Malvasia: lebendige Legende mit süßer Herkunft

Am 2. September 2019 · von Jürgen Overheid

Einfach nur eine alte Rebsorte mit klangvollem Namen oder doch mehr als das? Weinfreund Jürgen Overheid geht dem Geheimnis von Aroma und Süße auf den Grund.

Schon in dem einen oder anderen Magazin-Beitrag haben wir uns staunend der wunderbar verwirrenden Welt der Rebsorten hingegeben. So wissen wir nun mehr über die vielen Namen für ein und dieselbe Rebsorte und haben uns auf die schwierige Suche nach einem Stammbaum aller Rebsorten begeben. Als wir uns dem Muskateller zugewandt haben, bot sich eine weitere Gelegenheit, über die komplizierten Verwandtschaftsverhältnisse in der Rebsortenwelt zu stutzen.

Davon gibt es nun mehr, wenn wir uns mit dem Malvasia, Malvasier, Malvoisie oder Malmsey beschäftigen. Denn die scheinbare Gewissheit, dass Rebsorten, die den Malvasia im Namen tragen, auch genetisch etwas miteinander zu tun haben, ist trügerisch. Mindestens 25 Rebsorten sind bekannt, in deren Namen sich der Malvasia wiederfindet. Doch mitnichten handelt es sich dabei um eine echte Rebsorten-Familie, die ihre Verwandtschaftsverhältnisse klar nachweisen kann. Deshalb braucht es einen ordnenden Ruf von der Seitenlinie.

Monemvasia: griechische Herkunft

Aller Namensgleichheit zum Trotz handelt es sich beim Malvasia eher um einen ähnlichen Typus von Wein und nicht um genetische Verwandtschaft. Dieser Weintypus hat sich bereits im Mittelalter ausgebildet und dann mehrere Rebsorten für sich vereinnahmt. Klingt kompliziert, ist es aber nicht.

Beginnen wir mit dem Namen, der sich aller Wahrscheinlichkeit von der griechischen Stadt Monemvasia herleitet. Der besonders aromatische und vor allem süße Wein, den man mit der Stadt auf der Peleponnes verband, weckte nämlich nicht nur die Begehrlichkeiten mittelalterlicher Weinfreunde. Auch als internationale Handelsware war dieser Wein von großer Bedeutung, was sich vor allem die Venezianer zu Nutze machten. Die große Mittelmeermacht lässt alsbald den Wein auf der Insel Kreta anbauen, um ihren eigenen Malvasia herzustellen. Ob bereits zu diesem Zeitpunkt andere Rebsorten als die originalen aus Monemvasia verwendet werden, ist nicht zweifelsfrei zu klären – aber sehr wahrscheinlich. Seinem Ruf als köstlicher, süßer Wein von besonderer Güte tut dies keinen Abbruch. In Venedig heißen zu jener Zeit sogar die Weingeschäfte „Malvasia“.

Malvasia Trauben an der Rebe

Malvasia hat einen Ruf als köstlicher und süßer Wein von besonderer Güte.

Letztlich lebt dieser Ruf bis heute in Süß- und Dessertweinen, aber auch den gespriteten Weinen fort. Aber nicht so schnell: Es ist exakt die schwere Süße, die im Mittelalter gefällt. Allen voran Martin Luther, der mehrfach in seinen Schriften auf den Malvasia zu sprechen kommt – und nie schlecht. Allerdings gilt für den Reformator wie auch für Nobelpreisträger Thomas Mann, der in den „Buddenbrooks“ eine „Bouteille Malvasier“ aus dem Keller holen lässt: Welcher Rebsorte genau sie als Malvasia huldigten, war ihnen wahrscheinlich selbst nicht klar.

Die Erben des Malvasia: Dessertweine und Likörweine

Zurück ins heutige Geschehen. Ist in diesen Tagen von einem Malvasia die Rede, handelt es sich zumeist um einen Süß- oder Dessertwein oder auch einen Likörweine, ebenfalls gespriteter Wein genannt. Das gilt für den berühmten Madeira mit dem Malmsey – so die eigentlich in England geprägte Bezeichnung für den Malvasier auf der Atlantikinsel. Malvasia und Trebbiano sind die Reben, aus denen in der Toskana Vin Santo hergestellt wird. Doch da die Freunde dieses Süßweins rar geworden sind, wird der Malvasia dort auch als Weißwein (IGT Galestro) ausgebaut. Ganz ähnliche Geschichten ließen sich aus Istrien (Malvazija) berichten, von den Inseln Mallorca und Lanzerote, aber auch aus der Rioja. Dort war der Malvasía lange Zeit die wichtigste weiße Rebsorte. Mittlerweile hat ihr jedoch die deutliche frischere und mit mehr Säure ausgestattet Viura zwar den Rang abgelaufen, aber immer noch werden am Ebro exzellente Malvasía de Rioja hergestellt.

Malvasia ist ein optimaler Dessertwein

Malvasia ist eine Rebsorte, die sich in vielen Dessertweinen finden lässt

Selbst in Deutschland ist der Malvasier wieder zuhause. Der Frührote Malvasier, der schon Luther zum Schwärmen verführte, wird mittlerweile in sehr kleinen Mengen auch wieder in Rheinhessen angebaut – und zwar Dank des Reformators. Denn das 500. Jubiläum der Reformation nahmen dort einige Winzer zu Anlass, den Malvasier wieder ins Sortiment einzuführen.

Das Talent, das heutzutage am Malvasier geschätzt wird, ist seine besondere Aromatik und weniger die Süße, die er hervorbringt. Das ist seine Gelegenheit für ein Comeback, indes der Konsum von Dessert- und Likörweinen weiter rückläufig ist. Es braucht also ein neues Bekenntnis zum Malvasier. Solcher Todernst, wie ihn George Plantagenet, der erste Duke of Clarence, walten ließ, ist allerdings etwas übertrieben. George Plantagenet war der Bruder des englischen Königs Edward IV., der als Hochverräter zum Tode verurteilt wurde, sich die Art der Hinrichtung allerdings frei aussuchen durfte. Der Legende nach entschied er sich daraufhin für das Ertränken in einem Fass Malvasia-Wein, dem damals so genannten „Wein der Könige“.

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