier ist der Geburtsort der Reservas und Gran Reservas mit ihrer streng reglementierten Reife im Fass und auf der Flasche. Ein zweiter kurzer Name mit ebenso viel Klang bringt uns auf die richtige Fährte: Muga. Denn kaum ein anderes Weingut der Top-Region kultiviert bis heute die traditionellen Werte der Rioja so sehr wie die Bodegas Muga. Dabei bringt das Weingut aus Haro in der Rioja Alta das Kunststück fertig, diese Tradition mit großer Offenheit für moderne Technik und dem unbeirrbaren Glauben an Authentizität zu verbinden. Und das ist leichter gesagt als getan. Doch der Reihe nach.
Verstehe nur Bahnhof: Bodega mit Gleisanschluss
Alles beginnt mit Isaac Muga und seiner Frau Aurora Caño. Sie gründen 1932 die Bodega und beginnen damit, die ersten Weine auf die Flasche zu bringen. Dabei setzen sie auf traditionelle Methoden der Weinherstellung, die bis heute für die Muga-Weine angewendet werden. Das Weingeschäft trägt bald Früchte und die Familie erwirbt 1968 im Zentrum von Haro ein größeres Haus, das zum repräsentativen Sitz der Bodegas Muga wird. Das Haus steht im Bahnhofsviertel von Haro, dem Barrio de la Estaciòn, was den Transport der Muga-Weine in andere spanische Regionen deutlich erleichtert und die Türe für das wichtige Exportgeschäft weit öffnet. Scheinbar nur ein Detail, aber wer verstehen will, warum einer der bekannten Weine von Muga „El Andén de la Estación“ – in etwa „das Gleis am Bahnhof“ – heißt, bekommt so die Erklärung für den ganz untypischen Namen.
Im selben Jahr übernehmen die Söhne Manuel und Isaac die Verantwortung für das Weingut. Mittlerweile ist es die fünfte Generation der Familie, die die Geschicke der Bodegas Muga dirigiert. Zudem sind aus den wenigen Weinbergen von ehemals rund 380 Hektar in den besten Lagen der Rioja Alta geworden. „Alta“ bedeutet im Spanischen „hoch“, denn die Rebflächen liegen allesamt auf einer Höhe von 450 bis 600 Meter. Die Höhenlage ist wichtig, denn sie sorgt nicht nur für eine längere Vegetationsperiode der Reben, sondern auch für eine größere Abkühlung während der Nacht. Ein entscheidender Vorteil für eine komplette Reife der Trauben, die nicht nur auf hohe Mostgewichte schielt, sondern auch die sogenannte phenolische Reife im Blick hat, die Säure in den Trauben erhält und die Tannine ins rechte Format bringt.
Tempranillo und noch viel mehr
Zu oft wird die Rioja nur auf Rotweine und nur auf den Tempranillo reduziert. Nicht so bei Muga. Ganz traditionell und ebenso qualtätsversessen weiß man die anderen typischen, roten Rebsorten der Rioja wie Garnacha (frz. Grenache), Mazuelo (frz. Carignan) und Graciano für seine Weine zu nutzen. So ist einer der Kultweine von Bodegas Muga – der „Reserva“ – eben kein reinrassiger Tempranillo, sondern eine Cuvée, die zu 30 Prozent auch die genannten Garnacha, Mazuelo und Graciano erhält. Kein verschrobenes Festhalten an alten Gebräuchen, sondern letztlich ein modernes Erfolgskonzept. Denn immerhin kassiert der „Reserva“ von Muga seit Jahren Bestwerte der internationalen Kritiker und bringt die Rotwein-Gemeinde ins Schwärmen und Schwelgen.
Noch so ein Beispiel für Tradition, die plötzlich wieder ganz modern und angesagt ist: Spontane Gärung. Das heißt, das Starten des Fermentierungsprozesses nicht durch zugesetzte Hefen, sondern durch die Hefen, die den Trauben anhaften oder auch im Keller der Bodega leben, ist bei Muga niemals aus der Mode gekommen. Vielmehr ist die spontane Gärung ein wichtiger Bestandteil dessen, was Bodegas Muga als „Authentizität“ seiner Weine versteht.
Eigene Fässer nach individuellem Bedarf
Rioja und die ausgeklügelte Reife im Holzfass – das gehört einfach zusammen. Bei Muga ist dies nicht nur ein schales Bekenntnis an vorgegebene Regularien. Vielmehr misst man in Haro dem Ausbau und der Reife im Holzfass eine solche Bedeutung bei, dass man sich dazu entschlossen hat, grundsätzlich alle Fässer selbst herzustellen. Welches Weingut sonst auf der Welt kann auf eigene Böttcher und Küfer verweisen? Die Auswahl des Holzes – französische und amerikanische Eiche – eine vierjährige Würze der Fässer, das Rösten des Holzes und auch die Größe der Holzfässer: Alles orientiert sich an den individuellen Erfordernissen für den Ausbau und die Reife der verschiedenen Weine. Das erklärt, warum rund 90 unterschiedliche Fassgrößen in der Bodega zum Einsatz kommen.
Noch so ein Selbstverständnis, das mit Tradition und Moderne spielt. Gern verweisen heute Winzer darauf, dass ihre Weine nicht mechanisch per Pumpen bewegt werden, sondern die simple Schwerkraft dafür genutzt wird. Bei Bodegas Muga war dies nie anders. Und, liebe Veganer, bitte die nächsten Zeilen überspringen, auch das Klären der Weine findet bei Muga ganz traditionell mit frischem Eiweiß statt.
Bodegas Muga: Leuchtturm der Region
Die Wahrheit ist immer im Glas, und es geht bei Wein nie nur um das reine Konzept, mit dem der Winzer seinen Weg zum bestmöglichen Tropfen verfolgt. Daher ist es genau diese Mischung aus traditionellem Verständnis, dem pragmatischen Blick auf die Weinqualität, aber auch dem Bestreben, das Erbe der Region bestmöglich weiterzutragen, die die Bodegas Muga zum Leuchtturm der Rioja Alta macht.
Und das meint selbstverständlich nicht nur die Tintos, die Rotweine, der Bodega. Denn was oft zu sehr in Vergessenheit gerät: Die Rioja weiß auch mit ihren Rosé- und Weißweinen zu überzeugen. Wer diese Fährte aufnehmen will, sollte als allererstes nach Haro und auf Bodegas Muga schauen.