Federweiße: Alles Wissenswerte zum „neuen Wein“

Am 1. Oktober 2020 · von Jürgen Overheid

Für Weintechniker ist es ein „neuer Wein“, weil er sich im Übergang vom Traubenmost zum Weißwein befindet. In Deutschland ist der „neue Wein“ zumeist als Federweißer bekannt. Er hat aber viele Synonyme. So nennt man ihn in Rheinhessen auch „Rauscher“, und in Österreich ist er vor allem als „Sturm“ bekannt. Weinfreund Jürgen weiß, was es noch alles über Federweißen zu berichten gibt.

Meiner Erfahrung nach tauchen zum Thema Federweißer immer wieder ganz ähnliche Fragen auf. Daher möchte ich nun im Folgenden für das trübe Getränk etwas Aufklärungsarbeit leisten.

Lebendiger Genuss: Was genau ist Federweißer?

Federweißer ist im wahrsten Sinne des Wortes ein lebendiges Getränk. Es handelt sich nämlich um Traubenmost, der sich im Übergangsprozess zu einem Weißwein befindet. Dabei läuft ein Vorgang ab, der für die Weinherstellung vollkommen üblich ist: Die im Most  enthaltene Hefe sorgt dafür, dass Zucker in Alkohol umgewandelt wird. Dabei entsteht als Nebenprodukt auch immer Kohlensäure. Der durch die Hefe noch trübe Federweiße kann daher mal mehr, mal weniger süß sein und dementsprechend mehr oder weniger Alkohol enthalten – ganz abhängig von dem Fortschritt der Gärung.

Namensgebend: Warum heißt er Federweißer?

Den winzigen Hefeteilchen, die durch die Kohlensäure aufgewirbelt in diesem halbfertigen Weißwein wie kleine Federn tanzen, verdankt der Federweiße seinen Namen.

roter Rauscher

Federweißer gibt es auch in „Rot“. Dann heißt er oft „Roter Rauscher“. Ist aber mindestens genauso lecker.

Saisonartikel: Wann und wo kann man Federweißen kaufen?

Abhängig vom Erntezeitpunkt des jeweiligen Jahres ist Federweißer in der Regel ab Mitte September bis Mitte November erhältlich. Im Oktober herrscht dabei in den meisten Jahren Hochsaison. Die Weinfreunde versenden Federweißen nicht, denn die Flaschen dürfen nicht dicht sein. Schlichtweg, weil er mit einer luftdurchlässigen Kapsel ausgestattet sein muss, damit die Flaschen aufgrund der fortlaufenden Produktion von Kohlensäure nicht platzen. Daher ist der nächste REWE-Markt die bessere Adresse für den Kauf von Federweißem.

Auf das Timing kommt es an: Wie schmeckt Federweißer?

Der Geschmack ist sehr abhängig vom Fortschritt der Gärung. So kann man sich auch beim Kauf einer Flasche Federweißen nie ganz sicher sein, in welchem Stadium man den „neuen Wein“ erwischt. Normalerweise wird er aber „frisch“, also noch mit viel Zucker angeboten. Mit kräftiger Süße und nur wenig Kohlensäure erinnert er geschmacklich noch mehr an einen weißen Traubensaft. Ist er schon etwas „weiter“, nimmt der Wein-Eindruck zu und auch die Hefe tritt geschmacklich stärker in Erscheinung. Ich persönlich mag ihn am liebsten, wenn er sich quasi in der Mitte des Gärprozesses befindet. Dann befinden sich Süße, Alkohol und Frucht in gutem Einklang.

Aber das Tolle ist dabei, dass man sich seinem Lieblingsgeschmack sehr gut annähern kann. Wenn einem der Federweiße noch zu süß ist, lässt man ihn einfach bei Zimmertemperatur noch sechs bis acht Stunden stehen. In dieser Zeit „frisst“ die Hefe reichlich Zucker und der Eindruck von Süße geht zurück. Wenn er sich in einem optimalen Stadium befindet, sollte der Federweiße am besten im Kühlschrank gelagert werden, denn durch die Kälte werden die Hefen träge und somit der Gärprozess verzögert. Stoppen aber kann man ihn nicht, so sollte Federweißer grundsätzlich innerhalb weniger Tage getrunken werden. Komplett durchgegoren schmeckt er nicht mehr. Zum einen, weil der Wein noch die Hefe enthält und zum anderen, weil bereits das „Ausgangsmaterial“ nicht zur Herstellung eines guten Weißweines gedacht war.

Frühreif: Welche Rebsorten kommen für Federweißen zum Einsatz?

Federweißer wird in der Regel aus früh reifenden Trauben hergestellt, die sich qualitativ nicht für die Produktion eines guten Weißweines eignen. Meist kommen die Rebsorten Ortega und Solaris zum Einsatz, selten auch Müller-Thurgau.

Prozentrechnung: Wieviel Alkohol enthält Federweißer?

Federweißer muss bei Verkauf mindestens vier Prozent Alkohol enthalten. Im Laufe seines kurzen Lebens kann der Alkoholgehalt dann auf bis zu elf Prozent steigen. Zu diesem Zeitpunkt hat die Hefe den Zucker komplett in Alkohol umgewandelt.

Sti(e)lfrage: Aus welchen Gläsern trinkt man Federweißen?

Aus meiner Sicht kann man bei den gewählten Gläsern anspruchslos sein. Ich verwende meistens ganz schlichte Weißweingläser, beispielsweise die typischen „Römergläser“ mit grünem Stiel und Fuß. Aber auch Wassergläser sind völlig in Ordnung.

Gekühlt oder ungekühlt: Was ist die ideale Trinktemperatur?

Aus meiner Sicht trinkt sich Federweißer am besten kalt aus dem Kühlschrank. So ist der Süßeeindruck nicht zu stark und die erfrischende Wirkung maximal.

Eine Geschmacksfrage: Was isst man am besten dazu?

Federweißer und Flammkuchen

Traditionell wird zum Federweißen Zwiebelkuchen serviert. Aber auch eine schöne Quiche oder Flammkuchen mit Zwiebeln und Speck passen bestens. Zudem werden nicht selten geröstete Esskastanien (Maronen) zu diesem herbstlichen Trinkgenuss gereicht.

Die Menge macht es: Ist Federweißer gesund?

Grundsätzlich ist Federweißer erst einmal recht gesund. Wie anderer Fruchtmost auch, verfügt er über verschiedene Vitamine, allen voran B1 und B2. Zudem bringt die Hefe eine ordentliche Dosis Ballaststoffe. Nur zwei Dinge sollte man bedenken: Die Süße im Federweißen täuscht häufig über den Alkoholgehalt hinweg. Das kann dann schnell zu einem unerwünschten Rausch führen. Zudem wirkt Federweißer als „lebendiges Naturprodukt“ bei übermäßigem Genuss abführend. In Kombination mit Zwiebelkuchen allemal!

Und übrigens: Selten gibt es auch roten Federweißen, der häufig „Roter Rauscher“ genannt wird. Aber ganz egal zu welchem Federweißen man greift, diesen saisonalen Genuss sollte ein Weinfreund nicht verpassen!

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