Somontano: spanischer Aufsteiger vom Rand der Pyrenäen
Am 5. April 2019 · von WeinfreundeWir haben einen großen Faible für spanische Weine und stellen daher die Aufsteiger-Appellation „unterhalb der Berge“ vor. Erfahren Sie alles über die Wiedergeburt des Somontano.
Die Zahl der Skeptiker ist groß, als vor 35 Jahren das Weinbaugebiet Somontano den Status einer DO, einer geschützten Herkunftsbezeichnung (Denominación de Origen, mittlerweile Denominación de Origen Protegida) erhält. Zwar blickt der Somontano auf glorreiche Zeiten mit großen Weinen und einem florierenden Exportgeschäft zurück – doch zum Zeitpunkt der DO-Gründung liegt diese Glanzzeit gut 80 Jahre zurück.
Von den Kritikern ist mittlerweile keiner mehr übriggeblieben. Die junge Appellation ist längst in der ersten Liga der spanischen Weine angekommen. Die lobenden Stimmen der Weinkritik, zahlreiche Auszeichnungen auf internationalen Wettbewerben und nicht zuletzt die Gunst der Weinfreunde aus dem In- und Ausland lassen daran keinen Zweifel.
Im Schutz der Pyrenäen: Somontano
Wörtlich übersetzt bedeutet Somontano „unterhalb der Berge“ und erinnert damit ein wenig an das italienische Piemont. Der Name erklärt die Lage auf der Südseite der Pyrenäen zu Füßen der hohen Gipfel. Die Bergkette schützt die Rebflächen vor kalten Nordwinden. Zwischen 350 und 600 Meter über Meereshöhe gelegen, profitieren die Trauben von heißen, sonnenreichen Tagen und deutlich kühleren Nächten. Nach den hohen Temperaturen des Sommers folgt ein kalter Winter als optimale Ruhezeit für die Rebstöcke.
Nur rund 4600 Hektar umfasst die kleine DOP Somontano, die in der Provinz Huesca im nordostspanischen Aragonien liegt. Die Weinberge wenden sich gen Süden oder Osten, es herrschen kalkgeprägte Böden vor, die eine gute Wasserdurchlässigkeit gewährleisten. Eigentlich ein optimales Terrain für gute Weine, so dass es etwas verwundert, warum erst seit den 1990er Jahren die Region durch neue Projekte und Bodegas wiederentdeckt wird.
Die zwei Seiten der Reblaus-Katastrophe
Schließlich bauen hier die Bewohner des Ebrotals bereits in der Antike Wein an. Die Gründung von Klöstern im Mittelalter verschafft dem Weinbau nicht nur mehr Bedeutung. Wie in vielen Regionen Europas wirken die Mönche wie die ersten Qualitätsmanager für die Arbeit im Weinberg und im Keller. Als Ende des 19. Jahrhunderts die Phylloxera die Rebflächen im französischen Bordeaux nahezu komplett zerstört, sucht die Weinfamilie Lalanne ihr Heil in der Flucht und erwirbt Weinberge im Somontano. Das löst einen regelrechten Boom aus und die Weinregion wächst in den Folgejahren so schnell, dass sie alsbald 100.000 Hektar Rebfläche zählt: Das ist mehr als das Zwanzigfache des heutigen Bestands!
Zunächst profitiert die Weinregion also vom Phylloxera-Übel. Weine aus dem Somontano verkaufen sich bis nach Südamerika und der spanische König Alfonso XIII. macht Weinimpressario Lalanne sogar zum Lieferanten des Hofes. Um so grausamer fällt der Niedergang dieses relativen kurzen Glücks aus, als die Reblaus schließlich auch die Region am Fuße der Pyrenäen erreicht.
Bis in die 1960er Jahre liegt der Weinbau nahezu brach. Dann setzt eine Kooperative das erste Zeichen für die Wiederbelebung. Die Cooperativa Comarcal Somontano del Sobrarbe spielt bis heute eine gewichtige Rolle, ist sie doch mit 24 Prozent an der Bodega Pireneos beteiligt, die mit dem Señorío de Lazán einen der bekanntesten Weine aus dem Somontano herstellt. Der nächste Schritt ist dann 1984 die Geburt der DO Somontano. Insbesondere in den 1990er Jahren entwickelt sich in den Weinbergen eine neue Dynamik. Es fließt wieder Geld in den Weinbau, die technische Ausstattung der Bodegas verbessert sich zusehends und junge, bestens ausgebildete Weinmacher starten mit dem Schwung einer neuen Generation ihre eigenen Projekte. Darunter finden sich solch ambitionierte Vorhaben wie Enate, das 1992 als nachhaltiges Kunst- und Weinprojekt gleichermaßen ins Leben gerufen wird.
Rebsortenvielfalt zwischen Tradition und Moderne
Die Winzer und Weinbauern sind sich der Tradition des Somontano bewusst, doch sie wissen ebenso, dass diese allein für eine erfolgreiche Zukunft nicht reicht. Die Experimentierfreude der Bodegas, das anhaltende Bestreben, die Dinge besser zu machen und den Ruf der Region zu mehren, signalisieren, dass man die Herausforderung angenommen hat. Dabei spielen die Rebsorten, die der Kontrollrat der DOP erlaubt, eine entscheidende Rolle. Insgesamt 15 weiße und rote Sorten sind zugelassen. Darunter sind bekannte internationale und typisch spanische Vertreter, aber auch sogenannte autochthone Rebsorten, also Rebsorten, die in der Region ihre Heimat haben.
Bei den Weißweinen finden sich neben den landestypischen Garnacha Blanca und Macabeo auch die internationalen Sorten Chardonnay, Sauvignon Blanc, als auch überraschenderweise Gewürztraminer und Riesling. Und nicht zu vergessen den autochthonen Alcañon, eine weiße, sehr aromatische Rebsorte, die charaktervolle Weine hervorbringt.
Ähnlich sieht es bei den roten Rebsorten aus. Mit Garnacha Tinta und Tempranillo führen zwei echte Spanier die Riege an. Cabernet Sauvignon, Merlot, Syrah und Pinot Noir stehen für den französischen Einfluss und mit Parraleta und Moristel gesellen sich erneut autochthone Rebsorten hinzu.
Ein Merlot von der Bodegas Pirineos
Um dem Portrait der DOP Somontano echtes weinfreundschaftliches Leben einzuhauchen, fehlt noch eine Inspiration in Flaschenform.
Der 2015er Rocal Merlot Selección ist ein Vertreter der neuen Schule aus dem Somontano. Der sortenreine Merlot schmeichelt mit beerigen Aromen von Kirsche und roter Johannisbeere sowie wunderbar seidigen Tanninen. Somit ist dieser Wein in seiner noblen, kühlen, durch die Mineralität der Pyrenäenböden geprägten Stilistik ganz anders als herkömmliche Merlot, die man sonst so im Glas hat.