Sommer im Weinberg: Laubarbeit und Grüne Lese
Am 25. Juli 2018 · von Sven Reinbold
Weinfreund Sven Reinbold nimmt uns wieder mit in den Weinberg. Dieses Mal erklärt er uns, welche Arbeiten der Winzer im Sommer im Weinberg zu erledigen hat.
Was die Winzer im Winter und im Frühjahr im Weinberg beschäftigt, haben wir im Magazin bereits genauer betrachtet. Verlassen haben wir den Jahreszyklus des Weinbaus im Mai, da standen die Reben gerade in ihrer unscheinbaren Blüte. Eine heikle Phase da später Frost, zu starker Regen und Wind, den feinen, sensiblen Blüten schnell Schaden zufügen oder auch ihre Selbstbefruchtung behindern.
Bilden sich endlich die Trauben aus, widmet sich der Weinbauer der Laubpflege. Das Blattwerk ist unter der Sonne des Frühsommers stark gewachsen, da muss nun in bester Absicht Ordnung geschaffen werden. Mit dem „Aufbinden“ der Weinruten und dem „Einkürzen“ verfolgen die Winzer gleich mehrere Ziele. Es geht ihnen um eine bessere Lichteinwirkung auf die Blätter, aber auch darum, dass das Laubwerk samt Trauben gut durchlüftet wird. Und nicht zuletzt ist auch Platz für die wachsenden Trauben selbst zu schaffen.
Laubpflege: mit Licht und Luft gegen Pilzbefall
Eine optimale Luftzufuhr ist wichtig, damit der Niederschlag auf den Blättern und vor allem auf und zwischen den Trauben schnell trocknet. Geschieht dies nicht, erhöht sich deutlich die Gefahr eines Pilzbefalls – ein Albtraum für jeden Weinbauern. Je größer die Trauben werden, je dichter die Beeren aneinanderrücken, desto mehr ist anhaftende Feuchtigkeit zu fürchten. Ein Grund, warum die Laubpflege im Weinberg bis in den August hinein immer wieder auf dem Arbeitsplan steht.
Denn leider ist der Sommer auch die Hochsaison der Krankheiten und Schädlinge. Zum Horrorkabinett der Winzer zählen der echte und der falsche Mehltau sowie andere Pilzerkrankungen. Sind die Reben davon erstmal befallen, muss unbedingt reagiert werden, um den Jahrgang nicht zu gefährden – in Qualität wie Quantität. In solchen Situationen kommen Kupfer und Schwefel, Kräuterpräparate und Pflanzenschutzmittel in Frage, um sich zu wehren.
Um gleich die Gemüter zu beschwichtigen: Kein guter Winzer macht dies ohne Grund und am liebsten setzt er die Mittel in so geringen Mengen wie möglich ein. Aber der Weinbauer kämpft um seine Ernte, seinen Ertrag und nicht selten um seine Existenz. Dabei muss man genau unterscheiden, welche Mittel von welchen Winzern eingesetzt werden. Denn abhängig davon, ob es sich um biodynamisch arbeitende, um Bio zertifizierte oder konventionelle Winzer handelt, fallen die zugelassenen Mittel verschieden aus. Allerdings ist das noch einmal ein Thema für sich.
Grüne Lese: weniger ist mehr
Im Laufe des Julis steht im Weinberg die Grüne Lese an. Dabei entfernen die Winzer noch grüne Trauben – daher der Name – die entweder schlecht entwickelt oder einfach überflüssig sind. Klingt widersinnig, denn die Grüne Lese mindert die Erntemenge. Anderseits sorgt sie dafür, dass die Kraft der Rebe sich auf die verbleibenden Trauben konzentriert. Alle Nährstoffe und Mineralien, welche die Pflanze aufnimmt, verteilen sich nun auf weniger Trauben. Sie erhalten so mehr Extrakt und werden aromatisch dichter.
Jetzt bleibt nur zu hoffen, dass auch das Wetter mitspielt. Hat es im Winter und Frühjahr genug Niederschlag gegeben, der im Boden gespeichert ist, kommen die Reben auch durch einen heißen Sommer. Fehlt dieses Reservoir kann ein zu trockener Sommer Probleme bereiten. Besonders gefürchtet sind plötzlich auftretende Unwetter mit Gewitter, heftigen Windböen oder schlimmstenfalls Hagelschauern.
Im August zeichnet sich schon deutlicher ab, was man vom Jahrgang erwarten kann. Es ist die Zeit, in der die Winzer beginnen, öfter Mal das Mostgewicht der Trauben zu messen, um den Reifeprozess besser einschätzen zu können. Diese wichtige Kennziffer – in Deutschland sind dafür die berühmten Grad Oechsle in Gebrauch – gibt an, wie dicht die Traube ist oder anders ausgedrückt: wieviel schwerer die Traube im Vergleich zum selben Volumen Wasser ist. Aufgrund des Zuckergehalts der Traube, lässt sich ungefähr die Alkoholstärke des späteren Weins ableiten.
Reifeprüfung: Wann ist es endlich soweit
Mit zunehmender Reife wird der Blick auf dieses Messinstrument, Refraktometer genannt, immer wichtiger, denn ab September geht es rasant in Richtung Weinlese. Dafür gilt es, den optimalen Zeitpunkt zu finden. Dabei gehen den Weinbauern viele Fragen durch den Kopf: Wie viel Zeit brauchen die Trauben noch für die Reife? Sind die Beeren nicht nur süß, sondern sind sie so reif, dass auch die Kerne nicht mehr bitter schmecken? Wie lange hält noch dieses Wetter? Welche Lage kann als erstes gelesen werden? …
In manchen Weinregionen taucht in dieser Zeit ein tierisches Problem auf. Die reifen Trauben sind nämlich heiß begehrt bei Vögeln, Kaninchen und Wildschweinen. Tauchen diese „Mitesser“ massiv auf, sind Gegenmaßnahmen gefordert. Wildschweine werden gejagt, Vögel und Kaninchen so gut wie möglich verschreckt, damit man auf der Zielgeraden nicht noch um die Früchte seiner Arbeit gebracht wird.
Aber lange ist es nicht mehr hin bis zur Lese. Der Sommer hat sein Ende gefunden und die Vorbereitungen für den Ernteeinsatz sind bereits in vollem Gange. Dann ist Hochbetrieb im Weinberg.
Was sich sonst noch alles im Weinberg das Jahr über tut, erklärt uns Weinfreund Sven Reinbold in diesen Artikeln: