Crianza, Reserva & Co.: Klassifikation in der Rioja
Am 8. Mai 2020 · von Daniel MünsterWir haben uns im Magazin bereits mit den Faktoren beschäftigt, die für eine hohe Weinqualität sorgen. Dort klang bereits an, dass ein Qualitätsfaktor der Ausbau des Weines im Holzfass ist. Grund genug, sich der Reife im Holz nochmals ganz explizit zu widmen. Und wenn es ein Weinland gibt, bei dem der Einsatz von Holz ganz eng mit der offiziellen Klassifikation – den Qualitätsstufen – verbunden ist, geht kein Weg an Spanien vorbei. Hier wiederum nimmt die Region Rioja eine Sonderstellung ein: Nach jüngsten Veränderungen im Reglement dieses Weinbaugebiets, bringt uns Daniel wieder auf Stand.
Vorbild und Vorreiter der spanischen Weinklassifikation ist wohl schon immer die bekannteste Weinregion des Landes, die Rioja, gewesen. Daher verwundert es wenig, dass sich andere von gereiften Rotweinen geprägte Gebiete wie beispielsweise Ribera del Duero ganz eng an dieser Einteilung orientieren.
Alt bewährt und neu geregelt: die Klassifikationsstufen
Sich diesem Thema noch einmal zu widmen, ist um so wichtiger, da erst im Jahr 2019 einige grundlegende Änderungen an dem Klassifikationssystem der Rioja vorgenommen wurden. Dabei haben die Reformen eines im Blick: Die Qualität der produzierten Weine hängt nicht mehr nur von der simplen Dauer des Holzausbaus. Crianza, Reserva, Gran Reserva – so haben wir es doch gelernt. Mehr Transparenz und mehr Unterscheidung sind beabsichtigt.
Ein weiser Schritt, den jeder Weinfreund begrüßen wird, sind es doch deutlich mehr Faktoren, die über die Qualität eines Weines entscheiden als nur die Reifezeit. So wird ab sofort in der Rioja den mikroklimatischen Voraussetzungen sowie den günstigen Eigenschaften von Einzellagen ein größerer Stellenwert eingeräumt. Damit rückt also das Terrain noch stärker in den Blick.
Zwar haben die mit dem Holzausbau in Verbindung stehenden Bezeichnungen Crianza, Reserva und Gran Reserva nach wie vor einen hohen Stellenwert, doch gibt es auch einige Neuerungen, die ab sofort auf den Etiketten der Weine zu finden sind und bei der ersten Beurteilung des Weines helfen. Aber der Reihe nach. Im Folgenden möchte ich zunächst den aktuellen Stand der mit der Reife im Holzfass in Verbindung stehenden Bezeichnungen widergeben. Im Anschluss gehe ich dann auf die Neuerungen ein.
Joven
Die erste Überraschung ist, dass die Bezeichnung dieser „Jungweine“ offiziell abgeschafft wurde. Ob weiß, rot oder rosé: Diese vormals als „Joven“ klassifizierten Weine tragen nun nur noch die Bezeichnung „Garantía de Origen“ auf dem Etikett. Was sich nicht geändert hat: Diese Weine kommen schon wenige Monate nach der Lese auf den Markt und zeichnen sich durch ihren besonders fruchtigen Charakter aus. Selbst wenn diese Weine eine kurze Zeit im Holz verbringen, sind es doch Weine für den sofortigen Genuss. Rund 40 Prozent aller Weine in der Rioja werden auf diese Art und Weise produziert – quasi die neue und alte Einstiegsqualität in der Region.
Crianza
Der Holzausbau von Rotweinen in 225 Liter fassenden Barriques ist in Spanien – aber vor allem in der Rioja – ein regelrechtes Kulturgut. Dafür kommt sowohl französisches, aber vor allem auch amerikanisches Eichenholz zum Einsatz. Für alle als Crianza bezeichneten Rotweine ist nach wie vor eine Reifezeit von mindestens 24 Monaten vorgeschrieben. Zwölf Monate davon muss der Wein im Holzfass reifen. Die übrige Zeit kann der Wein vor Veröffentlichung auch in der Flasche lagern (Flaschenreife). Die seit 2019 gültige Neuerung ist, dass nun Rosé- und Weißweine nur noch 18 Monate reifen müssen und davon nur sechs Monate im Fass. Zuvor waren es ebenfalls insgesamt 24 Monate. Als Crianza bezeichnete Weine machen immerhin 40 Prozent der Gesamtproduktion in der Rioja aus.
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Reserva
Die als Reserva bezeichnete, nächsthöhere Qualitätsstufe ist rasch erklärt: Die Rotweine müssen insgesamt 36 Monate, also drei volle Jahre reifen, davon mindestens zwölf Monate im Fass. Für Weiß- und Roséweine sind es jedoch nur 24 Monate mit mindestens sechs Monaten im Eichenholzfass. Auch Schaumweine dürfen als Reserva gekennzeichnet werden, sobald sie mindestens zwei Jahre auf der Feinhefe verbracht haben. Rund 15 Prozent aller Weine aus der Rioja tragen zählen zur Qualitätsstufe Reserva.
Gran Reserva
Diese Weine bilden in Bezug auf den Holzausbau die qualitative Spitze. Nur drei Prozent aller Weine aus der Rioja sind als Gran Reserva klassifiziert. Wenig verwunderlich, denn der Aufwand ist hoch. Die Rotweine müssen fünf Jahre, sprich mindestens 60 Monate reifen. Für zwei Jahre davon ist die Zeit in kleinen Holzfässern Pflicht. Und selbst Weiß- und Roséweine gibt es in der Gran Reserva Ausführung. Diese sehr seltenen Weine müssen mindestens sechs Monate ins Fass und weitere 54 Monate in der Flasche reifen.
Gran Añada
Diese Klassifizierung gilt exklusiv für hochwertige Schaumweine. Laut den neuen Bestimmungen müssen dafür alle Trauben per Hand geerntet werden. Zudem muss der Wein mindestens drei Jahre auf der Feinhefe reifen.
Mehr Transparenz durch neue Bezeichnungen
Diese Vorschriften verändern nur geringfügig die Klassifikationen, die bereits seit Jahrzehnten Gültigkeit haben. Weitaus spannender wird es bei den Qualitätskriterien, die im Jahre 2019 durch den Consejo Regulador Rioja (die oberste lokale Weinbehörde) komplett neu etabliert wurden. Es handelt sich um zusätzliche Bezeichnungen auf den Etiketten, die neben den Informationen zum Holzausbau, auch Auskunft zur genauen Herkunft (Lage), dem Alter der Reben sowie der Produktionsmenge geben. Wie schon bei früheren Änderungen in der Rioja, ist davon auszugehen, dass diese Neuregelungen auch in anderen spanischen Weinregionen Einzug erhalten werden. Den Weinfreund soll es recht sein, wie die weiteren Ergänzungen des Statuts zeigen.
Viñas Viejas
In der Rioja darf nun nicht mehr wahllos von „Alten Reben“ gesprochen werden. Weine mit dieser Bezeichnung müssen mindestens 90 Prozent Trauben enthalten, die von 35 bis 100 Jahre alten Rebstöcken stammen.
Viñas Centenarias (auch Viñas Prefiloxéricas)
Weine mit dieser Bezeichnung werden zu 90 Proznet aus Trauben produziert, die älter als 100 Jahre sind (Centenarias). Oder die Reben müssen nachweislich vor der Reblaus-Katastrophe (Phylloxera), das heißt gemäß Regel vor 1900 gepflanzt worden sein.
Viñedos de Altura
Weine mit diesem Zusatz müssen zu mindestens 90 Prozent Trauben enthalten, die in Höhenlagen von mindestens 550 Metern über Meeresspiegel angebaut werden.
Madurados en Bodegas
Bezeichnung für Weine, die auf dem eigenen Weingut ausgebaut werden. Dabei darf keinerlei Hinweis auf den Ausbau in Holz erfolgen, um Verwechslungen mit der althergebrachten Klassifikation zu vermeiden.
Ediciones (auch Colecciones Seleccionadas y Limitadas)
Ein Hinweis auf eine nur kleine Produktionsmenge. Dieser Zusatz darf nur verwendet werden, wenn auch die Produktionsmenge auf dem Etikett angegeben wird.
Viñedos en Propiedad
Die Weine mit dieser Bezeichnung müssen aus mindestens 90 Prozent Reben hergestellt werden, die sich im Besitz des Weingutes befinden. Zudem müssen die Weinberge in den vergangenen zehn Jahren durchgehend von dem gleichen Weingut bewirtschaftet worden sein.
Embotellados en la Propiedad
Bei dieser Bezeichnung muss der Wein nicht nur von Weinbergen stammen, die sich im Besitz des Weingutes befinden, sondern dort auch auf die Flaschen gefüllt werden.
Con Lías / Hormigón / Tinajas de Barro
Diese Begriffe bieten Rückschlüsse auf ein spezielles Herstellungsverfahren, das nichts mit dem Ausbau in Holz zu tun hat. Der Begriff Lías beschreibt eine Reifezeit auf der Feinhefe. Hormigón kennzeichnet Weine, die im Betontank ausgebaut wurden und Tinajas de Barro steht für Weine, die in Keramikgefäßen (zum Beispiel Terrakotta) vinifiziert wurden.
Viñedos Singulares
Diese Bezeichnung entspricht den deutschen „Einzellagen“ oder den englischsprachigen „Single Vineyards“. Auf diese Weise wird es nun auch spanischen Winzern ermöglicht, kleine Herkunftsbereiche wie Gemarkungen, Gemeinden und Weinberge auf den Etiketten als Qualitätsmerkmal aufzuführen. So lassen sich Weine in Hinblick auf ein spezielles Mikroklima und/oder der besonderen Bodenbeschaffenheit kennzeichnen.