Portwein, Sherry & Co.: starkes Stück!
Am 7. August 2017 · von WeinfreundeFür die meisten Weinfreunde sind Likörweine oder „gespriteten“ Weine wie Portwein oder Sherry die Ausnahme als die Regel. Für uns gilt dies nicht. Deshalb möchte wir etwas näher auf Portwein und Sherry eingehen, um allen praktizierenden Weinfreunden die Entscheidung zu erleichtern, welche Kostbarkeit man sich nun gönnt – und nicht nur im Urlaub.
In den vergangenen Jahren ist die Gattung der sogenannten „verstärkten“ oder „gespriteten“ Weine ein wenig ins Hintertreffen geraten. Galten Port, Sherry und Co. einst als besondere Ausrufezeichen gepflegter Genusskultur, haben ihnen der neue Kult um den Wein sowie die gewachsene Freude an Spirituosen wie Gin, Whisky und Rum mittlerweile den Rang abgelaufen. Eine Ausnahme dieser veränderten Konsumvorlieben bilden unsere Urlaubsreisen in die Heimatregionen der verstärkten Weine nach Spanien, Portugal oder Italien. Da lassen wir uns gern mal auf einen Oloroso oder Marsala ein und verbuchen das Gläschen als Genuss mit Lokalkolorit.
Zugegebenermaßen klingt bereits die Gattungsbezeichnung nicht sonderlich einladend. Wohlwollender erscheint da schon der Begriff des Likörweins, der mitunter als Synonym auftaucht. Hat man jedoch einmal verstanden, warum diese Weine mit Weinbrand oder neutralem Alkohol verstärkt werden, dann verliert sich auch der Schrecken des Begriffs. Denn selbstverständlich geht es nicht darum, einfach den Alkoholgrad des Weines zu erhöhen. Vielmehr verfolgt diese einzigartige Herstellungsmethode gleich ein doppeltes Kalkül.
Länger haltbar und die Kunst der Restsüße
Ganz simpel gedacht, macht der zusätzlich beigegebene Alkohol den Wein zunächst haltbarer. Das mag heute nicht mehr ganz einleuchten, war aber zu Seefahrerzeiten ein durchaus wichtiges Qualitätsmerkmal. Nicht umsonst ist die Kultur von Sherry & Port bis heute in England – der ehemaligen maritimen Großmacht – deutlich stärker ausgeprägt als beispielsweise in Deutschland. Andererseits erklärt die außergewöhnliche Lagerungsfähigkeit auch, warum es Portweine gibt, die 50 und deutlich mehr Jahre zählen und gerade bestens in Form sind.
Darüber hinaus ist die Beigabe von Alkohol aber auch ein Kniff, um die Umwandlung von Zucker in Alkohol zu stoppen. Anders ausgedrückt: Der Restzuckergehalt des Weines ist höher als bei „normalen“ Weinen, womit zugleich ein stilistisches Merkmal der meisten Likörweine angesprochen ist – Ausnahmen bestätigen hier die Regel. Wie hoch der Restzuckergehalt und damit der Süßeeindruck ausfällt, bestimmt der Weinmacher über den Zeitpunkt, zu dem er den Alkohol beigibt.
Selbstverständlich verdienen Portwein, Sherry und Co. jeweils ein eigenes Porträt. Zu groß ist die stilistische Vielfalt der einzelnen Likörweine, um sie an dieser Stelle angemessen vorstellen zu können. Deshalb möchte wir in der Folge nur auf Portwein und Sherry etwas näher eingehen, um allen praktizierenden Weinfreunden die Entscheidung zu erleichtern, welche Kostbarkeit man sich nun gönnt – und nicht nur im Urlaub.
Das kleine Einmaleins des Portweins
Im Douro-Tal nahe der Stadt Porto im wunderschönen Weinland Portugal wachsen die Trauben für den berühmten Portwein – und nur dort, wenn man den Begriff weinrechtlich genau auslegt. Noch während des Gärprozesses fügt man den Weinen Weinbrand hinzu. Die alkoholische Gärung kommt so zum Erliegen und im verstärkten Wein verbleibt ein höherer Zuckergehalt. Dies erklärt die Nuancen von fruchtiger Süße, die viele Portweine kennzeichnet, wobei die guten Portweine mit der notwendigen Säure und Struktur dies fein auszubalancieren wissen. Je nach Qualität lagern die Portweine unterschiedlich lang in Fässern und auf der Flasche, bevor sie den besten Trinkgenuss bieten. Bei der Orientierung im Kosmos der Portweine helfen zunächst diese wichtigen Begriffe.
White Port
Selbstverständlich gibt es auch weißen Portwein. Beim White Port unterscheidet man abhängig vom Restzuckergehalt unterschiedliche Qualitäten von „sehr trocken“ bis „sehr süß“. Entgegen des Namens kann ein weißer Port auch honigfarbene bis goldgelbe Töne besitzen, wenn er nicht im Tank, sondern in Holzfässern gereift wurde. Weiße Portweine liegen bei rund 15 % Alkohol Volumen. Als „Portonic“ übrigens in Kombination mit Tonic Water ein herrlicher Beitrag zu einem erfrischenden Sommer-Drink.
Ruby
Der einfache Ruby ist quasi das Einsteigermodell beim Portwein: Der Name ist seiner rubinroten Farbe entlehnt. Ist er aus mehreren jüngeren Jahrgängen vermählt, gilt der Ruby als einfacher Portwein, und ist insbesondere an seinen starken Fruchtaromen und der deutlichen Süße erkennbar. Es gibt auch Ruby-Portweine in besser Qualität – siehe unten. Ein Ruby lagert in der Regel zwei bis drei Jahre im Fass.
Tawny
Auch beim Tawny ist die Farbe wieder namensgebend. Die Nuancen reichen von granatrot, über kastanienrot bis zu bernsteinfarben. Der Tawny kommt nach zwei bis drei Jahren Reife in großen Tanks zusätzlich in kleinere Fässer – „pipes“ genannt – die mehr Luftaustausch ermöglichen und somit den Tawny schneller altern und leicht oxidieren lassen. Dadurch entstehen Aromen von getrockneten Früchten, aber auch Noten die an Nuss und Mandel erinnern.
Colheita
Ein Colheita – wörtlich übersetzt Ernte oder Lese – besteht aus Trauben nur eines einzigen Jahrgangs, weshalb eine Colheita oftmals als „Jahrgangs-Tawny“ umschrieben wird. Er lagert mindestens acht Jahre im Holzfass und ist anschließend sofort trinkbar, ohne zusätzliche Reife auf der Flasche.
Late Bottled Vintage – LBV
Dahinter steckt ein Jahrgangs-Port, der vier bis sechs Jahre Reifezeit im Fass verbringt. Meist wird ein LBV vor der Flaschenabfüllung gefiltert und ist dann sofort trinkfertig. Der nur selten hergestellte ungefilterte LBV benötigt dagegen noch zusätzliche Jahre der Flaschenreife.
Vintage Port
Eigentlich auch ein Ruby Port, der jedoch aus außergewöhnlich guten Jahrgängen hergestellt wird. Was ein gutes Weinjahr ist, entscheidet das Portwein-Institut, indem es nach durchschnittlichen, guten, sehr guten oder hervorragenden Jahrgänge unterscheidet. Der Vintage Port reift maximal drei Jahre im Fass (siehe Ruby), verlangt aber noch mindestens zehn Jahre Flaschenreife, bevor er ins Glas darf.
Wir verlassen die Portweinregion im Nordwesten der iberischen Halbinsel und springen in den südöstlichen Zipfel Spaniens. Im Städte-Dreieck Jerez de la Frontera, Puerto de Santa María und Sanlúcar de Barrameda liegt die Heimat des Sherrys. Der Name für diesen Likörwein ist der Stadt „Jerez“ de la Frontera entlehnt, auf Spanisch ist Sherry im allgemeinen daher einfach „jerez“.
Mehr zu Portwein in unserem Weinfreunde Podcast „Bei Anruf Wein“
Das kleine Einmaleins des Sherry
Auf meist sehr kalkhaltigen, sandigen, mitunter auch lehmhaltigen Böden wachsen dort die typischen Rebsorten für den Sherry, allen voran der Palomino Fino sowie Pedro Ximénez und Moscatel. Im Gegensatz zum Portwein werden die Weine zunächst ganz normal vinifiziert. Denn beim Sherry kommt der Branntwein erst in den bereits fertigen Wein. Branntwein in trockenen Wein? Wo kommt denn dann die Süße her, die man von einigen Sorten kennt? Die wird nachträglich zugesetzt und zwar durch Weine oder Most aus den Rebsorten Pedro Ximénez und Moscatel. Aber eigentlich sind Sherrys grundsätzlich trocken ausgebaut.
Zumeist lagern die verstärkten Weine ein Jahr in großen Tanks, bevor sie in das „Solera-System“ wandern – einer weiteren Besonderheit des Sherrys. Dahinter steckt ein Verfahren zum Reifen der Sherrys, aber auch zum Verschneiden der Jahrgänge. Die Fässer werden in Reihen übereinander angeordnet. Unten liegt das Solera-Fass mit dem ältesten Sherry, darüber die „Criaderas“ mit den jüngeren Jahrgängen. Die Abfüllung in Flaschen erfolgt nur aus den Soleras, wobei einem Fass maximal ein Drittel der Menge entnommen wird. Anschließend wird das Solera Fass aus dem darüber liegenden Criadera aufgefüllt, dieses wiederum vom nächst höher liegenden, so dass langsame Reife und Vermählung der Jahrgänge Hand in Hand gehen. Bei einigen Sherrys kommen gar zehn unterschiedliche Fassstufen zum Einsatz.
Um sich in den unterschiedlichen Stilistiken besser zurechtzufinden, folgen wiederum einige wichtige Begriffe aus der Sherry-Welt. Aber aufgepasst, wie schon für den Portwein gilt auch für den Sherry: Sie sind eine eigene Welt für sich, die man erst mit der Zeit erobert, indem man den Stilen und Aromen trinkend nachschmeckt. Was jedem Weinfreund allerdings liegen sollte. Fünf klassische Stilarten bilden die „Generosos“ beim Sherry:
Fino
Ein ganz heller, leicht gelblicher Sherry, der unter der „Flor“ genannten schwimmenden Hefeschicht im Fass gereift ist und daher keine oxidativen Noten aufweist. Der „Feine“, nichts Anderes meint das spanische „fino“, unter den Sherrys gibt zudem die Basis für die im Folgenden beschriebenen „Amontillado“ und „Palo Cortado“ ab.
Manzanilla
Dieser kamillefarbene Sherry ist eine Variante des Fino, die nur in Sanlúcar de Barrameda hergestellt wird. Besonderes Merkmal ist die große Nähe zum Atlantik, dessen Winde salzige, feuchte Luft in die Bodegas tragen. Dadurch erhält der Fino jene feinherben und durchaus salzigen Noten, die ihn zum Manzanilla machen.
Amontillado
Der Amontillado ist letztlich ein Fino, dessen Florschicht in den Fässern abstirbt und somit den Sherry in Kontakt mit Sauerstoff bringt. Dadurch erhält der Amontillado leicht oxidative Noten, aber auch seine eigene Aromenkomplexität, die an Haselnüsse erinnert.
Palo Cortado
Dieser Sherry-Stil ähnelt dem Amontillado. Da aber seine oxidative Phase nach dem Absterben des Hefeflors länger ausfällt, nähert er sich in Farbe und Geschmack dem Oloroso an.
Oloroso
Der Oloroso tanzt ein wenig aus der Reihe, denn seine Reife vollzieht sich ohne die schützende Hefeschicht an der Oberfläche. Daher fallen seine nussigen Aromen prägnanter aus, sie zeigen sich sofort in der Nase: weshalb dieser Sherry auch der „Duftende“ (spanisch oloroso) genannt wird.
Das sind die Klassiker des Sherrys, in Deutschland sehr beliebt sind noch der „Medium“ und der „Cream“. Beide zählen zu den „Vinos Generosos de Licor“ und sind Sherrys, die vor der Abfüllung mit natürlichen Süßweinen verschnitten werden. Als Sherry wird beim Medium ein Amontillado verwendet und für den Cream meist ein Oloroso.
Wer jetzt schon einmal für den Urlaub weinfreundschaftlich vortrinken will, dem sei ein Blick in unserem Shop empfohlen, wo wir genau für solche Zwecke ausgewählte Portweine bereit halten.