Andrés Alonso: Wein des Jahres 2022

Am 11. Februar 2022 · von Stefan Behr

Wir haben mit Carlos Ruben den Önologen unseres Wein des Jahres 2022 zum Gespräch getroffen. Ein Fall für Stefan Behr, der die ganze Entstehungsgeschichte des „Andrés Alonso“ begleitet hat.

Bereits zum siebten Mal stellt Weinfreunde einen Wein des Jahres vor. Dabei handelt es sich nicht um einen Wein, der als bester in einem Wettbewerb erfolgreich war. Unser Wein des Jahres ist vielmehr die exklusive Auflage eines eigenen Weines, den wir in direkter Zusammenarbeit mit einem Winzer unserer Wahl erzeugen. Jedes Jahr aufs Neue machen wir uns auf diese spannende Reise, die zunächst mit der Ausschau nach interessanten Weingütern und Weinmachern beginnt. Bei unserem ersten Wein des Jahres führte uns der Weg 2016 mit dem Tres Reyes Tempranillo Syrah nach Spanien. Es folgten Weine aus Frankreich und Italien, doch der Wein des Jahres 2022 kommt erneut aus Spanien.

Aufsteigerregion Calatayud

Spanien ist immer eine gute Adresse, wenn es um tolle Weine zu fairen Preisen geht. Ein Grund dafür liegt in dem großen Reichtum an Regionen, die beste Voraussetzungen für den Weinbau mitbringen. So sind es immer neue geschützte Herkunftsbezeichnungen, die in der Weingemeinde für Aufsehen und Begeisterung sorgen. Zu diesen aufsteigenden Weinregionen zählt ohne Zweifel auch die Denominación de Origen Protegida – kurz DOP – Calatayud im Nordosten des Landes.

Benannt ist das Anbaugebiet nach der kleinen Stadt Calatayud. Die Weinberge reichen hier bis zu 1000 Meter hoch. Wichtig angesichts des kontinentalen Klimas mit heißen Sommern und kalten Wintern. Denn so finden während der heißen Sommermonate die Reben in den deutlich kühleren Nächten die notwendige Erholung. Schiefergestein und kalkhaltige Mergelböden sowie in tieferen Lagen Lehm- und Kieselböden komplettieren das ideale Weinbaupanorama. Die DOP Calatayud ist Garnacha-Land, fast zwei Drittel der Rebflächen nimmt die in Frankreich als Grenache bekannte Rebsorte ein.

Ruben Carlos: La voz de Garnacha

Kann es eine bessere Herkunft für einen Wein des Jahres geben? Kaum, vor allem nicht, wenn man mit Carlos Ruben einen legendären Weinmacher an seiner Seite weiß. Für Carlos, der in Spanien ehrfurchtsvoll die „Stimme des Garnacha“ genannt wird, ist die Rebsorte sogar wichtiger Bestandteil des spanischen Weinerbes. Seine Begeisterung überträgt sich auf seine Weine, die mit wunderbarer Eleganz und Frische sowie eindringlichen Fruchtaromen aufwarten.

Stefan von Weinfreunde mit Winzer Carlos Ruben

Stefan von Weinfreunde (l.) im Gespräch mit Andrés Alonso Winzer Carlos Ruben der Bodegas Raíces Ibericas (r.).

Grund genug, den Meister selbst zu Wort kommen zu lassen. Bei einer Vorabpräsentation des Weines hatten wir Gelegenheit, Carlos Ruben zum Interview zu bitten.

Weinfreunde: Carlos, es gibt einen ganz besonderen Anlass für unser Gespräch. Dein „Andrés Alonso“ ist unser Wein des Jahres 2022. Bist du stolz auf den Wein?

Carlos Ruben: Ich lebe und mache in Calatayud Wein seit 1997. In diesen über 20 Jahren haben sich nicht viele mit dieser nur 3.000 Hektar großen Appellation näher beschäftigt. Daher bin ich jetzt sehr, sehr stolz darauf, dass sich Weinfreunde für die DOP Calatayud und meine Weine entschieden hat. Es bedeutet, dass wir unsere Arbeit in den vergangenen 25 Jahren gut gemacht haben. Umso mehr kann ich versprechen, dass unser „Andrés Alonso“ mit ganz viel Sorgfalt und Liebe zum Weinmachen erzeugt wurde.

Weinfreunde: Bei den letzten Schritten im Keller waren wir mit zwei Kollegen aus dem Weinfreunde-Team vor Ort mit dabei. Wie lief aus deiner Sicht die Zusammenarbeit mit uns?

Carlos Ruben: Es hat mich persönlich sehr überrascht, wie sehr ihr euch für alle Details interessiert habt. Daraus ist eine richtige Zusammenarbeit geworden. Was ihr alles wissen wolltet (lacht)! Nicht nur über die Weinberge und unsere Arbeit, es ging auch um die Menschen hier in Calatayud, die wunderschöne Landschaft, die Weinbautradition der Region … und vieles mehr. Ihr habt ja nicht nur die Qualität des Weins im Blick gehabt, euch war auch die Nachhaltigkeit unserer Weinerzeugung wichtig. Sehr interessant, das so kennenzulernen.

Frucht & Frische, Körper & Mineralität

Weinfreunde: Noch einmal zurück zum „Andrés Alonso“. Von wo stammen die Garnacha-Trauben für den Wein? Und was machen diese Böden und die höhere Lage im Wein aus?

Carlos Ruben: Die Trauben für diesen Wein stammen hauptsächlich aus Weinbergen nahe den beiden Dörfen Castejón de Alarba und Munébrega. Dort verfügen wir über Rebflächen, die zwischen 650 und 800 Metern über dem Meerspiegel liegen. Diese Höhe gilt in der DO Calatayud als Mittellage, sie ist also auch nicht zu hoch. Diese Lagen stehen für fruchtigere Weine mit sanfteren Tanninen. Gleichzeitig bewahren die Weine die Frische, die so typisch für Calatayud ist. In Castejón de Alarba finden sich Schieferböden, die dem Wein eine Portion Mineralität mitgeben. Dagegen sorgen die Lehmböden bei Munébrega für Frucht und Körper im Wein.

Andrés Alonso Geschmack

Der Wein des Jahres Andrés Alonso schmeckt nach Beeren und Pfeffer mit einem Hauch von Kirsche. Der Boden der Region verleiht ihm eine mineralische Frische.

Weinfreunde: Garnacha ist Deine ganze Leidenschaft. Was ist für „La Voz de Garnacha“ das Besondere an dieser Rebsorte? Was zeichnet sie aus, vor allem in nordostspanischen Anbaugebieten wie Calatayud?

Carlos Ruben: Ich bin in Pontevedra, im Nordwesten Spaniens geboren und habe meine ersten Weine aus der dort heimischen Rebsorte Mencía vinifiziert. Die Frische dieser Weine ist mir immer wichtig gewesen. Und in Calatayud habe ich genau diese Frische im Wein wiedergefunden – und zwar im Garnacha. Garnacha ist für mich deshalb so spannend, weil die Rebsorte so vielfaltig ist. Frucht, Frische, Konzentration, Eleganz: alles im Garnacha vorhanden. Zwar ist die Rebsorte noch nicht so bekannt wie Merlot, Syrah, Cabernet Sauvignon oder Sangiovese, aber ich kann Euch versprechen, dass „La Voz de Garnacha“ das ändern wird (lacht)!

Holzreife mit Augenmaß

Weinfreunde: Mit etwas Syrah rundest Du den Garnacha ab. Warum gerade Syrah? Und woran erkenne ich den Syrah im Wein?

Carlos Ruben: Syrah bringt dies extra würzige Note in den Wein. Diese Rebsorte macht den Wein noch runder und gleichzeitig lebendiger. Im Mund verleiht der Syrah dem Wein mehr Komplexität, finde ich. Diese Kombination ist für mich perfekt. Nicht umsonst findet man sie auch an der Rhône und im Languedoc.

Weinfreunde: Beim Ausbau des Weines ging es ganz behutsam zu. Nur ein Teil reifte drei Monate lang in Holzfässern. Was waren die Gründe für dieses abgewogene Vorgehen?

Carlos Ruben: Ich finde es zu einfach, auf das Etikett zu schreiben „dieser Weine wurde 12 Monaten im Barrique gelagert“ und das sofort mit Qualität zu übersetzen. Wein wird doch nicht nach Rezept gemacht! Wir haben Parzellen mit ganz unterschiedlichen Böden und vinifizieren zunächst in Edelstahltanks. Um dann etwas mehr Balance und Vielschichtigkeit in den Wein zu bekommen, haben wir einen Teil des kräftigeren Garnacha in Barriquefässern ausgebaut. Aber das kann jedes Jahr anders sein. Die Trauben entscheiden, was zu tun ist, nicht irgendein Rezept. Ein Önologe muss mit vielen Faktoren immer wieder neu umgehen, genauso wie ein Koch ja auch nicht alle Zutaten immer gleichbehandelt.

Weinfreunde: Stichwort: Wein zum Essen. Welches heimische Gericht empfiehlst Du zum „Andrés Alonso“? Was passt sonst noch gut zu diesem Wein?

Carlos Ruben: Einfach zu beantworten! Alle typischen Speisen aus Aragonien wie ein Ternasco mit Lammfleisch oder die berühmten Migas, ein einfaches Gericht aus trockenem, geriebenem Brot mit Lomo, das sind Ribeyes vom Rind. Aber auch zu Pasta, herzhaftem Gemüse, oder Käse passt der „Andrés Alonso“ gut. Der Wein ist für mich sehr ausgeglichen und daher einfach zu kombinieren. Passt natürlich auch nur zu guten Freunden und guter Musik (lacht).

Andrés Alonso: philosophischer Schäfer

Weinfreunde: Vielen Dank Carlos, aber eines müssen wir noch wissen: Woher kommt denn der Name „Andrés Alonso“?

Carlos Ruben: Andrés Alonso ist ein Schäfer und alter Freund mir. Andrés hatte acht Geschwister und begann schon mit acht Jahren zu arbeiten. Heute ist Andres 81 Jahre alt und geht weiter täglich mit seinen Schafen auf Tour. Diese ältere spanische Generation hat ihr Leben lang in und mit der Natur gearbeitet. Das sind wahre Philosophen. Nicht umsonst heißt unsere Bodega „Iberische Wurzeln“ (Raíces Ibéricas), denn uns sind diese Werte insbesondere im Umgang mit der Natur sehr wichtig.

Schäfer Andrés Alonso

Der Schäfer Andrés Alonso ist als Repräsentant der traditionellen Region namensgebend für den Wein des Jahres 2022

Weinfreunde: Zum Schluss noch eine Frage zur internationalen Weinkritik. Wie hat es sich angefühlt, als Bodegas Raíces Ibéricas von der großen Jancis Robinson zum „Newcomer des Jahres“ ausgewählt wurde?

Carlos Ruben: Es gibt mehr als 4.000 Kellereien in Spanien und sehr viele machen wirklich tolle Weine. Unser Projekt „Raíces Ibéricas“ hat das Ziel, Top Weine zu produzieren. Aber wir wollen mehr, als „nur“ Qualität in den Weinen. Wir wollen die spanische Identität neu inszenieren und in die Welt tragen. Die Franzosen haben mit Champagne, Bordeaux, und Burgund Luxus geschaffen. Die Italiener sind Botschafter des „Dolce Vita“. In Spanien aber haben wir sicher die beste Diversität von Terroir, Rebsorten und Weintradition. Wir möchten mit „Raíces Ibéricas“ ein Teil davon sein und alle unsere Projekte porträtieren auch immer die große Vielfalt in Spanien. Ich glaube, Jancis Robinson hat diese Idee verstanden, die wir ja auch mit außergewöhnlichen Weinen belegen

Weinfreunde: Danke Carlos für das Gespräch. Jetzt ist aber Zeit für Garnacha und „Andrés Alonso“.

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