Was ist alkoholfreier Gin?

Alkoholfreier Gin ist eine Wortprägung, die aus der Not entstanden ist. Es handelt sich um ein alkoholfreies Destillat mit dem Geschmacksbild eines echten Gin. Nach offizieller Regelung muss ein Gin allerdings eine gewisse Menge Alkohol enthalten, um den Namen überhaupt tragen zu dürfen. Trotz dieses Widerspruchs im Namen, versteht sich von selbst, was er meint.

Fabienne W. aus Magdeburg trinkt gern Gin Tonic, scheut aber zu viel Alkohol im Longdrink und greift daher gern auf einen alkoholfreien Gin zurück. Dabei stellte sich ihr beim nüchternen Nachdenken alsbald die Frage, was genau macht einen alkoholfreien Gin eigentlich aus. Mit Blick in die Europäische Spirituosenverordnung und auf den weniger kritischen Sprachgebrauch lässt sich der Begriff „alkoholfreier Gin“ dingfest machen.

Die Bezeichnung ist das, was man in der Rhetorik ein Paradoxon nennt. Denn ein Gin muss nach Europäischer Spirituosenverordnung einen Mindestalkoholgehalt von 37,5 Prozent aufweisen, um die Kategorie für sich in Anspruch zu nehmen und auf dem Etikett kund zu tun. Ein alkoholfreies Destillat kann folglich gar kein Gin sein. Dennoch wissen nicht nur Barkeeperin und Barkeeper bei der Bestellung, sondern auch alle Bekannte im Gespräch Bescheid, wenn von alkoholfreiem Gin die Rede ist.

Alkoholfreier Gin? Destillate mit Geschmacksbild Gin

Bei einem alkoholfreien Gin Destillat steht auch der Wacholder als zentrales Aroma im Vordergrund

Auf dem Etikett eines Wonderleaf der Rheinland Distillers oder eines Windspiel alkoholfrei sucht man das Wort Gin also vergeblich. Der Grund, warum sich die Prägung „alkoholfreier Gin“ durchgesetzt hat, liegt im Geschmacksbild des Getränks. Denn das lehnt sich mit seinen Botanicals tatsächlich am Original mit Alkoholvolumen an. Wacholder als zentrales Aroma, das von weiteren Botanicals ergänzt und zu einem Geschmack mit Gin Appeal ergänzt wird – das funktioniert auch ohne Alkohol.

Wie genau die verschiedenen Hersteller die alkoholfreien Destillate herstellen, bleibt ihr gut gehütetes Geheimnis. Die meisten nutzen tatsächlich die Technik des Mazerierens und Destillierens, um die Aromen der Botanicals in den Drink zu bekommen. Denn Destillation setzt nicht zwangsläufig Alkohol voraus. Wie ein gebrannter Gin mit Wasser auf Trinkstärke gebracht wird, so wird auch ein alkoholfreier Gin mit Wasser für den Genuss aufbereitet. So sind aufwendige Verfahren zum Entziehen des Alkohols – wie beispielsweise bei alkoholfreien Weinen üblich – verzichtbar.

Eher Cocktail als purer Genuss

Die Bestimmung eines alkoholfreien Gins heißt Cocktail. Für den puren Genuss im kleinen Glas sind diese Drinks hingegen nicht geeignet. Da macht sich das Fehlen von Alkohol als Geschmacksträger deutlich bemerkbar. Bei Gin Tonic und Negroni sieht dies anders aus. Jetzt kann ein alkoholfreier Gin mit seinen Aromen punkten und den Alkoholgehalt des Cocktails deutlich reduzieren (Negroni) oder gar ganz auf null bringen (Gin Tonic).

Ein alkoholfreier Gin ist daher eine echte Alternative für alle, die auf einen gepflegten Drink nicht verzichten möchten, auf den Alkohol allerdings schon. Wer dennoch auf etwas Alkohol im Cocktail Wert legt, kann auch auf einen der vielen Low Gin zurückgreifen, die mit rund 20 Prozent Alkoholvolumen deutlich moderater ausfallen. Und noch einmal ganz prinzipiell, auch solche Destillate dürfen sich streng genommen nicht als Gin bezeichnen. Doch auch in diesem Gin-Fall sieht der Sprachgebrauch darüber pragmatisch hinweg.