Napa Valley – die Spitze im Weinland USA, eine Region der Superlative
Am 23. Januar 2023 · von Sven ReinboldNördlich von San Francisco erstreckt sich auf acht Kilometern Breite, 50 Kilometern Länge das von zwei Hügelketten eingefasste Napa Valley – das Aushängeschild schlechthin nicht nur des kalifornischen, sondern des gesamten US-amerikanischen Weinbaus. Europäische Einwanderer legten den Grundstein für diese Region der Superlative. Heute beheimatet sie eine beispiellose Dichte an State-of-the-Art Weingütern auf engstem Raum. Weinfreund Sven träumt für uns den American Dream.
“Welcome to this world famous wine growing area”
Besucher der Region werden bei der Zufahrt ins Tal mit diesen Worten bereits sehr selbstbewusst begrüßt. Auf typisch amerikanische Art und Weise, könnte man sagen. Auf dem zur Legende gewordenen Straßenschild wird jedoch noch eine weitere Aussage getroffen: „… and the wine is bottled poetry“. Das klingt dann doch eher nach Alte Welt. Nicht wenige Stimmen sagen, dass dieser interkulturelle Diskurs bereits des Pudels Kern trifft. Die Traditionen der europäischen Weinkultur und die Verheißungen im Land der unbegrenzten Möglichkeiten im Napa Valley gehen seit fast zwei Jahrhunderten Hand in Hand.
Cabernet Sauvignon und Chardonnay – und so viel mehr
Chardonnay und Cabernet Sauvignon sind hier die Stars, Pinot Noir folgt auf dem Fuße und auch Merlot, Syrah wie Sauvignon Blanc sind mit von der Partie, was nur zu eindrücklich unterstreicht, dass man sich im Golden State vorwiegend mit der Grand Nation misst. Fairerweise muss man an dieser Stelle den Hinweis geben, dass sich in dieser Kette typisch französischer Rebsorten auch der Zinfandel einreiht, dessen Karriere bekanntlich erst in den USA Fahrt aufnahm, jedoch – zur Ehrenrettung der Alten Welt – einst ein Import eines österreichischen Einwanderers gewesen war und – nebenbei gesagt – als Primitivo auch eine italienische Geschichte geschrieben hat. Geschichte ist das Stichwort.
Wein im Napa Valley – ein typische Einwanderergeschichte
„Ich wollte, es wäre Nacht oder die Preußen kämen“. Die Schlacht bei Waterloo war schon einige Jahre geschlagen und Napoleon I. auf seinem Insel-Exil St. Helena bereits in die ewigen Jagdgründe aufgestiegen, als sich ein gebürtiger Preuße der Worte von General Wellington entsann. Karl Krug aus dem nordhessischen, und darum auch preußischen Trentleburg, war bereits im Jahr 1847 dem Ruf des Goldes gefolgt. Als Charles Krug ging er 1860 die Ehe mit einer vermögenden Amerikanerin ein, deren Mitgift in 210 Hektar Land nördlich des kalifornischen St. Helena bestehen sollte. Schicksal, Fügung?
Zwei Jahre später wurde in St. Helena der Grundstein der Charles Krug Winery mit zunächst 15 Hektar Rebfläche gelegt. Charles pflegte in der Folge enge Kontakte zu anderen deutschen Einwanderern. Karl Wente, die Beringer Brüder und Gustav Niebaum sollten dank seiner Inspiration und Förderung ebenso zu Winzern werden – und viele sollten ihrem Beispiel folgen. Schon in den 1880er-Jahren waren 140 Kellereien in der Region heimisch geworden. Auf den Goldrausch war die erste große Blüte des Weinbaus im Napa Valley gefolgt.
Von der Reblaus zum Opus One – eine Erfolgsgeschichte
Die kalifornischen Weine, insbesondere jene aus dem Napa Valley, waren bereits international und wortwörtlich in aller Munde, als die Erfolgsgeschichte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein vorläufiges Ende fand. Reblaus-Katastrophe, Prohibition, Börsencrash und Wirtschaftskrise, Zweiter Weltkrieg – das war in kürzester Zeit zu viel des Schlechten und führte in eine schwere Krise, die bis in die 1960er-Jahre andauern sollte.
Neben Pionier Charles Krug reiht sich dann ein weiterer Name in die Ahnengalerie des Napa Valley ein: Robert Mondavi. Er übernimmt 1966 das ehemalige Weingut des deutschen Pioniers und schafft nicht nur dort die Trendwende. Als dynamischer Antreiber der regionalen Weinwirtschaft führt er das ganze Valley in den folgenden Jahrzehnten dorthin, wo es heute steht: an der Spitze des Weinlandes USA – und auf Augenhöhe mit dem ruhmreichen Bordeaux.
Dort, wo die Konkurrenz die stärkste ist, findet Mondavi auch gute Partner. In Zusammenarbeit mit Baron Philippe de Rothschild wird die Opus One Winery in Oakville gegründet, die mit dem gleichnamigen Wein ab 1979 den Mythos der kalifornischen Bordeaux-Blends entscheidend begründet – und das Napa Valley endgültig auf den Triumphwagen der internationalen Weinwelt hebt.
Napa Valley Weine – Vielfalt für Kenner und Genießer
Fein aber klein. Mit 15.000 Hektar bestockter Rebfläche ist das für seine herausragende Qualität bekannte Napa Valley eine vergleichsweise kleine Weinregion. Berücksichtigt man die 400.000 Hektar im gesamten Weinland USA, wird dies überdeutlich. Die natürlichen Voraussetzungen entlang des Napa River sind geradezu ideal, aufgrund von sehr heterogenen Bodenbeschaffenheiten repräsentieren die Napa-Valley-Weine jedoch weniger eine durchgängige Stilistik, denn eine beeindruckende Vielfalt. Grund dafür ist der Pazifische Ozean, der sich einst über das gesamte Gebiet erstreckte und unerhört differenzierte Ablagerungen hinterließ.
Auch das Klima im Napa Valley zeigt sich subregional in zahlreichen Facetten. Südlich der Stadt Napa grenzt die Region fast an die San Pablo Bay. Der mäßigende Einfluss des Meeres auf Temperaturen begünstigt hier den Anbau von Pinot Noir und weißen Rebsorten, allen voran natürlich Chardonnay. Im mittleren Teil des Tals zwischen Oakville und St. Helena lässt der ozeanischen Einfluss nach – es ist schon deutlich wärmer – hier ist man ganz im Cabernet Sauvignon-Land. Im nördlichen Abschnitt gewinnen Syrah, Merlot und Zinfandel an Bedeutung.
Mit Rücksicht auf die vielfältige Weinwelt der Region wurden bereits im Jahr 1981 fünfzehn der Regionalappellation Napa Valley untergeordneten AVAs (American Viticultural Area) gebildet, um die Charakteristik der jeweiligen Subregionen besser herauszuarbeiten. Wie so häufig bei regulativen Eingriffen dieser Art gab es nicht nur Zuspruch. Insbesondere im nördlichen Teil des Valleys kennzeichnen einige Weingüter bevorzugt die Regionalappellation Napa Valley anstatt die jeweilige AVA.
Kalifornien-Trip? Napa Valley Weintour!
Die heute mehr als 300 Weingüter der Region haben das Napa Valley zu einem touristischen Hotspot avancieren lassen. Drei Millionen Besucher machen sich Jahr für Jahr in das gelobte Weinland auf. Nicht wenige von ihnen gönnen sich dabei das Vergnügen, mit dem Napa Valley Wine Train auf Erkundungsreise zu gehen. Auf der dreistündigen Fahrt passiert der Zug insgesamt 33 der angesehensten Weingüter der Region. Darunter natürlich die erwähnten Wineries aus dem Mondavi-Imperium, wie auch das renommierte Haus Inglenook, welches sich seit Langem im Besitz von Regie Godfather Francis Ford Coppolla befindet. In Amerika ist nun mal alles ein wenig größer und denkt man dabei an Wein, wird diese Größe nirgendwo eindringlicher gezeigt als im Napa Valley.