Teinturier oder Färbertraube: mehr Farbe im Wein

Am 3. Mai 2024 · von Jürgen Overheid

Rebsorten, die nicht nur dunkle Schalen, sondern auch dunkles Fruchtfleisch besitzen, nennen sich Färbertrauben oder auch Tenturier. Mit dem Plus an Farbstoffen sorgen sie dafür, dass der Wein aus diesen Reben besonders dicht und dunkel ausfällt. Dieser wird dann meist als sogenannter Deckwein eingesetzt, um Rotwein-Cuvées eine dunklere Farbe zu verleihen.

Bekanntlich isst das Auge nicht nur mit, es trinkt auch mit. Insbesondere beim Rotwein gilt vielen eine dunkle, tiefrote Farbe als Merkmal für Intensität, Kraft und nicht zuletzt für die Güte des Weins. Wenngleich diese Schlussfolgerung nicht richtig ist, verdeutlicht sie doch, welche wichtige Rolle die optische Wahrnehmung beim Wein spielt. Nicht zuletzt beschäftigt sich eine professionelle Verkostungsnotiz als Erstes mit dem „Auge“, also mit der Klarheit, der Farbtiefe und dem Farbton des Weins.

Weinfarbe Rot: die Schale entscheidet

Geht es um die Farbe im Wein, richtet sich der Blick auf die Schale der Beeren. Bei den meisten roten Rebsorten stecken die Farbstoffe nämlich ausschließlich in der Schale, das Fruchtfleisch selbst ist dagegen hell. Dies erklärt, warum der Spätburgunder alias Pinot Noir mit seinen dünnen und vergleichsweise hellen Schallen auch keine tiefroten Farben hervorbringt. Dass dies vornehmlich beim Spätburgunder nicht an der Qualität des Weins zweifeln lässt, versteht sich von selbst. Dagegen garantieren Rebsorten wie Tempranillo oder Mourvèdre/Monastrell dunkle Weine, denn in den dickeren Schalen stecken einfach mehr Farbstoffe. Dennoch ist es möglich aus all diesen Nicht-Färbertrauben einen Blanc de Noirs zu produzieren – also einen Weißwein aus roten Trauben, eben weil das Fruchtfleisch hell ist.

Trauben im Kasten

Bei den Färbertrauben ist sowohl, das Fruchtfleisch, als auch die Schale pigmentiert.

Färbertrauben: dunkles Fruchtfleisch

Die Regel von dunkler Schale und hellem Fruchtfleisch erklärt die Ausnahme der Färbertrauben. Der Begrifft fasst die Rebsorten zusammen, die nicht nur eine dunkle Schale, sondern auch ein dunkles Inneres aufweisen. Die für die Farbe verantwortlichen Anthocyane finden sich bei diesen Sorten auch im Fruchtfleisch, was die dunklere Farbe erklärt. Diesen Umstand nutzen Winzerinnen und Weinmacher aus, wenn sie einer Cuvée einen Anteil von Färbertrauben beigeben. Da reichen bereits fünf Prozent, um bleibenden, dunklen Eindruck zu hinterlassen. Die dunklere Färbertraube überdeckt quasi den eigentlich helleren Grundton des Weins, weshalb diese Weine auch umgangssprachlich als Deckweine bezeichnet werden. Doch der Begriff gerät allmählich in Vergessenheit.

Teinturier: französischer Ursprung der Färbertrauben

Die französische Bezeichnung für die Färbertrauben trägt die Bedeutung „Färber“ als alte Berufsbezeichnung gleichfalls im Namen. Paradoxerweise bezeichnet „teinturier“ im Französischen auch die Reinigung – als ob sie keine Probleme mit dunklen Rotweinflecken hätte. Die weinbauliche Prägung geht auf die Rebsorte Teinturier du Cher zurück. Sie löst im 19. Jahrhundert den Trend der Färbertrauben und der Deckweine aus. Erst recht, als der Biologe Louis Bouschet aus den Rebsorten Aramon Noir und Teinturier du Cher die neue Sorte Petit Bouschet kreuzt. Der Petit Bouschet entwickelt sich zur Färberrebe der Stunde und geht aufgrund seiner Eigenschaft auch in eine weitere Neuzüchtung ein. Der Sohn des Biologen, Henri Bouschet, kreuzt 1866 aus Petit Bouschet und Grenache/Garnacha die Sorte Alicante Bouschet, die bis heute vorwiegend in Portugal eine große Rolle spielt. Weitere Färbertrauben sind beispielsweise Cinsault, Dunkelfelder, Blauburger, Abrusco und diverse Gamay-Spielarten.

Zwei Weingläser mit Trauben

Es reichen bereits fünf Prozent, der Färbertrauben um bleibenden, dunklen Eindruck im wein zu hinterlassen.

Rosé: aber nicht aus Färbertrauben

Noch einmal zurück zur Farbe. Roséweine entstehen aus roten Rebsorten, wobei die gemeinsame Zeit von Most und Schalen nur sehr kurz ausfällt, damit nur wenig roter Farbstoff in den Wein gelangt. Diese Art der Weinerzeugung ist mit Färbertrauben nicht zu praktizieren, da der Traubensaft selbst bereits eine rote Farbe aufweist. Ihnen bleibt nur die Rolle des farbgebenden Minijobs in von anderen Rebsorten dominierten Cuvées. Denn auch dies ist eine Besonderheit der Teinturier-Trauben: Sie werden nahezu gar nicht reinsortig ausgebaut. Aromatisch sind sie den „normalen“ Rebsorten unterlegen.

Angeberwissen Färbertrauben: ein Blatt sieht rot

Diese Rebsorten haben es mit den Farbstoffen. Nicht nur Schale und Fruchtfleisch enthalten die verantwortliche Substanz, auch in den Blättern zeigt sich mit der Zeit die Farbe. Die Färberreben zählen zu den Sorten, deren Blätter sich im Jahreslauf besonders früh ganz rot färben. So bringen sie beim Spaziergang durch die Weinberge ein letztes Mal mehr Farbe ins Leben.

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