Lagrein: heimlicher Rotwein-Star aus Südtirol
Am 25. Mai 2024 · von WeinfreundeLagrein gibt es fast ausschließlich in Südtirol. Früher eine Rebsorte für große Mengen macht der Lagrein mittlerweile mit Qualitäten von sich reden, die in der ersten Liga der Rotweine mitspielen. Über das Comeback einer alten, autochthonen Rebsorte.
Im Werdegang des Lagreins lassen sich ein wenig die Wandlungen des Weinbaus ablesen. Der Lagrein zählt mit dem Blauburgunder (Spätburgunder) und dem Vernatsch – auch als Schiava und Trollinger bekannt – zu den wichtigsten roten Reben Südtirols. Der Name Lagrein leitet sich mutmaßlich vom italienischen Vallagerina ab, womit der südliche Teil des Etschtals gemeint ist. Unstrittig dagegen, dass es sich beim Lagrein um eine autochthone, sprich einheimische, Rebsorte der Region handelt. Bereits 1379 findet der Name erstmals schriftlich Erwähnung – obgleich damit wohl eher der weiße Lagrein gemeint war. Dazu später mehr.
Bozen und Gries: woher kommt Lagrein?
Die Talsohle rund um die Stadt Bozen mit bekannten Weinorten wie Gries ist die eigentliche Heimat des Lagreins. Doch auch Kaltern, Tramin, Eppan und Auer sind für außergewöhnliche Lagrein-Weine aus Südtirol bekannt. Außerhalb Südtirols trifft man nur selten auf die Rebsorte. Von den weltweit 850 Hektar, die mit Lagrein bestückt sind, entfallen rund 530 Hektar (Stand 2022) auf das Alto Adige alias Südtirol. Im benachbarten Trentino finden sich noch Weinberge, ansonsten ist eher von Versuchspflanzungen zu sprechen – unter anderem auch in Baden.
Unklare Familienverhältnisse: von wem stammt Lagrein ab?
Obgleich erste DNA-Untersuchungen vorliegen, ist die genaue Abstammung des Lagreins bislang nicht komplett geklärt. Sicher ist, dass die Rebsorte Teroldego zu den Eltern zählt. Der zweite Elternteil ist zumindest mit der Rebsorte Vernatsch (Schiava, Trollinger) verwandt. Der Vergleich mit Weinen aus Teroldego aus dem benachbarten Trentino ist daher eine gute Gelegenheit, den Verwandtschaftsverhältnissen geschmacklich nachzuspüren.
Wachstumsstark und wärmeliebend: was zeichnet Lagrein aus?
Über Jahrhunderte hinweg schätzen die Weinbauern den Lagrein als stark wachsende und damit ertragreiche Rebe. Zudem ist die Rebe recht robust und wenig anfällig für Krankheiten. Die Weine werden zumeist mit anderen Rebsorten verschnitten, doch die Menge steht bei den historischen Lagrein-Weinen klar im Vordergrund. Dennoch ist die Rebe in den 1970er-Jahren nahezu verschwunden, viele Weingärten fallen dem Wachstum der Stadt Bozen zum Opfer. Als sich Ende der 1980er immer mehr Südtiroler Kellereien von der reinen Mengenproduktion abwenden und strikt auf Qualität setzen, legt der Lagrein ein veritables Comeback hin.
Karge Böden & strenge Erziehung: wo wachsen die Top-Weine aus Lagrein?
Der Lagrein bringt auf kargen Böden mit hohen Kies- und Schotteranteile besonders dichte, elegante Weine hervor. In den besten Lagen bekommt der spät reifende Lagrein genügend Zeit, um die typischen dunklen Fruchtaromen sowie reife Gerbstoffe auszubilden. Der Rebe tut zudem eine Strenge Ertragsreduzierung gut, um weniger, aber dafür extraktreiche Trauben zu lesen. Grüne Lese heißt daher die Devise bei den Kellereien, die sich um das Beste des Lagreins bemühen. Konsequenterweise erfahren die Weine noch einen Ausbau im Barrique und/oder großen Holzfass, doch dann können sie sich mit den besten Rotweinen anderer Weinregionen messen. Ein als Riserva gekennzeichneter Wein kann mindestens ein Jahr Reife im Holzfass vorweisen.
Wein im Glas: Wie schmeckt Lagrein?
Zunächst fällt die dunkle Farbe des Lagreins auf, der mit dichtem Granatrot im Glas funkelt. Jüngere Weine zeigen oft einen leicht violettfarbenen Rand. Der Lagrein besticht mit Fruchtaromen von dunklen Beeren und Kirschen, die mal saftig, und bei gereiften Exemplaren leicht gedörrt ausfallen können. Der Wein zeigt sich voll und elegant im Mund und dank ausreichender Säure mit frischem Unterton. Dazu gesellen sich Veilchen und ein wenig Gewürze, mitunter auch Schokoladentöne. Mit mittlerer Struktur ausgestattet und weichen Tanninen gefällt der Weine mit Fülle und empfiehlt sich als exzellenter Essensbegleiter.
Wein und Essen: Was passt zum Lagrein?
Als erste Orientierung beim Pairing hilft stets der Blick auf die Speisekarten in der Heimat eines Weins. Im Fallen von Lagrein und Südtirol sind als erstes Schinken, Speck oder kräftige Käse zu nennen. Generell eignet sich der Lagrein als Weinbegleitung zu rotem Fleisch, gern auch Wild. Also keine schlechte Idee, einen gereiften Lagrein zum großen Steak vom Grill oder einem herbstlichen Schmorgericht aufzufahren.
Angeberwissen Lagrein: nicht verwechseln!
Lagrein meint mittlerweile wie selbstverständlich den „Blauen Lagrein“, also die dunkle Rebsorte. Über Jahrhunderte hinweg bezeichnet Lagrein aber eher eine Weiße Rebsorte. Wahrscheinlich ist damit die Sorte Savagnin Blanc, auch Traminer genannt, gemeint. Sicher ist jedoch, dass der dunkle und der weiße Lagrein genetisch nicht miteinander verwandt sind. Lagrein ist auch in diesem Falle eher wie eine Art Herkunftsbezeichnung einer autochthonen Rebe zu verstehen.