Rotwein: Rebsorten, Herstellung & Co
Am 20. Oktober 2023 · von Jürgen OverheidEs ist nicht allein die Farbe, die Rotwein von Rosé und Weißwein unterscheidet. Neben der Wahl der Rebsorte ist es die Herstellung, die über das Rot im Rotwein entscheidet. Unser Kollege Jürgen sieht für uns alle Rot.
Eigentlich ist es ganz simpel: Jede Rotweinfarbe hat ihr eigene Herstellungsmethode. Die Frage, wie Farbe überhaupt in den Wein kommt, lässt sich am Beispiel des Rotweins am anschaulichsten erklären. Auf die Rechnung des Weinmachers gehören dabei eine dunkle Rebsorte, die längere, gemeinsame Zeit von Most und Schalen sowie eventuell noch der Ausbau des Weines im Holzfass.
Rote Rebsorten: Von Spätburgunder bis Merlot
Es ist die Schale, in der die Farbstoffe stecken, die einen Wein rot machen – oder rosé oder orange. Selbst die meisten roten Rebsorten weisen nämlich helles Fruchtfleisch auf. Tatsächlich ist die Unterscheidung von Rebsorten nach der Intensität der Farbe, die sie einem Wein eintragen, in der Lehre der Rebsorten, der Ampelografie, durchaus üblich. Auch bei einer Verkostung gibt die Farbe des Weins einen Hinweis auf die Rebsorte(n). So stehen Cabernet Sauvignon oder Mourvèdre (Monastrell) für dichte, dunkle Rotweine, dagegen Spätburgunder (Pinot Noir) oder Nebbiolo für hellere Rottöne.
Mazeration: wie wird Rotwein rot
Während bei der Weißweinerzeugung der Most schnell von den Pressrückständen mit den Schalen und Kernen getrennt wird, bedarf es bei der Herstellung von Rotwein genau in dieser Phase deutlich mehr Zeit. Zeit, damit die Farbstoffe, in den Traubenmost einwandern und ihm seine Farbe mitgeben. Wie entscheidend die Dauer des Zusammenwirkens von Most und Schalen ist, veranschaulicht ein Rosé, der seinen Touch von Rot aus einer sehr kurzen und gar keiner Mazeration (Maischestandzeit) bezieht. Bei Rotweinen vollzieht sich dieser Prozess jedoch über mehrere Tage oder Wochen. Mitunter wird mit der Remontage oder dem sogenannten Überpumpen sogar nachgeholfen.
Das bei der alkoholischen Gärung entstehende Kohlendioxid schwemmt leichtere Bestandteile der Maische an die Oberfläche im Fass oder im Edelstahltank. Diese Ansammlung heißt Tresterhut und besteht zum Großteil aus den Schalen. Damit diese weiterhin im Austausch mit dem Most stehen, wird der Tresterhut nach unten gedrückt – geschieht dies händisch, eine sehr anstrengende Arbeit, die mehrfach pro Fass zu leisten ist. Alternativ entnimmt der Weinmacher oder die Winzerin unten im Fass etwas Most und „pumpt“ ihn über den Tresterhut.
Rotwein: Farbe trifft Tannine
Die längere Mazeration (Maischestandzeit) eines Rotweins ist auch der Grund, warum diese Weine mehr Gerbstoffe oder Tannine enthalten. Diese befinden sich nämlich gleichfalls in der Schale der Beeren, vor allem aber in den Kernen und wandern in den Most ebenso ein wie die Farbstoffe. Daher ist der Blick auf die Tannine unabhängig von der Farbe des Weins ein weiteres Unterscheidungsmerkmal von Rot-, Weißwein und Rosé – oder auch Orange Wein. Rebsorten mit hohem Gerbstoffanteil sind unter anderem die schon genannten Cabernet Sauvignon und Mourvèdre, aber auch Petit Verdot und Blaufränkisch.
Rotwein-Cuvée: mach dein Ding
Für die Farbe des Rotweins von rubinrot bis braunrot, von blass bis tief, trägt bei einer Cuvée meist sogar eine Rebsorte gesondert Rechnung. Noch einmal ist an den Cabernet Sauvignon in einer Bordeaux Cuvée oder an den Syrah in der bekannten GSM-Cuvée von der südlichen Rhône zu erinnern. Selbstverständlich sind sie auf das Merkmal der Farbe nicht einzuschränken, sondern spielen auch aromatisch ihre gewichtige Rolle. In Sachen Tanninen sieht das übrigens genauso aus, sie sind gleichfalls ein Faktor bei der Zusammenstellung der Rebsorten für eine Rotwein-Cuvée.
Rotwein: mehr Alkohol und länger zu lagern
Um einmal zu verallgemeinern: Rotweine haben neben der dunklen Farbe und dem Plus an Gerbstoffen tendenziell auch mehr Alkohol. Doch gerade die Kombination aus Tannin und Alkohol macht Rotweine besonders lagerfähige. Exzellente Weine, die erst nach 20 Jahren richtig in Form kommen, sind öfter unter den Rotweinen als unter den Weißweinen zu finden. Entscheidenden Anteil daran hat aber auch der Ausbau des Rotweins im Holzfass, wie er in den internationalen Top-Regionen üblich ist: von Bordeaux und Burgund bis Barolo, und von der Rioja bis an die Rhône.