Marsala: mehr als ein Kochwein
Am 12. November 2019 · von WeinfreundeDer Marsala Wein hat schon bessere Tage gesehen. Statt in der Bar oder im Weinkeller seinen Platz zu finden, wird er zumeist in die Küche verbannt. Muss nicht sein, meinen wir, und klären auf.
Sizilien ist angesagt unter Weinfreunden. Die italienische Insel hat in den vergangenen Jahren ordentlich an ihrem Ruf in der Weinwelt gearbeitet. Rotweine aus der einheimischen Rebsorte Nero d’Avola oder Weißweine aus aromatischem Grillo stehen für das beträchtlich gewachsene Interesse an der Weinregion. Allein der Marsala Wein bleibt vom sizilianischen Aufstieg ausgespart. Traurig bereits, dass Viele den Likör- und Dessertwein nur aus der Küche kennen, wo er wegen seiner Süße direkt in der Nachspeisen-Abteilung gelandet ist. Anders ausgedrückt: Der Marsala hat schon deutlich bessere Tage gesehen.
Was genau ist Marsala?
Der Marsala Wein hat eigentlich zwei Gesichter. So gibt es Qualitäten, denen bei der Herstellung gespriteter, also mit Alkohol versetzter, Most zugegeben wird. Solch ein Marsala Wein ist streng genommen zu den Likörweinen oder gespriteten Weinen zu rechnen. Seine näheren Verwandten sind demnach Portwein, Sherry & Co. Dagegen ist bei der besten, und nur trocken ausgebauten Marsalaqualität, Vergine oder Soleras genannt, das Aufspriten ebenso verboten wie das Süßen. Dieser Marsala-Typ gleicht damit eher einem Dessert- oder Süßwein wie zum Beispiel einem Sauternes.
Wie wird Marsala hergestellt?
Am Anfang steht ein ganz normaler Wein, je nach Marsala-Typ ist dies eine unterschiedliche Cuvée aus den zugelassen weißen und roten Trauben. Zu den weißen Reben zählen neben Grillo und Inzolia auch Catarrato Bianco und Damaschino. Für die roten Rebsorten-Vermählungen verwendet man Nero d’Avola, Nerello Mascalese, Nerello Capuccino und Pignatello.
Bestimmend für die Cuvée ist, welchem der drei Farbtypen der Marsala entsprechen soll. Die beiden helleren Varianten Oro (hell, golden) und Ambra (hell, bernsteinfarben) werden ausschließlich aus den weißen Rebsorten hergestellt. Dagegen entsteht der Rubino genannte Typ (rubinfarben) nicht nur aus roten Trauben. Er darf bis zu 30 Prozent weiße Trauben enthalten.
Unabhängig von der Farbe kommt der Art des Ausbaus eine besondere Rolle zu. Trocken ausgebaute Marsalas (Secco) weisen unter 40 Gramm Restsüße pro Liter auf. Der Süßegrad Semisecco enthält 40 bis 100 Gramm pro Liter, alles darüber wird als Dolce bezeichnet. Welchem Wein nun Mosto Cotto“zum Süßen oder gespriteter Most beigegeben wird, bestimmt die Qualitätsstufe des Marsala. Mosto Cotto ist eingekochter Most, der aufgrund der verdampften Flüssigkeit deutlich süßer ist. Der mit Alkohol versetzte Most wird dagegen Sifone genannt.
Welche Marsala Qualitäten gibt es?
Fünf Qualitätsstufen sieht die DOC Marsala vor. Der am meisten hergestellte, aber oft nicht überzeugende Marsala ist der Fine. Die meist einfachen Weine müssen nur ein Jahr reifen – aber nicht unbedingt im Holzfass. Sie besitzen mindestens 17 Prozent Alkoholvolumen und ihnen darf sowohl Mosto Cotto als auch Sifone zugesetzt werden.
Die nächsten Qualitäten heißen Superiore und Superiore Riserva. Der Mindestalkoholgehalt beträgt 18 Prozent und zum überwiegenden Teil werden diese Marsala süß ausgebaut. Die Verwendung von Sifone und Mosto Cotto ist grundsätzlich gestattet. Der Superiore verbringt mindestens zwei Jahre Reife im Holzfass, beim Superiore Riserva sind es gar vier Jahre.
Die besten Marsala tragen stolz das Vergine oder Solera auf dem Etikett. Sie werden grundsätzlich trocken ausgebaut, Süßen und Aufspriten sind untersagt. Bei diesem Typ werden unterschiedliche Qualitäten, aber auch Jahrgänge miteinander verschnitten – durchaus vergleichbar dem Solera-System beim Sherry. Mitunter schließen sich noch die Bezeichnungen Riserva oder Stravecchio an – erneut liegt der Unterschied in der Reifezeit. Vergine/Solera reifen mindestens fünf Jahre im Fass, bei Vergine/Solera mit Zusatz Riserva oder Stravecchio beträgt die Mindestreife zehn Jahre.
Was steht alles auf dem Etikett eines Marsala?
Zugegeben, es ist auf den ersten Blick nicht ganz einfach, aber mit einer kleinen Formel kommt man immer weiter. Im Prinzip liefert das Etikett immer drei Infos zum Wein: Qualitätsstufe + Farbe + Süßegrad wie zum Beispiel „Marsala Fine Ambra Semisecco“ oder „Marsala Superiore Riserva Oro Dolce“. Mitunter tauchen noch die Angaben SOM (Superior Old Marsala), GD (Garibaldi Dolce) oder LP (London Particular) bei den Superiore-Marsala auf. Aber das können wir an dieser Stelle vernachlässigen.
Woher kommt der Name Marsala?
Ganz ähnlich dem Portwein oder dem Madeira steckt im Namen die Herkunft des Likörweins. Marsala ist nämlich eine Hafenstadt in der sizilianischen Provinz Trapani. Der Name Marsala geht auf das arabische „Marsah-el-Allah“ zurück und bedeutet in etwa „Hafen Gottes“. Doch die „Erfindung“ des Marsala ist deutlich jüngeren Datums. Als im 18. Jahrhundert die Hersteller von Portwein und Sherry die stetig wachsende Nachfrage nicht mehr bedienen können, kommt der Engländer John Woodhouse 1773 auf die Idee, die besonders süßen Weine Siziliens ebenfalls aufzuspriten. Woodhouse kannte sich mit den Methoden der Portwein- und Sherry-Herstellung gut aus und so gelang es ihm, nicht nur ordentlich Geld zu verdienen, sondern quasi eine neue Kategorie der Likörweine ins Leben zu rufen.
Ist Marsala Wein nun mehr als ein Kochwein?
Allerdings! Insbesondere die trocken ausgebauten Qualitäten mit langer Reife bestechen mit unglaublicher Aromentiefe. Dennoch dürfte es der Marsala auch in Zukunft schwer haben, der Küche zu entkommen. Seine Süße und der viele Alkohol stehen dem Trend nach Leichtigkeit und trockenem Ausbau zu sehr im Weg.
Kurioses Detail am Rande: Zumindest die alten Marsala-Fässer sind heiß begehrt. Gern greifen Whiskybrenner auf die „aromatisierten“ Fässer zurück, wenn es um besondere Noten beim Finishing der Destillate geht. Doch ist dies kaum ein Trost für den Marsala.