Médoc: Herzkammer der Weinregion Bordeaux
Am 6. Oktober 2023 · von Cédric GarraudDas Médoc ist eine Region, die zwischen der Gironde und der Küste des Atlantiks liegt. Gleich mehrere weltberühmte Appellationen reihen sich hier wie an einer Perlenkette auf und werden von den beiden AOP Médoc und Haut-Médoc gewissermaßen umarmt. Das Médoc ist die Herzkammer des linken Ufers im Bordeaux.
Die Weinregion Bordeaux in Frankreich ist nahezu genauso groß wie alle deutschen Anbaugebiete zusammengenommen. Deshalb erscheint die Zahl von 65 Appellationen für das gesamte Bordelais nicht wirklich verwunderlich. Acht dieser AOP (Appellation d’Origine Protégée) sind am linken Ufer von Dordogne und Gironde im Médoc zu finden. Geografisch verstanden, umfasst das Médoc eine Halbinsel, die in Form eines Dreiecks vom Atlantik sowie der Gironde und der Dordogne eingefasst wird. Mit Blick auf den Wein interessiert allerdings nur ein schmaler Streifen an den Ufern der Gironde und an der Einmündung der Dordogne, der sich etwa 65 Kilometer lang zwischen den Orten Saint-Vivien-de-Médoc im Norden und Blanquefort im Süden erstreckt. Von dort bis ins Stadtzentrum von Bordeaux sind es keine 15 Kilometer mehr.
Appellationen im Médoc
Médoc hat also zwei Bedeutungen, denn sowohl die gesamte Region als auch eine einzelne Appellation hören auf diesen Namen. Die AOP Médoc, die früher auch Bas-Médoc genannt wurde, liegt im Norden der Region. Sie deckt zusammen mit der AOP Haut-Médoc im Süden die gesamte Weinregion ab. Diese AOP werden auch als sub-regionale Appellationen bezeichnet, im Gegensatz zu den kommunalen Appellationen. Denn innerhalb der AOP Haut-Médoc liegen dann, Inseln gleich, jene Appellationen, deren Klang bereits Weinfans glücklich macht: zuallererst Saint-Estèphe, Pauillac, Saint-Julien und Margaux, aber auch Listrac-Médoc und Moulis. Anders ausgedrückt: Vier der fünf weltberühmten Premier Grand Cru Classé Weingüter haben im Médoc ihr Zuhause.
Haut-Médoc
Wer nach ausgezeichneten Rotweinen zu bezahlbaren Preisen sucht, wird im Haut-Médoc fündig. Dabei ist die AOP hinsichtlich der Böden und der darauf heranwachsenden Weine sehr unterschiedlich. Der vorherrschende Kies erhält größere Anteile von Sand, Lehm und Kalk. Deshalb gibt es Weine, die mehr auf Eleganz und Finesse setzen, aber auch Weine mit mehr Körper und expressiven Noten.
Médoc
Die Appellation ganz im Norden des Médoc ist geprägt von Böden mit Kieselablagerungen. Insgesamt fallen die Böden hier schwerer, aber auch flacher aus. Je nach Lage finden Cabernet Sauvignon und Merlot, Petit Verdot und Malbec perfekte Bedingungen für die Reife. Das war nicht immer so, sodass Médoc zu den Gewinnern der zunehmend wärmeren Jahre zu zählen ist.
Saint-Estèphe
Saint-Estèphe ist die nördlichste der weltberühmten Appellationen im Médoc. Bekannt gemacht haben sie Weingüter wie Château Cos d’Estournel und Montrose, doch genauso entstehen hier „einfache“ Bordeaux-Weine, die zu fairen Preisen großen Weinspaß garantieren. Die Böden in Saint-Estèphe gelten als leichter und sind mit höheren Anteilen von Ton und Kalk ausgestattet.
Pauillac
Nur etwas mehr als 1.200 Hektar Rebfläche zählt die AOP Pauillac und doch sind hier mit Château Lafite-Rothschild, Château Mouton-Rothschild und Château Latour gleich drei der lediglich fünf Premier Grand Cru Classé Weingüter beheimatet. Der Grund liegt in den ebenso körperreichen wie vielschichtigen Weinen, die erst nach einigen Jahren auf dem Höhepunkt ihrer Exzellenz ankommen. Vorherrschend sind Sandböden mit Auflagen von leichten Kieseln.
Saint-Julien
Mit gerade mal 900 Hektar ist Saint-Julien die kleinste der vier weltberühmten AOP im Médoc. Im Prinzip sind es zwei Hochplateaus, die aus ton- und kalkhaltigen Böden bestehen, auf denen eine Kiesschicht aufliegt. Trotz der geringen Größe kann die AOP die meisten Weingüter mit einer Klassifikation als Grand Cru Classé aufweisen: Darunter Château Lagrange, Château Branaire-Ducru und Château Beychevelle sowie Léoville Las Cases und Léoville Barton.
Listrac-Médoc
Es geht noch kleiner. Nur rund 420 Hektar Rebflächen machen die wenig bekannte AOP Listrac-Médoc aus. Die Böden sind kalkgeprägt und weisen terrassenförmige Auflagen von Kieseln auf. Das Resultat sind vielschichtige, ausdrucksstarke Weine, die mit wachsender Reife würzige und maskuline Noten aufweisen. Eine AOP mit bestem Terrain für Bordeaux-Entdecker.
Moulis
Die Böden der etwas über 600 Hektar großen AOP Moulis sind denen in Margaux und Saint-Julien vergleichbar. Allerdings profitiert das Anbaugebiet weniger von der die Temperatur regulierenden Gironde, da es etwas weiter im Landesinneren liegt. Bei der Klassifikation von 1855 wurde die Gemeinde nicht berücksichtigt, doch Weingüter wie Château Chasse-Spleen und Château Poujeaux lassen an der Güte der Weine aus der AOP keinen Zweifel.
Margaux
Die Weinregion Margaux mit dem gleichnamigen Premier Grand Cru Classé Weingut weist die für den Weinbau so günstigen Kalk und Tonböden auf, die von Kieseln bedeckt sind. So erklärt sich die ungeheuer große Anzahl von Weingütern, die ein Grand Cru Classé auf ihre Flaschen bringen dürfen. Für Bordeaux-Fans ist in der AOP Margaux mit seinen ausgesprochen vielschichtigen Weinen das Paradies ein Stück näher. Die Weine weisen allgemein ein ausgesprochen gutes Alterungspotential auf.
Die Rebsorten im Médoc
Die Appellationen im Médoc haben keine besondere Überraschung zu bieten, wenn es um die Rebsorten geht. Es sind die bekannten Rebsorten des Bordeaux, die hier zu finden sind, allen voran Cabernet Sauvignon und Merlot, aber auch Cabernet Franc, Petit Verdot und Malbec. Die Weine werden nahezu nie sortenrein ausgebaut, sondern finden sich stets zu einer Variante der berühmten Bordeaux-Cuvée zusammen. Da Médoc am linken Ufer der Gironde liegt, stellt Cabernet Sauvignon meist den größeren, dominierenden Teil der Cuvée. Doch auch innerhalb der Weinregion Médoc gibt es Unterschiede. So spielt der früher reifende Merlot in der nördlichen, etwas kühleren Appellation Médoc eine größere Rolle als in der AOP Haut-Médoc im Süden.